An den Folgen dieser Infektionskrankheit sterben die meisten Menschen in Deutschland Eine Grippe kann jeden treffen
Erst war der Oktober kalt, jetzt wird es wieder warm - die Gefahr einer Erkältung wächst. Cordula Riek befragte Dr. Birgit Doßow, Leiterin des Personalärztlichen Dienstes des Universitätsklinikums Magdeburg.
Frage: Wenn man stark hustet, ist das gleich eine Grippe?
Dr. Birgit Doßow: Die Grippe bzw. Influenza wird häufig verwechselt oder gleichgesetzt mit einem grippalen Infekt. Das hat sich umgangssprachlich so entwickelt. Letzteres ist jedoch eine in der Regel harmlos verlaufende Virusinfektion. Die Grippe ist dagegen eine schwere Erkrankung.
Frage: Worin liegt der Unterschied zwischen einer Grippe und einem grippalen Infekt?
Dr. Doßow: Die beiden Erkrankungen unterscheiden sich durch die Schwere des Verlaufs. Erkältungen haben nichts mit einer echten Virus-Grippe zu tun. Bei einer Erkältung bzw. einem grippalen Infekt sind die Symptome wie Halsschmerzen, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen im Allgemeinen viel schwächer ausgeprägt. Bei der Grippeerkrankung imponiert ein schweres Krankheitsgefühl mit starker Ausprägung der Allgemeinsymptome. In den meisten Fällen besteht hohes Fieber, das bis zu 41°C ansteigen kann und eine Abwehrreaktion des Körpers darstellt.
"Je kleiner das Kind ist, um so höher kann die Belastung sein."
Frage: Wie oft haben Erwachsene und wie oft haben Kinder pro Jahr eine Erkältung?
Dr. Doßow: Bei Erwachsenen sind zwei bis drei Erkältungen pro Jahr und bei Kindern bis zu sechs bis acht durchaus normal. Dabei nimmt die Erkrankungshäufigkeit des Kindes mit zunehmendem Alter eher ab. Man sollte sich jedoch auch bewusst machen, dass Erkältungsinfekte dem Immunsystem helfen, etwas dazuzulernen und damit den Körper vor anderen Infektionen stärken. So gesehen kann man der Erkrankung also auch durchaus positive Effekte abgewinnen.
Frage: Wie werden Erreger übertragen und wie kann man sich vor ihnen schützen?
Dr. Doßow: Auslöser für Erkältungen sind in den meisten Fällen Viren. Diese werden über Tröpfchenmengen beim Niesen, Sprechen und Husten übertragen oder durch direkten Kontakt mit virenhaltigem Sekret oder kontaminierten Flächen. Ich denke da auch an Türklinken, Treppengeländer, Geld etc. In Erkältungszeiten ist es sinnvoll, auf das höfliche Händeschütteln bei der Begrüßung oder der Verabschiedung zu verzichten.
Frage: Sollen erkältete Kinder dem Unterricht fern bleiben?
Dr. Doßow: Je kleiner das Kind ist, um so stärker kann die Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens schon bei einem banalen Schnupfen sein. Daher müssen der behandelnde Arzt bzw. die Eltern immer individuell entscheiden.
Frage: Helfen Antibiotika gegen eine Erkältung?
Dr. Doßow: Da überwiegend Viren für Erkältungsinfekte verantwortlich sind, helfen Antibiotika nicht. Im Gegenteil, sie sind sogar kontraproduktiv. Nur wenn eine bakterielle Zweiterkrankung zusätzlich besteht, ist eine antibiotische Therapie mitunter erforderlich. "Über eine symptomatische medikamentöse Therapie muss der behandelnde Arzt im Einzelfall entscheiden."
Frage: Was kann man sonst tun?
