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Der Nachfolger 50 Jahre 924: Der Porsche, bei dem alles anderes war

Er sollte Porsche in eine neue Ära führen und das Ende des Elfers einleiten. Doch bei allem Erfolg ist diese Rechnung für den 1975 präsentierten Porsche 924 so recht nicht aufgegangen - welche dann?

Von Thomas Geiger, dpa 24.12.2025, 00:05
So knallig, dass es fast wehtut: Dieses Grün zeugt ganz eindeutig vom Geschmack der 1970er-Jahre.
So knallig, dass es fast wehtut: Dieses Grün zeugt ganz eindeutig vom Geschmack der 1970er-Jahre. Thomas Geiger/dpa-tmn

Stuttgart - VW sägte mit dem Golf am Thron des Käfers, bei BMW debütierte der 3er und bei Mercedes beerbte der legendäre W 123 den Strich-Acht: Auto-Deutschland in den 1970er-Jahren war geprägt vom Umbruch und wichtigen Generationswechseln. Da wollte auch Porsche nicht hintanstehen und probte mit dem 924 vor 50 Jahren eine Kulturrevolution.

Denn anders als der Elfer, dem Vorstand Ernst Fuhrmann offenbar keine große Zukunft mehr beschieden hatte, fuhr der neue 2+2-Sitzer nicht mit luftgekühltem Boxermotor im Heck. Er hatte einen wassergekühlten Vierzylinder im Bug. Verbunden über eine Kardanwelle trug er aber sein Getriebe für die ausgeglichene Gewichtsverteilung an der Hinterachse - die sogenannte Transaxle-Bauweise. Die Werber versprachen einen Sportwagen mit familienfreundlichen Fahreigenschaften.

Es folgten der 928, der 944 und der 968

Damit leiteten sie im Herbst 1975 eine neue Ära bei Porsche ein, zu der auch der 928 und später der 944 und der 968 zählten. Bis 1995 der letzte Transaxle-Porsche gebaut wird, kamen so fast 400.000 Fahrzeuge zusammen, meldet das Unternehmensarchiv – eine bis heute ziemlich unerreichte Flotte für eine Sportwagen-Familie der Schwaben. 

Was nach einer strategischen Entscheidung mit Weitsicht klingt, war allerdings eine ziemlich verworrene Angelegenheit. Denn entwickelt wurde der 924 als EA425 auf Bestreben von VW in Wolfsburg, und wesentliche Teile wie den Motor hatte Audi beigesteuert. Als dann aber VW in die Miesen rutschte und zugleich die Ölkrise aufzog, erschien den Wolfsburgern dieser Sportwagen zu exklusiv. Was VW-Kunden teuer zu stehen gekommen wäre, kam Porsche dagegen als Einstiegsmodell gerade recht.

Neue Kunden angesprochen

So wie rund 20 Jahre später der Boxster und noch mal zehn Jahre danach erst der Cayenne und dann der Macan, öffnete der 924 die Marke deutlich breiter aufgestellt und für neue Kunden – nicht zuletzt natürlich auch, weil er zur Markteinführung 1976 mit einem Grundpreis von 23.240 D-Mark nur gut die Hälfte eines 911 kostete.

Dass der 924 trotzdem dieser etwas verworrenen Genese auf Anhieb als Porsche zu erkennen ist, liegt am jungen Designer Harm Lagaaij. Er hatte, so berichtet er es in der Rückschau, schon bei der Arbeit am VW-Projekt immer nur Porsche im Kopf – und damit offenbar Erfolg. Denn erstens hatte sein Entwurf zwei andere ausgestochen und zweitens wurde er Jahre später sogar zum Designchef der Schwaben berufen.

Ein bei Audi gebauter Porsche

Zwar haftet dem auch zu allem Übel auch noch bei Audi in Neckarsulm statt im Stammwerk Zuffenhausen gebauten 924 auf ewig das Stigma des VW-Porsches an. Zudem fehlte Puristen bei ihm die fahrerische Herausforderung.

