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Tinnitus Das Summen im Kopf ausblenden

Fachärzte der Uniklinik Magdeburg gaben im Volksstimme-Telefonforum Auskunft über Hörstörungen.

18.07.2017, 23:01

Magdeburg l Etwa 12.000 Menschen erleben jährlich in Deutschland einen Hörsturz. Über Ursachen und Therapien von Hörstörungen informierten HNO-Ärzte vom Magdeburger Uniklinikum. Uwe Seidenfaden notierte Fragen und Antworten.
Wie macht sich ein akuter Hörsturz eigentlich bemerkbar?
Bei einem akuten Hörsturz kommt es ganz plötzlich zu einer einseitigen Hörminderung, die auch mit Rauschen, Zischen oder anderen Ohrgeräuschen (Tinnitus) verbunden sein kann.
Ein Hörsturz kann verschiedene Ursachen haben. Es können zum Beispiel eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Ohrbereich oder Infektionen, Fehlstellungen der Halswirbelsäule oder ein gutartiger Tumor (Akustikus- Neurinom) sein. Auch starker Stress und Aufregung können plötzliche Hörverminderungen begünstigen. Beim Auftreten der Symptome sollte man möglichst bald den Hausarzt oder einen HNO-Arzt aufsuchen.
Mein Mann hatte unlängst einen plötzlichen Verlust des Hörvermögens. Dabei war ihm auch schwindelig und übel. Aus Sorge vor einem Schlaganfall verständigte ich sofort einen Notarzt. In der Klinik stellte sich zum Glück heraus, dass es kein Schlaganfall war, sondern ein sogenannter Morbus Menière. Mein Mann bekam eine Infusion und nach einiger Zeit ging es ihm wieder besser. Seither frage ich mich, was eigentlich die Ursachen waren?
Der Morbus Menière ist eine Erkrankung, die mit wiederkehrenden Drehschwindel und Übelkeit, Hörminderung und Tinnitus einhergehen kann. Die Symptome können sich binnen weniger Stunden zurückbilden. Beim Morbus Menière handelt sich nicht um einen Hörsturz. Es ist eine eigenständige Erkrankung, unter der auch der Reformator Luther gelitten hat.
Wie können Ärzte einen Hörsturz diagnostizieren?
Die Diagnostik erfolgt in mehreren Schritten, angefangen mit der Abfrage der Symptomatik durch den HNO-Arzt, mit einem Blick in das Ohr, der Durchführung eines sogenannten Tonschwellenaudiogramms, das das Hörvermögen des Patienten bei verschiedenen Frequenzen zeigt, und gegebenenfalls unter Einsatz weiterer diagnostischer Verfahren.
Ich habe seit über einem Jahrzehnt einen Tinnitus auf beiden Ohren. Im Wesentlichen habe ich mich damit arrangiert. Ich bin jetzt 72 Jahre alt. Gibt es noch etwas, was ich tun kann? Gibt es neue Behandlungstechniken, die eine Heilung versprechen?
Ein seit vielen Jahren bestehender Tinnitus lässt sich auch heute leider nicht heilen. Wenn Sie noch kein Hörgerät tragen, können Sie sich beim HNO-Arzt über Geräte informieren, die zugleich das Tinnitusgeräusch überdecken. Das sogenannte Hörgerät mit Tinnitus-Masker kann individuell vom Hörgeräteakustiker auf Ihre Bedürfnisse eingestellt werden. Doch nicht jedem Patienten kann damit geholfen werden.
Seit einigen Wochen kann ich auf einem Ohr nur noch dumpf hören. Ich habe außerdem ein unangenehmes Druckgefühl auf dem Ohr. Was kann die Ursache sein und was kann ich tun?
Mögliche Ursachen können ein Ohrenschmalzpropf oder eine Mittelohrentzündung sein. Ein Hörsturz tritt meist nur auf einem Ohr auf und ist nicht schmerzhaft.
Vor einem halben Jahr habe ich über Nacht einen Großteil meines Hörvermögens auf dem rechten Ohr verloren. Der Grund war vermutlich eine Infektion. Kann man nach so langer Zeit noch etwas machen? Können Naturpräparate wie Ginkgo bei mir zu einer Hörverbesserung führen?