Dr. Doßow: Hilfreich sind die bekannten Hausmittel wie viel Trinken, dabei Husten -und Bronchialtee sowie warme Milch mit Honig favorisieren, Zwiebelsudwickel bei Halsschmerzen und Einreibungen mit Mentholbalsam. In Abhängigkeit von den Beschwerden unterstützen auch Thymian-, Sanddorn- und Salbeisäfte den Heilungsprozess. Wadenwickel und kühlende Umschläge sowie Bettruhe sind geeignete Maßnahmen bei Fieber. Nicht zu vergessen: die selbstgemachte Hühnersuppe, die einfach gut tut und dem Körper wertvolles Zink liefert.
Frage: Woran merkt man, ob man eine Grippe oder nur eine heftige Erkältung hat?
Dr. Doßow: Die Schwere und der Verlauf der Beschwerden weisen darauf hin, ob es sich eher um eine Erkältung oder eine Grippe handelt. Typisch für die Grippe ist der plötzliche Krankheitsbeginn aus "heiterem Himmel". Starke Kopf- und Gliederschmerzen sowie Abgeschlagenheit stehen oft mehr im Vordergrund als Halsschmerzen und Schnupfen.
Frage: Wodurch wird eine Grippe ausgelöst?
Dr. Doßow: Auslöser für die Grippe beim Menschen ist das Influenzavirus, von dem drei Virus-Typen beziehungsweise Subtypen existieren. Die Grippe kann jeden treffen, auch völlig gesunde Menschen. Die Schleimhäute sind gerade in der nasskalten Jahreszeit von November bis April auf Grund der Kälte und der geringen Luftfeuchtigkeit in geheizten Räumen stark gereizt, sodass die körpereigene Barriere gegen Viren oft versagt.
Frage: Kann eine Grippe auch harmlos verlaufen oder ist sie immer gefährlich?
Dr. Doßow: Personen mit Grundkrankheiten haben ein erhöhtes Risiko, schwere oder tödliche Krankheitsverläufe einer Influenzainfektion zu entwickeln. In den offiziellen Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts werden jährlich die Personengruppen benannt, die ein erhöhten Infektionsrisiko tragen und für die schwere Verläufe erwartet werden. Dazu gehören u.a. ältere oder chronisch kranke Menschen, Personen mit chronischen Lungen- oder Herz-Kreislauferkrankungen, ebenso Diabetiker oder Personen mit eingeschränktem/ geschwächtem Immunsystem.
Frage: Wo lauern die Grippe-Viren und wie kann man sich vor ihnen schützen?
Dr. Doßow: Überall, wo wir auf Menschenansammlungen treffen, lauern auch Infektionsmöglichkeiten. Da wären Kindergärten, Schulen, Altersheime, Arztpraxen oder öffentliche Verkehrsmittel beispielhaft. Ein einziger Infizierter ist in der Lage zahlreiche Menschen anzustecken.
Frage: Kann man vorbeugen?
Dr. Doßow: Sinnvoll zur allgemeinen Stärkung des Immunsystems ist eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Aber auch frische Luft, regelmäßige Bewegung und Saunagänge stärken das Abwehrsystem. Die Vitaminzufuhr sollte über natürliche Nahrungsmittel und nur in besonderen Fällen über Nahrungsergänzungsmittel erfolgen. Der wirksamste Schutz vor einer Grippe ist die Impfung. Da sich die Impfstoffentwicklung an den aktuell zu erwartenden Erregern orientiert bzw. die permanenten Veränderungen des genetischen Virusmaterials beachtet, ist es wichtig, sich jährlich impfen zu lassen.
Frage: Können Grippe-Viren andere Krankheiten auslösen?
Dr. Doßow: Die Grippe ist die Infektionskrankheit, an deren Folgen in Deutschland die meisten Menschen sterben.Die Influenzaviren schädigen die Schleimhaut der Atemwege und mindern die Abwehrkräfte. Somit ist der Körper anfällig für bakterielle Zweitinfektionen und ebenso sind schwerwiegende Auswirkungen auf Herz, Lunge und Gehirn möglich. Bei den schon genannten Risikogruppen sind schwere oder tödliche Verläufe statistisch belegt häufiger.