1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Auch Freiberufler können unter Umständen gewerbesteuerpflichtig werden

Steuerberater standen den Lesern Rede und Antwort rund um das Thema Gewerbebetrieb Auch Freiberufler können unter Umständen gewerbesteuerpflichtig werden

04.09.2013, 01:07

Interessierte Leser stellten gestern beim Volksstimme-Telefonforum mit dem Steuerberaterverband Niedersachsen, Sachsen-Anhalt ihre Fragen zum Thema Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Frage: Wie genau berechnet sich die Gewerbesteuer?

Antwort: Ausgangspunkt ist der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Dieser reduziert sich unter Umständen um einen Freibetrag und wird dann mit der sogenannten Steuermesszahl in Höhe von 3,5 Prozent multipliziert. Nun wird je nach Hebesatz der Gemeinde die Gewerbesteuer ermittelt.

Frage: Welchen Einfluss hat die Gemeinde?

Antwort: Die Gewerbesteuer steht der Gemeinde zu und wird von ihr mittels eines Bescheides erhoben. Jede Gemeinde legt den Hebesatz separat fest.

Frage: Erhält jeder den Freibetrag für die Gewerbesteuer?

Antwort: Nein, das hängt von der Rechtsform Ihres Unternehmens ab. Nur natürlichen Personen und Personengesellschaften stehen der Freibetrag zu. Sind Sie beispielsweise als GmbH organisiert, steht Ihnen kein Freibetrag zu.

Frage: Ich betreibe ein Nagelstudio und in einer anderen Stadt einen Kosmetiksalon. Wie verhält es sich mit dem Freibetrag?

Antwort: Den Freibetrag für die Gewerbesteuer erhalten Sie für jedes Ihrer Unternehmen, also in Ihrem Fall zweimal.

Frage: Ich bin Arzt und praktiziere freiberuflich. Nun plane ich, einen zweiten Arzt einzustellen. Muss ich Gewerbesteuer zahlen?

Antwort: Hier besteht die Gefahr, dass Sie den freiberuflichen Status verlieren und in die Gewerbesteuerpflicht geraten. Das hängt vom Einzelfall ab. Am besten, Sie lassen sich individuell beraten.

"Mit einer Anmeldung eines Gewerbebetriebes bei der Gemeinde sind Sie in jedem Fall erklärungspflichtig."

Frage: Ich besitze Ackerland und beziehe dafür Pacht. Muss ich Gewerbesteuer zahlen?

Antwort: Nein, die Einnahmen aus der Verpachtung von landwirtschaftlichen Nutzflächen unterliegen nicht der Gewerbesteuer.

Fragen: Ich habe einen Bauernhof gekauft und will dort mit Obst und Gemüse handeln. Ist das ein Landwirtschaftsbetrieb oder ein Gewerbe?

Antwort: Wenn Sie landwirtschaftliche Produkte einkaufen und wieder verkaufen, ist dies ein Einzelgewerbe. Jedoch müssen Sie keine Gewerbesteuer bezahlen, wenn Sie im Jahr weniger als 24500 Euro Gewinn erzielen.

Frage: Ich bin Rentner, baue Vogelhäuschen und verkaufe sie auf dem Wochenmarkt. Ich verdiene kaum etwas und habe ein Nebengewerbe angemeldet. Muss ich meine Einkünfte überhaupt erklären?

Antwort: Das Finanzamt unterscheidet nicht zwischen Neben- und Haupterwerb. Mit einer Anmeldung eines Gewerbebetriebes bei der Gemeinde sind Sie also in jedem Fall erklärungspflichtig. Wenn Sie keine Erklärung abgeben, machen Sie sich unter Umständen strafbar.

Was dann bei Ihrer Gewinn- und Verlustrechnung herauskommt und ob Sie letztlich wirklich Steuern zahlen müssen, ist eine andere Frage.

Frage: Ich will mein Dach sanieren und plane, eine Photovoltaikanlage anzuschaffen. Bin ich dann gewerblich tätig?

Antwort: In der Regel speisen Sie auch ins Fremdnetz Strom ein und werden damit automatisch zum Unternehmer. Das heißt, Sie betreiben wirklich ein Gewerbe.

Frage: Warum haben die Gemeinden unterschiedliche Hebesätze?

Antwort: Die Gewerbesteuer steht der Gemeinde zu, in der die Betriebsstätte liegt. Manche Gemeinden setzen den Hebe-satz möglichst niedrig an, um Unternehmen anzusprechen. Sie sollen sich in der jeweiligen Gemeinde ansiedeln. Der Hebesatz beträgt in Deutschland mindestens 200 Prozent.

Frage: Muss ich auf meinen Gewinn Gewerbe- und Einkommensteuer zahlen, also ihn doppelt besteuern?

Antwort: Ja. Allerdings wird die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Bei einem Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinde bis einschließlich 380 Prozent wird sie voll angerechnet. Ist der Hebe-satz höher, liegt eine Doppelbelastung vor.

Frage: Mein Hobby ist es, Rassehunde zu züchten und zu verkaufen. Muss ich Gewerbesteuer zahlen?

Antwort: Ja, denn dabei handelt es sich um sogenannte gewerbliche Tierzucht. Diese unterliegt der Gewerbe- und Einkommensteuer, wenn Sie es wiederkehrend ausüben und damit Gewinne erzielen.

Frage: Ich bin Existenzgründer und rechne im ersten Jahr mit einem Verlust von etwa 30000Euro. Kann ich den auf das nächste Jahr vortragen?

Antwort: Ja. Der Verlust kann mit den Gewinnen der Folgejahre verrechnet werden.

Frage: Ich unterhalte in mehreren Gemeinden Betriebsstätten. In welcher Gemeinde muss ich Gewerbesteuer zahlen?

Antwort: Der Gewinn des gesamten Unternehmens wird auf die Betriebsstätten aufgeteilt. Das richtet sich in der Regel nach den Arbeitslöhnen an den einzelnen Standorten. Jede Gemeinde erhebt die Gewerbesteuer für ihren Anteil.

Frage: Ich habe mein Gewerbe abgemeldet. Was muss ich tun?

Antwort: In diesem Fall müssen Sie dem Finanzamt eine Betriebsaufgabe erklären und letztmalig Ihre Steuererklärung abgeben. Erst danach sind Sie von der Gewerbesteuer entbunden.