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Notare aus Sachsen-Anhalt beantworten Fragen der Volksstimme-Leser zum Thema "Erben" Das Regeln des Nachlasses gut überlegen

21.07.2012, 03:19

Der Andrang beim Volksstimme-Telefonforum am Dienstag (Volksstimme vom 18. Juli) war so groß, dass Notare aus Sachsen-Anhalt hier weitere Fragen zum Thema "Erbschaft" beantworten.

Frage: Ich bin verheiratet, mein Mann ist Alleineigentümer unseres Wohngrundstücks. Wir haben keine gemeinsamen Kinder, jeder hat nur eigene Kinder. Mein Mann möchte seinen Kindern nichts vererben. Kann er mir das Haus übertragen?

Antwort: Die lebzeitige Übertragung bringt Ihnen pflichtteilsrechtlich keine Vorteile, da bei einer Übertragung unter Eheleuten die gesetzlich geregelte Zehn-Jahresfrist überhaupt nicht zu laufen beginnt. Ihr Ehemann könnte Ihnen eventuell das Wohnrecht als Mitbenutzungsrecht beziehungsweise auf seinen Tod das Wohnungsrecht unter Ausschluss des Eigentümers einräumen, bzw. einem Ihrer Kinder das Wohngrundstück verkaufen oder Ihren Kindern schenken. Lassen Sie sich beim Notar beraten, zusätzlich auch steuerlich, da hier vieles zu beachten ist, auch neue Probleme entstehen könnten.

Frage: Kann man den Pflichtteil, also die Zahlungen, stunden?

Antwort: Stundung heißt, dass der Pflichtteil in Raten und/oder zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden muss. Das Gesetz sieht in § 2331 a BGB eine Stundungsmöglichkeit für den Erben insbesondere dann vor, wenn er so zur Aufgabe des Familienheimes, das die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Familie bildet, gezwungen würde und dies eine unbillige Härte wäre. Bei Einigkeit aller Beteiligten können die wechselseitigen Ansprüche auch auf Grund eines notariell beurkundeten Vertrages gesichert werden. Interessen der Pflichtteilsberechtigten sind angemessen zu berücksichtigen. Die Entscheidung obliegt dem Gericht, wenn keine einvernehmliche Lösung möglich ist bzw. wenn der Anspruch bestritten wird.

"Zum Nachlass zählt grundsätzlich alles."

Frage: Was ist ein Nachlass?

Antwort: In den Nachlass fällt grundsätzlich alles, was dem Erblasser zum Zeitpunkt des Todes gehörte, "Sachen und Rechte" - etwa Grundstücke, Gesellschaftsanteile, Barvermögen, Wertpapiere, Schmuck, Antiquitäten, Hausrat. Für die Geschäftswertermittlung, etwa zur Kostenberechnung beim Nachlassgericht, werden davon abgezogen die Schulden und Nachlassverbindlichkeiten wie zum Beispiel die Beerdigungskosten. Bei Gesellschaftsbeteiligungen ist besondere Sorgfalt und Vorsicht geboten; manche Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften lassen nur bestimmte Personen als Nachfolger zu, manche schließen die Vererblichkeit aus. Bei GmbH-Geschäftsanteilen kann im Gesellschaftsvertrag / in der GmbH-Satzung eine Regelung enthalten sein, wonach Erben/Vermächtnisnehmer, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen, ausgeschlossen werden/ zur zwangsweisen Abtretung verpflichtet sein können.

Frage: Mein Mann hat einen Lebensversicherungsvertrag zu meinen Gunsten abgeschlossen und die Prämien dafür auch allein bezahlt. Muss diese Versicherung bzw. müssen die Prämienzahlungen bei der Pflichtteilsberechnung mit einbezogen werden?

Antwort: Lebensversicherungen bzw. die Prämienzahlungen aus dem Vermögen des Verstorbenen sind bei der Pflichtteilsberechnung mit einzubeziehen; grundsätzlich mit dem Rückkaufswert zum Zeitpunkt des Todes des Prämienzahlers.

Frage: Ich habe keine Angehörigen. Mir allein gehört ein Wochenendgrundstück. Kann ich meinem Lebensgefährten das Grundstück schenken? Er möchte das Grundstück später seiner Tochter vererben.

Antwort: Eine lebzeitige Schenkung ist möglich. Sie sollten bedenken, dass der Lebensgefährte Ihnen gegenüber nur einen Schenkungsteuerfreibetrag von 20 000 Euro hat. Für den darüber hinaus gehenden Wert muss er Schenkungsteuer in Höhe von 30 bzw. 50 Prozent zahlen. Sie könnten bei einem höheren Wert erwägen, neben Ihrem Lebensgefährten auch dessen Tochter mit zu begünstigen, also das Grundstück beiden zu schenken. Wenn die Tochter Ihres Lebensgefährten das Grundstück künftig allein erhalten soll, könnten Sie es ihr auch verkaufen und sich so noch einen Erlös sichern. Beim Kauf muss die Tochter Ihres Lebensgefährten jedoch fünf Prozent Grunderwerbsteuer, bezogen auf den Kaufpreis, zahlen. Der Grunderwerbsteuersatz kann je nach Bundesland variieren. Wird nicht zum vollen Wert verkauft, kann dies auch einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellen.

Frage: Meine Mutter möchte, dass alle drei Kinder erben. Die Abwicklung des Nachlasses soll ich übernehmen. Kann man dies regeln?

