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Arbeitsrecht-Experte zu Abweichung von BGB-Bestimmungen Für die Hochzeit kein genereller Anspruch auf eine Freistellung

Von Gudrun Oelze 18.09.2013, 01:14

"Angestellte haben bei eigener Hochzeit Anspruch auf Sonderurlaub", hatte eine Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln in der Volksstimme vom 26. Juli 2013 erklärt. Stimmt aber nicht, musste jüngst ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst erfahren, dem sein Arbeitgeber den bezahlten freien Tag fürs "Ja-Wort" verweigerte.

Hat er damit gegen den gesetzlichen Freistellungsanspruch nach Pragraf 616 BGB verstoßen? "Nicht unbedingt", sagt Reinhard Engshuber. Der Richter am Landesarbeitsgericht bestätigt zwar, dass ein Mitarbeiter nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Anspruch auf eine bezahlte Freistellung von der Arbeit hat, wenn er aus persönlichen Gründen, unverschuldet und für verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Arbeitsleistung gehindert wird.

Solche wichtigen persönlichen Gründe, die einen bezahlten Sonderurlaub rechtfertigen, werden in Paragraf 616 BGB allerdings nicht konkret benannt, allgemein aber auf besondere familiäre Ereignisse wie die eigene Hochzeit, die Hochzeit der Kinder, Todesfälle naher Angehöriger sowie die Niederkunft der Ehefrau, religiöse Feste wie Erstkommunion oder Konfirmation der Kinder bezogen.

"Doch der Freistellungsanspruch nach dem BGB ist abdingbar", erklärt der Arbeitsrecht-Experte. Denn sowohl im einzelnen Arbeitsvertrag als auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen kann er ganz ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

Und anders als der weit gefasste Paragraf 616 BGB erfassen die tariflichen Regelungen zu bezahlten Arbeitsfreistellungen meist nur genau definierte Fälle. Gilt ein solcher Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis, sind zunächst die darin enthaltenen Spezialregelungen bindend.

So bestimmt eine Klausel im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (Paragraf 29 TVöD), welche Verhinderungsfälle aus dem persönlichen Bereich des Angestellten dort als Gründe für bezahlte Freistellung nach Paragraf 616 BGB gelten. Da gibt es zum Beispiel bei Niederkunft der Ehefrau oder Tod des Ehepartners, eines Kindes oder Elternteils, bei Umzug aus dienstlichem Grund an einen anderen Ort sowie beim 25- und 40-jährigen Dienstjubiläum Sonderurlaub.

Nicht explizit genannt ist dort hingegen die eigene Eheschließung, so dass der Heiratskandidat im öffentlichen Dienst dafür grundsätzlich keinen bezahlten Sonderurlaub beanspruchen kann. "Nach der tariflichen Regelung des Paragraf 29 TVöD besteht nur in den dort genannten Fällen und in dem dort vorgesehenen Umfang Anspruch auf bezahlte Freistellung", erläutert Engshuber.