In den ersten vier bis sechs Wochen nach Auftreten der akuten Hörminderung sind die Chancen einer Besserung des Hörvermögens am größten. In Ihrem Fall ist es ratsam, über die Versorgung mit einem Hörgerät nachzudenken. Sie sollten mit einem HNO-Arzt darüber sprechen. Sie können auch probehalber Naturpräparate einnehmen. Wenn keine Besserung eintritt, können Sie die Präparate auch weglassen.
Seit einigen Wochen fühle ich mich unwohl und schwindelig, sobald ich meinen Kopf schnell bewege. Ich habe Schmerzen im Mund-Kiefer-Bereich und mein Hörvermögen hat sich verschlechtert. Weder der HNO- noch mein Zahn-Arzt fanden bislang die Ursache. Was kann ich tun?
Wenn HNO- und Zahn-Arzt keinen Grund für Ihre Beschwerden ermitteln konnten, besteht die Möglichkeit, mit einem Ultraschallgerät beim Neurologen die Durchlässigkeit Ihrer großen Halsschlagadern untersuchen lassen. Zusätzlich können Sie von einem Neurochirurgen oder Orthopäden außerdem Auffälligkeiten im Bereich der Halswirbelsäule abklären lassen – beispielsweise Einengungen und Reizungen bestimmter Nervenbahnen, die Ihre Beschwerden erklären könnten. Entsprechend der Diagnosestellung könnte Ihnen zum Beispiel mit einer Physiotherapie mit Gleichgewichtstraining geholfen werden.
Ich habe schon seit vielen Jahren ein Loch im Trommelfell. Jetzt im Alter (78 Jahre) habe ich zunehmend Hörprobleme, die auch mit dem Hörgerät nicht zu verbessern sind. Kann man ein Loch im Trommelfell auch im höheren Lebensalter noch operieren?
Ja, das ist prinzipiell möglich. Eventuell wird dadurch auch das Hören verbessert.
Schon seit längerer Zeit habe ich Schwierigkeiten beim Einschlafen. Besonders wenn ich mich auf das rechte Ohr lege, stört mich ein pulsierendes Rauschen. Was kann ich tun?
Zu einem pulssynchronen Tinnitus kann es beispielsweise kommen, wenn die Schallübertragung im Ohr nicht optimal funktioniert. Die Körpergeräusche werden dann stärker wahrgenommen. Wichtig ist es, gefährliche Ursachen wie einen Gefäßtumor auszuschließen. Dazu sind Untersuchungen beim Arzt notwendig.
Mein Mann hatte vor etwa einem dreiviertel Jahr einen akuten Hörsturz. Seither kann er noch immer nur eingeschränkt auf dem rechten Ohr hören. Besteht noch Hoffnung auf Besserung?
Die Hörzellen im Innenohr reagieren generell sehr empfindlich auf Schädigungen. Von schweren Schädigungen können sie sich nicht wieder erholen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Höreinschränkungen schon mehrere Monate anhalten. Ihr Mann sollte eine Hörgeräteversorgung in Betracht ziehen. Patienten können drei Hörgeräte beim Hörgeräteakustiker testen lassen. Und wenn ein Hörgerät kein Sprachverstehen mehr ermöglicht, kann ein sogenanntes Cochlea-Implantat (Innenohrprothese) eingesetzt werden.
Schon seit einigen Monaten habe ich hin und wieder ein leichtes Zischen und Summen im Ohr. In jüngster Zeit ist es stärker geworden. Ein Ginkgo-Mittel aus der Apotheke und ein Hörgerät haben kaum geholfen. Was kann ich noch tun?
Wir Menschen haben die Fähigkeit, unsere Wahrnehmungen bewusst zu steuern. Somit können wir prinzipiell auch unwichtige Störgeräusche ausblenden, sofern nicht unsere Konzentration auf deren Wahrnehmung gerichtet ist. Bei chronischem Ohrensausen kann man Techniken erlernen, um die Aufmerksamkeit für das Ohrgeräusch zu mindern. Sie sollten daher eine Beratung und Behandlung bei einem Psychotherapeuten in Betracht ziehen.
Was ist von einer Hörpille zu halten, die Ohrensausen (Tinnitus) zuverlässig beseitigen kann?
Bei solchen Heilsversprechen ist Vorsicht geboten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Anschein erweckt wird, man könnte den Hörsturz mit nur einer Tablette sicher behandeln.
Tinnitus-Selbsthilfe-Interessengemeinschaft