Antwort: Ja, Ihre Mutter kann Sie in ihrem Testament zum Testamentsvollstrecker bestimmen. Dabei sollten die Aufgaben des Testamentsvollstreckers möglichst konkret beschrieben sein, das Testament sollte auch Ausführungen zu eventuellen Ersatztestamentsvollstreckern und zur Höhe der Vergütung enthalten.

Frage: Meine Kinder verlangen jetzt, zu meinen Lebzeiten, ihren Pflichtteil bezogen auf meinen Nachlass, von mir. Muss ich Ihnen diesen zahlen?

"Der Pflichtteil kann von den Erben erst nach dem Tod des Erblassers verlangt werden."

Antwort: Nein! Der Pflichtteil kann von Ihren Kindern erst verlangt werden, wenn Sie verstorben sind und die Kinder nicht erben, weil sie durch Testament bzw. Erbvertrag enterbt wurden bzw. zu geringe Erbquoten zugewiesen bekommen haben oder weil lebzeitige Schenkungen Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgelöst haben. Sie können Ihr eigenes Vermögen zu Lebzeiten einsetzen und verbrauchen, wie Sie es möchten und müssen für Ihre Kinder nichts übrig lassen. Anders verhält es sich, wenn Sie Alleinerbe geworden wären und die enterbten Kinder des Verstorbenen die Rechte und Ansprüche bezüglich des Nachlasses des Verstorbenen geltend machen und durchsetzen, bevor Verjährung eintritt.

Frage: Ich bin verheiratet und habe allein eine Eigentumswohnung. Wie kann ich regeln, dass meine beiden Töchter die Wohnung erhalten?

Antwort: Mit einem Testament könnten Sie beide Töchter als Erben einsetzen und Ihrer Ehefrau vermächtnisweise den Hausrat, etwaige Girokontoforderungen sowie das lebenslange Wohnungsrecht zuwenden. Dadurch könnten zwar Pflichtteilsrechte der Ehefrau entstehen, die sich aber mit einem notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag beseitigen lassen. Sicherer im Interesse des Familienfriedens, könnte eine lebzeitige Regelung dieser Rechte an der Eigentumswohnung erfolgen. Gleich, ob Sie sich für die lebzeitige oder letztwillige Lösung entscheiden, sollten Sie einen Notar Ihrer Wahl in Anspruch nehmen. Das notariell beurkundete Testament kann Kosten und Zeit bei der Nachlassabwicklung sparen. Mit dem notariell beurkundeten Vertrag erleben Sie noch die Durchsetzung Ihres Willens.

Frage: Welche sozialrechtlichen Bezüge haben Grundstücksschenkungen?

Antwort: Probleme entstehen, wenn nach vollzogener Schenkung eine Verarmung des Schenkers eintritt, dieser also seinen Unterhalt nicht mehr bestreiten kann und auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen ist. Liegt die Eigentumsumschreibung im Grundbuch dann noch keine zehn Jahre zurück, kann der Schenker das Grundstück zurückverlangen. Der Beschenkte kann die Herausgabe entweder durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrages abwenden oder - praktisch häufig - einfach den Wert der Schenkung ersetzen. Besonderer Druck entsteht in der Regel dadurch, dass der zivilrechtliche Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers auf den Sozialleistungsträger nach § 93 SGB XII per Bescheid übergeleitet werden kann oder in Hartz-IV-Fällen sogar gemäß § 33 SGB II automatisch auf diesen übergeht.

Frage: Mein verstorbener Mann und ich haben ein Berliner Testament errichtet, das unsere Kinder als Schlusserben zu gleichen Teilen ausweist. Ich möchte aber meine Tochter begünstigen. Kann ich ein neues Testament errichten?

Antwort: Mit gemeinschaftlichen Testamenten binden sich die Eheleute häufig an den gemeinsamen letzten Willen. Der Überlebende kann im Regelfall davon nur abweichen, wenn das gemeinschaftliche Testament ihn dazu ausdrücklich befugt. Enthält das gemeinschaftliche Testament keine Änderungsbefugnis, so ist der Überlebende regelmäßig an den gemeinsamen letzten Willen gebunden. Ein neues davon abweichendes Testament wäre sehr wahrscheinlich unwirksam. Gleichwohl bietet sich nach dem reformierten Erbrecht unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 2057 a BGB ein Ausgleichsanspruch der Tochter, der vor Aufteilung des Nachlasses zu erfüllen wäre.

"Anforderungen an ,groben Undank\' hoch."

Frage: Wir haben unser Wohngrundstück schon vor Jahren unserem Sohn geschenkt. Inzwischen kümmert er sich nicht mehr um uns. Können wir das Geschenk "wegen grobem Undank" von ihm zurück verlangen?

Antwort: Nach dem Gesetz sind die Anforderungen an das Vorliegen "groben Undanks" recht hoch; allein "nicht kümmern" genügt regelmäßig nicht. Enthält der notariell beurkundete Vertrag etwa für den Fall, dass vertraglich geschuldete Hilfen/Unterstützungen nicht gewährt werden, ein Rückforderungsrecht, so können Sie form- und fristgemäß davon Gebrauch machen. War dazu keine Regelung getroffen, bleibt leider nur die Enttäuschung. Vorsicht ist jedoch bei jeder Art von Rückforderung geboten: Eltern haben hier nur einen Schenkungsteuerfreibetrag von 20 000 Euro. Der darüber hinaus gehende Wert wird in Abhängigkeit vom Verkehrswert mit einem Steuersatz von mindestens 15 Prozent versteuert. Ist der Wert abzüglich Freibetrag höher als 75 000 Euro, fallen 20 Prozent Schenkungsteuer an.