Beweise nicht ausreichend? Wann die Versicherung einen Wildschaden nicht zahlen muss
Warum ein Gericht im Streit um einen Wildschaden zugunsten der Versicherung entschied – und welche Pflichten Autofahrer bei der Schadensmeldung beachten müssen.

Hagen - Als Versicherungsnehmer hat man nicht nur Ansprüche nach einem Schaden – man hat auch umfangreiche Aufklärungspflichten. Wer etwa arglistig Vorschäden verschweigt und dazu noch einen Wildschaden behauptet, der sich nicht sicher beweisen lässt, hat schlechte Karten.
Dann nämlich kann es sein, dass eine Versicherung nicht zahlen muss. Das zeigt eine Entscheidung (Az.: 9 O 268/22) des Landgerichts Hagen, auf welche die Arbeitsgemeinschaft (AG) Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.
Umfangreiche Schäden - angeblich wegen eines Wildunfalls
In dem Fall ging es um einen Autofahrer, der von seiner Kaskoversicherung einen Schaden bezahlt haben wollte. Er gab vor, mit einem Reh zusammengestoßen zu sein und reklamierte umfangreiche Reparaturkosten. So beklagte er einen Schaden an der Frontpartie, einen defekten Scheinwerfer sowie einen verlorenen Radarsensor für das Abstandsregelsystem.
Allerdings wurde die Versicherung skeptisch und ließ das Auto untersuchen. Unter anderem wurde der Fehlerspeicher ausgelesen. Demzufolge wurde der Sensor ausgelöst, als das Auto stillgestanden war. Auch das Kabel war intakt gewesen. Dagegen hätte ein typischer Schaden nach einem Unfall an dieser Stelle Spuren hinterlassen. Auch die Art der Schäden trug nicht das typische Muster von Wildunfällen. Die Sache ging vor Gericht.
Auch das Gericht hat Zweifel an der Darstellung des Geschehens
Das Landgericht Hagen sah den Angaben zufolge keinen Versicherungsfall für die Teilkasko. Denn der Kläger konnte den Hergang des Unfalls nicht ohne Zweifel beweisen. Bei Wildunfällen wäre der volle Nachweis erforderlich. Speziell, wenn wie hier das beschädigte Auto noch zur Begutachtung zur Verfügung steht.
Das gerichtliche Sachverständigengutachten untermauerte die Zweifel des Versicherungsunternehmens. So konnte der Verlust des Sensors gar nicht mit einer Kollision erklärt werden. Nur ein kleiner Teil der Schäden könnte überhaupt mit einem Tierunfall im Kontext stehen. Zudem konnten weder Haare, Dellen noch Schlagspuren an der Front des Autos ausgemacht werden – allesamt typische Merkmale bei Wildunfällen.
Greift bei selbst verursachten Schäden nicht die Vollkasko?
Aber auch der vorhandene Vollkaskoschutz musste nicht greifen. Denn es stellte sich heraus, dass der Kläger Vorschäden – etwa am linken Scheinwerfer und am Sensor – „arglistig“ verschwiegen hatte. Wichtig: Vorschäden muss eine Versicherung gemäß den Allgemeinen Bedingungen (AKB) auch gar nicht ausdrücklich erfragen.
Der Versicherungsnehmer ist vielmehr verpflichtet, alle für die Aufklärung des Schadens wesentlichen Umstände von sich, vollständig und der Wahrheit entsprechend mitzuteilen. Wer gezielt bekannte Vorschäden verschweigt, begeht eine „arglistige Obliegenheitsverletzung“. Das Resultat: Der Versicherer muss nichts bezahlen - wie auch in diesem Fall.
Diese Entscheidung zeige deutlich, wie wichtig die korrekte und vollständige Schadenschilderung sowie die Offenlegung von Vorschäden für die erfolgreiche Regulierung eines Versicherungsfalls sei, so die AG Verkehrsrecht des DAV.