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Designstudie Testfahrt im Citroën Oli: So geht bezahlbare E-Mobilität

Mit dem Oli will Citroën zeigen, dass auch ein familientaugliches Elektroauto günstig sein kann. Schade nur, dass die Studie so nie in Serie gehen wird. Denn selten hat ein Low-Budget-Auto mehr hergemacht als dieses Einzelstück.

Von dpa 10.01.2023, 11:48
Auffälliges Design: Der Citroën Oli sieht aus wie ein geschrumpfter Riesen-Pick-up von Hummer.
Auffälliges Design: Der Citroën Oli sieht aus wie ein geschrumpfter Riesen-Pick-up von Hummer. Citroën/Stellantis/dpa-mag

Berlin - Seit Jahren werden unsere Autos immer größer, schwerer, stärker - und teurer. Mit der Elektromobilität festigt sich dieser Trend. Statt bei 20.000 Euro beginnen die Preise für alltagstaugliche Familienautos plötzlich bei mehr als 30.000 Euro.

Citroën versucht nun, die Schraube zurückzudrehen. Mit dem Oli demonstrieren die Franzosen, wie sich Designer und Ingenieure ein bezahlbares Alltagsauto für die Generation E vorstellen. Und anstatt es nur auf einen Messestand zu stellen, schicken sie den Wagen zur Jungfernfahrt mitten durch Frankfurt.

Liebling, sie haben den Hummer geschrumpft

Dass dieses potenzielle Jedermannsauto im Feierabendverkehr der Mainmetropole zum absoluten Blickfang wird, liegt vor allem an seinem unkonventionellen Design: Der Oli sieht aus wie ein Hummer im Westentaschenformat. Dass er der Form nach dem berühmten Riesen-Pick-up ähnelt, ist aber nicht nur eine Laune der Designer. Die kantigen Linien sind auch technisch bedingt. Denn weite Teile der Karosserie bestehen aus Pappe, die mit einer Wabenstruktur verstärkt wurde und sich deshalb nicht verbiegen lässt. Und die Scheiben sind so gerade, damit sich der Wagen weniger stark aufheizt und die Klimaanlage nicht so viel zu tun bekommt.

Die Grundidee hinter dem Konzept: Weil die Batterie das teuerste und schwerste Bauteil am E-Auto ist, muss sie besonders klein sein. Um dennoch eine große Reichweite zu erzielen, darf der Oli nicht viel wiegen. Und weil Karbon das Budget gesprengt hätte, muss Karton herhalten. Aber keine Sorge, das Material ist genauso stabil, und man kann dem Oli sogar buchstäblich aufs Dach steigen, um dort ein Picknick zu machen.

Bescheidenheit beim Antrieb

Die zweite Stellschraube ist neben dem Gewicht die Fahrleistung. Deshalb wiegt der Wagen nicht nur exakt 1000 Kilo, sondern fährt auch nur 110 km/h schnell. Mit 40 kWh Batteriekapazität kommt man dann aber bis zu 400 Kilometer weit. Auch der Preis, der bei gerade mal 25.000 Euro liegen könnte, würde den Verzicht auf schnelles Fahren rechtfertigen.

Auf der Tour durch Frankfurt, wo es an der Festhalle vorbei, durch das Bahnhofsviertel und dem Mainufer entlang nur im Schritttempo vorangeht, reicht die Motorleistung ohnehin völlig aus. Schließlich ist der Tesla auf der Nebenspur nicht schneller - selbst wenn sein Akku fast dreimal so groß ist, seine Motoren fünfmal so stark und sein Spitzentempo doppelt so hoch.

Pilze statt Handschuhfach

Vom Kampf gegen Kosten und Kilos zeugt auch der Innenraum - jedoch ohne dass der Aufenthalt zur Zumutung wird. Im Gegenteil: Die im 3D-Drucker produzierten Sitze sind nicht nur besonders leicht und einfach zu montieren, sondern auch ziemlich bequem. Die Innenverkleidung, die aus dem gleichen Material wie Turnschuhsohlen besteht, isoliert einwandfrei, federt gut - und sieht auch noch gut aus. Die von Waldpilzen inspirierten Noppen im Armaturenbrett eignen sich für das Verstauen von Kleinkram besser als jedes Handschuhfach. Und anstatt eines komplizierten Infotainmentsystems nutzt der Oli einfach das Smartphone. So erscheinen sämtliche Inhalte im Display unter der Frontscheibe, während die Musik aus Bluetooth-Lautsprechern schallt.

Das alles wirkt ausgereifter und alltagstauglicher als man von einem Sparmobil erwartet. Und die Plattform unter dem Einzelstück dient immerhin auch Serienmodellen wie dem elektrischen C4. Deshalb ist der Oli alles andere als ein spaßiges Stadtauto: Wenn die Karosserie nicht so knarzen würde und die Heizung mehr Power hätte, könnte man sich damit sogar bis nach Paris trauen. Das sind von Frankfurt aus keine 600 Kilometer und sollte mit zwei Ladestopps in acht Stunden zu schaffen sein.

Fazint: Wer, wenn nicht Citroën?

Die Langstreckenfahrt dürfte jedoch kaum zu realisieren sein. Denn der Oli wird wohl so niemals in Serie gehen. Doch haben die Franzosen mit der Ente vor bald 75 Jahren schon einmal gezeigt, wie man Mobilität für alle erschwinglich macht. Und was einmal klappt, das funktioniert vielleicht auch ein zweites Mal. An den richtigen Ideen mangelt es Citroën jedenfalls nicht.