Fall 1: Behörden-Hickhack Erst war niemand zuständig, dann wurden Bewerbungskosten erstattet
"Vermittlungsbudget" heißt der Topf, aus dem die Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz finanziell gefördert werden kann - zum Beispiel bei Ausgaben für Bewerbungsfotos, Mappen, Porto, Fahrten zu Vorstellungsgesprächen und vieles mehr.
Damit "sollen flexibel, zielgerichtet und bedarfsorientiert unterschiedliche Hemmnisse beseitigt und den spezifischen Bedürfnissen der Arbeit- und Ausbildungsuchenden Rechnung getragen werden", so das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Das Vermittlungsbudget biete einen großen Spielraum "für eine ganz individuelle Förderung, um verschiedene Hilfestellungen im Einzelfall gewähren zu können", heißt es auf der ministeriellen Internetseite.
Mit den Vermittlungs- und Beratungskräften der Agentur für Arbeit oder des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien im Einzelfall der konkrete Unterstützungsbedarf und die individuelle Hilfe aus dem Vermittlungsbudget zu klären.
Zu einem Vorstellungsgespräch in Hamburg konnte ein junger Harzer aber nicht erscheinen, weil sich Agentur für Arbeit und KoBa anfangs stritten, wer hier in den Topf des Vermittlungsbudgets greifen müsse. Mit seinen Bewerbungskosten wurde er von einer Behörde zur anderen geschickt, obwohl beide doch Arbeitslose bei der Suche nach einem Job unterstützen sollten. Der junge Mann bezieht Arbeitslosengeld I - wäre demnach ein Fall der Agentur für Arbeit - wenn er nicht bei seiner Mutter wohnen würde, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen war.
So schickte ihn die Arbeitsagentur mit seinem Antrag auf Erstattung von Bewerbungskosten zur KoBa. Die fühlte sich nicht zuständig und verwies ihn zurück zur Agentur. Dort Leistungen beantragen, eine schriftliche Antwort abwarten und danach Widerspruch einlegen, sei ihm bei der KoBa geraten worden, teilte er uns mit. Die Arbeitsagentur habe ein ähnliches Vorgehen empfohlen - jedoch in anderer Richtung.
Erneute Erörterung und Gespräche vor Ort
Das kann wohl nicht sein, dachten wir, denn mit dem Instrument Vermittlungsbudget sollen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz Hemmnisse doch "flexibel, zielgerichtet und bedarfsorientiert" beseitigt, nicht aber Arbeitslose im Zuständigkeitsbereich der Behörden zermürbt werden.
Wir schilderten der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit den Fall und wandten uns parallel dazu an Arbeitsagentur und KoBa im Landkreis Harz.
Von der SGB-II-Behörde kam rasch eine Reaktion: "Genau diese Fallkonstellation hat uns vor kurzem intensiv beschäftigt", hieß es. Der junge Arbeitslose lebe zwar mit seiner Mutter in einem Haushalt, gehöre aber nicht zu deren Bedarfsgemeinschaft, da er seinen Bedarf selbst decke. Er sei also kein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nach dem SGB II, die KoBa für ihn daher nicht zuständig. Das habe die Agentur für Arbeit anfänglich nicht so gesehen. "Nachdem wir unsere Rechtsauffassung nochmals erörtert haben, hat sie sich aber als zuständig erklärt und müsste folglich auch die entsprechenden Kosten im Rahmen des Vermittlungsbudgets übernehmen."
Nicht zu einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II gehört, wer Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen kann, bestätigte uns auch die Regionaldirektion. Darauf werde man die Agenturen nochmals hinweisen, damit Fälle wie der des jungen Mannes im Harz künftig schneller geklärt werden, versicherte Behördensprecherin Dr. Bianka Kleschtschow. Sein Anliegen sei inzwischen geklärt, er kurzfristig zum persönlichen Gespräch eingeladen und ihm mitgeteilt worden, dass seine Arbeitsplatzsuche aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit gefördert wird.
Mitglied der Bedarfsgemeinschaft?
Die anfänglichen Unklarheiten zur Zuständigkeit begründete man bei der Arbeitsagentur Halberstadt damit, dass die SGB-II-Behörde zunächst lediglich mitteilte, dass der junge Mann Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft sei. Erst nach dem Hinweis "auf die besondere Rechtslage des Kunden" - im SGB-II-Bescheid namentlich zwar genannt, aber wegen ausreichendem eigenen Einkommen kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft - wurde er in die Zuständigkeit der Agentur übernommen. Vielleicht hätte dort vorher schon ein Blick auf die Höhe seines Arbeitslosengeldes I für Klarheit gesorgt?
Letztendlich wurden ihm nun aber alle entstandenen Kosten für Bewerbungen gewährt und umgehend überwiesen. "Es tut uns leid, dass sich aufgrund der Abstimmungen zwischen der Agentur für Arbeit und der KoBa die Klärung zu Lasten des Kunden so lange hingezogen hat", wurde aus Halberstadt versichert.