Autotest BYD Dolphin Surf: Große Welle bei der Generation E?
Die Europäer üben sich noch in Ankündigungen, doch die Chinesen machen Ernst: Mit dem Dolphin Surf macht BYD das Elektroauto wieder etwas erreichbarer. Wird der Kleinwagen damit zum großen Hit?

Berlin - Die Welle der halbwegs bezahlbaren Elektroautos rollt und BYD setzt sich an die Spitze. Hierzulande hat VW bisher nicht einmal den ID.2 für 25 000 Euro fertig und über den ID.1 für unter 20.000 Euro sagen die Wolfsburger noch nicht viel. Renault hat den Twingo für ebenfalls unter 20.000 Euro erst angekündigt. Die Chinesen bringen nun für 19.990 Euro den Dolphin Surf in den Handel. Allerdings ist das ein Lockangebot. Schon ab dem 1. Juli sollen die Preise auf in dieser Klasse noch immer ziemlich konkurrenzlose 22.990 Euro steigen.
Klein sind nur der Preis und das Format
Damit ist der Dolphin Surf zwar spürbar teurer als elektrische Sparbrötchen wie der Dacia Spring oder der Leapmotor T03, bietet dafür aber auch deutlich mehr Auto fürs Geld. So ist er mit einer Länge von 3,99 Metern und einem Radstand von 2,50 Metern ein vergleichsweise vollwertiger Viersitzer, der eher Klein- als Kleinstwagen ist und macht deshalb auch beim Fahren einen fast schon erwachsenen Eindruck.
Zwar lassen ihn die schmale Spur und die kleinen Räder ein bisschen nervös erscheinen und mit Spurrillen tut er sich schwer. Doch sorgt das Fahrwerk dafür, dass auch gröbere Unebenheiten wie sauber weggebügelt wirken, er lenkt präzise und bremst mit erfrischendem Biss.
Drei unterschiedliche Fahrprofile hat der Hersteller programmiert und zwei Stufen für die Rekuperation – selbst wenn es fürs reine One-Pedal-Fahren nicht komplett reicht. Dabei geht man vornehmlich vom Fahrpedal, um zu verzögern - aber bis zum Stillstand. Der Dolphin hingegen verzögert je nach Stufe zwar merklich stark, wenn man den Fuß vom Pedal lupft, bleibt aber nicht ganz stehen.
Ein Delfin, der in der Stadt zu Hause ist
Für den Antrieb hat BYD zwei unterschiedliche E-Motoren an die Vorderachse geschraubt: Im Basismodell arbeitet ein Magnetläufer mit 65 kW/88 PS und in der Top-Version einer mit 115 kW/156 PS.
Zwar liegen beim Sprintwert zwischen beiden Varianten immerhin drei Sekunden, aber zumindest der stärkere der beiden wirkt wie die meisten E-Autos angenehm spritzig und erringt so manchen Sieg im Ampelspurt. Und draußen vor der Stadt ist ohnehin für beide schon bei 150 km/h wieder Schluss.
Das passt in die Elektro-Welt, könnte vielen Verbrenner-Fahrern aber zu wenig sein. Und verglichen etwa mit dem ähnlich kurzen Firefly aus dem Nio-Imperium wirkt er spürbar weniger handlich und wendig.
Kurz fahren - lange laden
Wichtiger allerdings sind die Unterschiede bei den Akkus: Denn im Basismodell haben die LFP-Zellen nur eine Kapazität von 30 kWh, müssen nach 220 Normkilometern wieder geladen werden und lassen sich an der DC-Säule bei maximal 65 kW reichlich Zeit. Für Preise ab 26.990 Euro baut BYD aber immerhin 43,2 kWh ein, lädt mit bis zu 85 kW und stellt schon akzeptablere 322 Kilometer in Aussicht. Im Stadtverkehr sollen sogar über 500 Kilometer möglich sein, so die Entwickler. Das sollte für ein Pendler-Auto oder einen Zweitwagen also reichen.
Gespart wird vor allem am Material - nicht an den Möglichkeiten
Neben der mäßigen Ladeleistung zeugt vor allem die Materialauswahl vom rigorosen Sparkurs der Chinesen: Insbesondere die Kunststoffe in den Türen und auf dem Armaturenbrett wirken erschreckend billig. Und Finessen wie eine Kofferraumabdeckung hat sich BYD genauso gespart wie den Frunk - dem zusätzlichen kleinen Kofferraum unter der Fronthaube.
Dafür gibt es allerdings überraschend viel Platz für Besatzung und Gepäck. Nun, zumindest der Nachwuchs sitzt deshalb auch in der zweiten Reihe bequem und der Kofferraum ist mit 308 bis 1.037 Litern für diese Klasse ganz in Ordnung. Und bei der Ausstattung wird ebenfalls nicht gespart: Wie alle BYD hat auch der Dolphin Surf deshalb einen drehbaren Touchscreen neben dem Lenkrad, auch wenn der hier kaum größer ist als eine Postkarte.
Es gibt einen digitalen Schlüssel fürs Handy oder die Smartwatch, Klima und Kamera und in den gehobenen Varianten sogar Extras wie die automatische Abstandsregelung oder die Hilfe bei der Spurführung. Und dass es bei diesem Budget nicht auch noch für übermäßig viele Sensorfelder im Lenkrad oder den Türkonsolen gereicht hat, ist kein Schaden – dann kommen auch jene Kunden noch mit bei der Bedienung, die mit einem Wählscheiben-Telefon groß geworden sind.
Fazit: Dieser Kleine macht großen Eindruck
Nein, er ist weder das billigste Elektroauto noch der beste Kleinwagen und die mickrige Ladeleistung ist auch mit dem niedrigen Preis nicht zu entschuldigen. Doch Format und Fahrleistungen sind alltagstauglich und Ambiente und Ausstattung besser als bei den meisten anderen Autos in diesem Preissegment.
Wer früher mit Polo & Co zufrieden war, dem wird auch der Dolphin Surf genügen. So könnte der kleinste BYD bei uns tatsächlich zur großen Nummer werden und VW & Co einmal mehr in den Schatten stellen. Wenn die Europäer denn erst mal liefern können.
Datenblatt: BYD Dolphin Surf (Comfort)