Doch Oldtimer-Spezialist Frank Wilke mag die alte Leier nicht mehr hören: Die Komponenten mögen vielfach aus dem Regal von VW oder Audi stammen, räumt der Chef des Marktbeobachters Classic Analytics ein und fühlt sich an die gleichen Diskussionen erinnert, die schon bei der Einführung des VW-Porsche 914 ein paar Jahre früher geführt worden waren. „Aber beim Fahren merkt man schon auf den ersten Metern, dass hier Porsche Ingenieure am Werk waren“

Frisch und flott - auch nach 50 Jahren noch

Recht hat er! Auch über 50 Jahre später hat der 924 zwar seine Rolle als Exot in der Porsche-Familie noch immer nicht verloren. Doch nur, weil er anders konstruiert ist als alle anderen und weil er einen vergleichsweise schwachbrüstigen Vierzylinder hat, mangelt es ihm nicht an Fahrfreude.

Im Gegenteil: Gerade mal 1.080 Kilogramm schwer, fühlt sich der 924 auch bei der Ausfahrt zum 50. Geburtstag noch frisch und flott an: Während der 92 kW/125 PS starke 2,0-Liter ein munteres Lied von der Lust an der Leistung singt und tapfer bis knapp 7.000 Touren dreht, vergehen die 10,5 Sekunden für den Sprint von 0 auf Tempo 100 wie im Flug.

Man mag sich kaum vorstellen, wie sich Porsche-Einsteiger 1976 gefühlt haben mögen, wenn sie zum ersten Mal „200“ auf dem charakteristischen Tacho mit den vom Golf bekannten Glaskegeln hatten. Und wo heute je nach Modell Allradantrieb und ein Heer elektronischer Helfer auch bei fünfmal so viel Leistung eine narrensichere Fahrt garantieren, sorgt hier tatsächlich das Bauprinzip für Stabilität. Denn obwohl sich das spindeldürre Lenkrad eher nach Polo anfühlt als nach Porsche und es weder ABS noch ESP gibt, hält man den Jubilar selbst bei verschärfter Gangart sicher auf Kurs.

Viel Platz im Porsche

Und noch etwas fällt auf beim ersten Wiedersehen nach vielen Jahren: Wo man sich im 911 bis noch heute etwas klein machen muss und die Rückbank kaum mehr ist als eine Ablage für alles, was nicht vorn in den Kofferraum passt, bietet der 924 fast fürstlich viel Platz: Wer sich geschickt genug durch die Tür fädelt, kann selbst in der zweiten Reihe noch ganz ordentlich sitzen. Und lange vor Cayenne & Co war der 924 mit seiner großen Kofferraumklappe der erste Porsche, mit dem auch ein Wochenendeinkauf gelingt – selbst wenn ihm diese Tugend damals bisweilen den Spitznamen „Hausfrauen-Porsche“ eintrug.

Porsche ist längst nicht mehr nur 911

Elfer-Fans mögen vielleicht noch immer die Nase rümpfen. Aber die Zeiten, in denen Porsche nur Elfer war und nur ein Elfer ein Porsche ist, sind laut Wilke auch Dank des 924 vorbei. Die uralte Diskussion, ob der Porsche 924 jetzt ein echter Porsche ist oder nicht, interessiere die heutigen Käufer kaum mehr: „Sondern für sie ist er einfach ein anderer Porsche.“ Wer einen 911 will, der müsse sich halt einen 911 kaufen – und dafür deutlich tiefer in die Tasche greifen. Denn während ein Porsche 911 aus den 1970er-Jahren schnell mal 50.000 Euro kostet, gibt es den 924 für einen Bruchteil des Preises, sagt Wilke: Im Zustand 2 wird er aktuell demnach für rund 15.000 Euro gehandelt.

Und der Bestand ist groß genug für eine lange Liebhaber-Karriere. Denn bis zum Start der Geländewagen hat kein anderer Porsche in so kurzer Zeit eine so hohe Verkaufszahl erreicht wie der 924. Als er Ende 1988 in Rente fuhr, standen 150.684 Einheiten in den Büchern.