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Hochbegabte junge Geigerin brilliert beim Sinfoniekonzert der Magdeburgischen Philharmonie Zwölfjährige überrascht mit Paganini

Von Ulrike Löhr 17.12.2012, 01:24

Die erst zwölf Jahre alte koreanische Geigerin Sueye Park hat beim vorweihnachtlichen Sinfoniekonzert der Magdeburgischen Philharmonie das Publikum begeistert. Sie überzeugte mit atemberaubender Technik und äußerst reifer Musikalität - und das bei Paganinis 1. Violinkonzert.

Magdeburg l Mit sanften, ja besinnlichen Klängen in Moll eröffnete die Magdeburgische Philharmonie, mit Giacomo Puccinis "I Crisantemi", eigentlich einem Zugabe-Klassiker für Streichquartette. Heute wird es oft als Bearbeitung für Streichorchester gespielt - so auch im Magdeburger Opernhaus. Mit innerer Ruhe und anhaltender Spannung gelang es Generalmusikdirektor Kimbo Ishii-Eto und dem Orchester, die verwobene musikalisch-emotionale Tiefe des Werks hervorzuheben.

Ein spieltechnisch imposanteres Feuerwerk bot die zwölfjährige Koreanerin Sueye Park. Die Violinsolistin, die schon mit vier Jahren begann, Geige zu spielen, ist seit 2009 Jungstudentin an der Berliner Musikhochschule "Hanns Eisler". Sie kann bereits auf eine erstaunliche solistische Entwicklung u. a. in Konzerten mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin, dem Jungen Sinfonieorchester Berlin und den Brandenburger Symphonikern zurückblicken. Ihr Debüt mit der Magdeburgischen Philharmonie gab sie mit Niccolò Paganinis 1. Violinkonzert D-Dur op. 6.

Auf einer modernen Violine von Jörg Kühne brillierte sie mit einem verblüffend satten Ton respektive ihrer atemberaubenden griff- und bogentechnischen Fähigkeiten. Ein Naturtalent, das auf dem besten Weg ist, mit beachtenswerter musikalischer Reife die Klassikwelt zu erobern.

Der Teufelsgeiger Paganini schrieb sich seine Konzerte selbst, da ihm die Stücke des klassischen Repertoires nicht schwierig genug waren. Und so strotzt das Konzert nur so von irrwitzigen Terzen in Doppelgriffen, Kombinationen von Terzen und Dezimen und vielfältigen Flageolett-Varianten. Sueye Park stand mit einer Tonreinheit über diesen technischen Schwierigkeiten, dass es eine Wonne war. Im Kontrast zu dieser Virtuosität standen die zahlreichen "Cantabile"-Passagen. Die Solistin gestaltete dies in einer begeisternden Homogenität von Kraft und Gefühl.

Bei der unwahrscheinlich anspruchsvollen Solo-Kadenz war schier jeder Millimeter des Griffbretts ihrer Violine bespielt. Das Adagio von berührender Dramatik und tonlicher Faszination. Im Rondo war vielleicht ein Hauch zu spüren, dass es auch an die Kondition der Zwölfjährigen ging. Schließlich ist Paganinis Violinkonzert Nr. 1 das längste seiner erhaltenen Konzerte, das Sueye Park auswendig musizierte. Zudem verlangte der spektakuläre Finalsatz nochmals höchste Konzentration, verwendete hier Paganini die von ihm erfundene Technik des "Ricochet", bei der der Bogen auf die Saite geworfen wird und einige Male in derselben Strichrichtung effektvoll ab- und wieder aufprallt. Das begeisterte Publikum sparte nicht mit Bravorufen.

Nach diesen Eindrücken brauchte es die Konzertpause, um sich auf die romantische Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61 von Robert Schumann einzulassen. Schumann, von inneren Dämonen geplagt, suchte in der Kunst eine Möglichkeit "unglückliche Lebensoktaven und -quinten zu verdecken" und zu überwinden. Kimbo Ishii-Eto fand eine angenehme Schumann-Lesart in einer Balance zwischen dramatischer Kraft, verklärter Leidenschaft und kühner Wachheit.

Besonders der zweite Satz, bei Schumann das Scherzo, quoll vor Beweglichkeit der 1. Violinen und Holzbläser. Diese im dritten Satz wandelbar elegisch mit sinnlich zelebriertem Satzausklang. Welche Aufhellung im Finale - ein toller polyphoner durchkomponierter Satz - die Musiker folgten der befreienden Gestik des Dirigenten. Das Publikum konnte sich so erschließen, warum Schumanns Zweite zu Recht in die Nähe Beethovens gerückt wird.