Die Royals als diplomatischer Joker Großbritanniens
Die deutschen Royal-Fans können es kaum erwarten: Bald schon kommt die Queen nach Deutschland. Allerdings nicht nur, weil ihr gerade danach ist. Die Regierung in London überlegt sich gut, wohin sie ihre Königsfamilie schickt.
London (dpa) - Kein Monarch in der britischen Geschichte ist so viel gereist wie die Queen. 96 offizielle Staatsbesuche hat Elizabeth II. bisher unternommen. Sie war im Sudan und in Indonesien, Kuwait und Island, demnächst tritt die 89-Jährige ihren fünften Staatsbesuch in Deutschland an.
Stets im Auftrag der britischen Regierung, denn die Dienstreisen der Königin und ihrer Nachkommen werden von der Londoner Downing Street aus gesteuert - und es steckt immer etwas dahinter.
Mal soll ein Besuch die Bindungen innerhalb des Commonwealth stärken. Wie das geht, bewiesen Queen-Enkel William (32) und seine Kate (33) eindrucksvoll, als sie mit Baby George durch Australien und Neuseeland tourten. Monarchie-Kritik? Vor lauter Begeisterung über die junge Familie fast vergessen. Mal geht es darum, Handelsbeziehungen zu knüpfen, mal sollen frühere Verwerfungen geglättet werden.
Zwei Reisen der Monarchin sind weit über Großbritannien und die betroffenen Länder hinaus als diplomatische Erfolge gefeiert worden. Da ist einmal der elftägige Deutschlandbesuch 1965, 20 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs - ein wichtiger Schritt der Wiederannäherung der beiden Länder. Die zweite Reise ist nicht lange her: 2011 reiste die Queen ins benachbarte Irland und hielt eine Rede, die die beiden in so tiefgreifende Konflikte verstrickten Nationen sehr bewegte.
Die Rede schrieben Berater. Doch es war die Queen, die sie nicht auf Englisch, sondern auf Gälisch beginnen wollte. Eine bedeutende Geste einer Frau, die 1979 selbst einen Verwandten durch die Hand der irischen Untergrundorganisation IRA verloren hatte. "Diese Akte großer Diplomatie erlaubten den beiden Ländern, die engste Nachbarn sind, wieder zu atmen", sagte Christopher Geidt, Privatsekretär der Königin, vergangenen Herbst dazu.
Formell hat die Königin keine Macht. Elizabeth II. hält offiziell keine politischen Reden und ist stets neutral. Beim Palast ist dazu nur zu erfahren, es gehöre zu den "nach außen orientierten Aufgaben" Ihrer Majestät, Botschafter zu empfangen, Staatsoberhäupter auf Besuch zu unterhalten oder eben selbst zu reisen, "um diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zu unterstützen".
Es sind kleine Symbole und Gespräche hinter verschlossener Tür, mit denen sie Einfluss ausüben kann. "Wenn auch der Monarch (sich) nach der Verfassung mit seiner Meinung zurückhalten muss, so liest er doch alle wichtigen Telegramme des Foreign Office", zitiert Historiker Peter Alter aus den Erinnerungen Anthony Edens, der während der Thronbesteigung der Queen Außenminister und von 1955 bis 1957 Premierminister war. "Es kann mitunter tröstlich sein, wenn jemand, der dieselben Dokumente gelesen hat, unabhängig zu den gleichen Schlussfolgerungen gelangt."
Schon der Rat der ganz jungen Königin, die 1952 mit nur 25 Jahren den Thron bestieg, war also gefragt. Auch der amtierende Premier David Cameron trifft sich regelmäßig mit der Monarchin, um das Tagesgeschäft zu besprechen, und setzt sie als diplomatischen Joker ein.
Als etwa die deutsche Kanzlerin im Frühjahr 2013 in London zu Besuch war, durfte sie auf einen Tee im Buckingham-Palast vorbeischauen. Zufall? Sicher nicht. Cameron hoffte auf Angela Merkels Unterstützung in der Europäischen Union (EU). Die braucht er jetzt, wo die Briten über ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Union abstimmen dürfen, immer noch und erst recht. Schaden kann daher eine fröhlich winkende Monarchin, die am Brandenburger Tor in die Menge winkt, sicher nicht.