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Gesundheit Organspenden: Was bringt das neue Online-Register?

Im Ringen um mehr dringend benötigte Organspenden soll mit Verspätung nun ein neues Instrument starten: Eine zentrale Datenbank. Wie soll das funktionieren?

Von DUR/dpa Aktualisiert: 18.03.2024, 08:06
Künftig soll es allen ab dem 16. Lebensjahr möglich sein, sich im Organspende-Register zu registrieren.
Künftig soll es allen ab dem 16. Lebensjahr möglich sein, sich im Organspende-Register zu registrieren. Foto: Marie Reichenbach/dpa

Berlin. Organspenden können Leben retten. Doch Jahr für Jahr stehen Tausende Schwerkranke in Deutschland auf Wartelisten, um eine Niere oder ein neues Herz zu erhalten. Dabei ist laut Umfragen eine große Mehrheit der Menschen grundsätzlich positiv zum Thema Organspende nach dem Tod eingestellt.

Nur eine konkrete Entscheidung - ob dafür oder dagegen - schieben viele immer wieder auf oder halten sie nicht schriftlich fest. Am 18. März ging mit einiger Verspätung ein zentrales Register an den Start, das auch eine digitale Möglichkeit anbietet. 

Worum geht es bei dem Organspende-Register genau?

Das Register ist Teil eines Gesetzes, das der Bundestag 2020 nach einer Initiative einer Abgeordnetengruppe um die heutige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beschlossen hatte. Ziel ist die „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“.

Dafür sollen mehr regelmäßige Denkanstöße organisiert werden - und auch leichtere Möglichkeiten, eine Entscheidung zu dokumentieren. Wer ab 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn nach zehn Jahren verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll im Amt Info-Material bekommen. Hausärzte sollen Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre ergebnisoffen über Organspenden informieren.

Wie funktioniert das Organspende-Register?

Eingerichtet ist das Portal www.organspende-register.de beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. In Betrieb gehen soll es schrittweise: Vom 18. März an soll man sich dort eintragen können, indem man einen Ausweis mit Online-Funktion (eID) verwendet.

Im zweiten Schritt zum 1. Juli sollen Kliniken, die Organe entnehmen, im Register Erklärungen suchen und abrufen können. Bis spätestens 30. September soll es dann möglich werden, dass man sich auch einfacher über Apps der Krankenkassen eintragen kann. Eigentlich sollte das Register zum 1. März 2022 starten, Verzögerungen gab es dann aber unter anderem wegen der Corona-Krise. 

Was soll die Online-Erklärung bezwecken?

Eine Entscheidung dokumentieren kann man weiterhin auch auf einem Blatt Papier, in einer Patientenverfügung oder auf Organspendeausweisen, die es in Ämtern, Praxen, Apotheken und zum Herunterladen aus dem Internet gibt. Doch Papiere können verloren gehen oder im Ernstfall nicht zu finden sein. Ein Eintrag im Register sorge da für Klarheit und Sicherheit, argumentiert Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das erleichtere es Ärzten, eine mögliche Spendebereitschaft schnell und verlässlich zu klären.

„Vor allem aber entlastet es Angehörige im Ernstfall von einer schweren Entscheidung.“ Gibt es keine Erklärung von Verstorbenen, werden nämlich etwa Ehepartner, volljährige Kinder oder Geschwister dazu angesprochen. 

Wie funktioniert das Organspende-Register technisch?

So einfach wie beim Online-Shopping läuft es mit dem amtlichen Register nicht. Um Einträge machen zu können, braucht man in der ersten Phase einen Personalausweis im Scheckkartenformat mit aktivierter Online-Funktion - laut Bundesinnenministerium waren davon Ende 2022 geschätzt 51,4 Millionen im Umlauf.

Haben muss man auch ein NFC-fähiges Smartphone oder Tablet zum drahtlosen Datenaustausch oder ein Kartenlesegerät für Computer. Die Daten liegen auf einem Server in Deutschland, wie es beim Bundesinstitut heißt. Authentifizierungsverfahren sicherten, dass nur die erklärende Person und berechtigtes Klinikpersonal auf Einträge zugreifen können.

Bleibt der Organspendeausweis weiterhin gültig?

Um auch Menschen ohne Internetzugang oder Computer eine rechtssichere Dokumentation zu ermöglichen, bleibt auch der Organspendeausweis zukünftig gültig. Aber aufgepasst: Wer in der Vergangenheit einen Organspendeausweis ausgefüllt hat und seine Erklärung nun im digitalen Register registrieren möchte, sollte darauf achten, dass die Erklärungen übereinstimmen. Es gilt nach Darstellung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte immer die jüngste, aktuellste Erklärung.

Wie ist die aktuelle Lage bei Organspenden?

Im vergangenen Jahr haben 965 Menschen nach ihrem Tod ein Organ oder mehrere Organe gespendet. Das waren 96 mehr als nach einem starken Einbruch 2022, wie die koordinierende Deutsche Stiftung Organtransplantation bilanzierte. Zugleich standen aber knapp 8400 Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation.

Die Zahl der entnommenen Organe stieg um 8,1 Prozent auf 2877, nämlich 1488 Nieren, 766 Lebern, 303 Herzen, 266 Lungen, 52 Bauchspeicheldrüsen und zwei Därme. Damit Organspenden überhaupt infrage kommen, müssen zwei Fachärzte unabhängig voneinander den vollständigen und unumkehrbaren Ausfall des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms bestätigen, also den Hirntod.

Welche Kritik gibt es am Organspende-Register?

Kritik gibt es von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Diese kritisiert den komplizierten Zugang zum Register. Ursprünglich war geplant, dass Bürger auch über die Bürgerämter der Kommunen unbürokratisch Zugriff erhalten sollten. Doch aufgrund der unklaren Finanzierung und der fehlenden technischen Ausstattung in den Ämtern scheiterte dieses Vorhaben.

Des Weiteren zeigen sich Fachleute skeptisch, ob mit der Datenbank auch die Spenderzahlen steigen werden. So sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Thomas Schmitz-Rixen: "Nur, weil nun etwas in ein Register eingetragen werden kann, erklären sich nicht automatisch mehr Menschen zur Organspende bereit."

Wie geht es weiter?

Inwiefern das Register bekannt und genutzt wird, muss sich zeigen. Generell trifft es laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov auf breite Zustimmung. Demnach befürworten 71 Prozent ein solches Portal. Eine getroffene Entscheidung auf jeden Fall ins Register eintragen wollen 25 Prozent, zumindest eher Ja sagten 31 Prozent. Eher Nein dazu sagten 13 Prozent, auf keinen Fall 10 Prozent.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz monierte indes, dass eine eigentlich im Gesetz festgelegte bürgernahe Eintragungsoption fehlt: direkt in den Ausweisstellen. In keinem Passamt stünden datenschutzsichere Computerterminals dafür, sagte Vorstand Eugen Brysch.

Was ist mit den generellen Regeln für Organspenden?

Eine ganz grundsätzliche Diskussion schwelt weiter. Denn mit dem 2020 beschlossenen Register-Gesetz bleiben Organspenden nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Die moderatere Reform setzte sich bei der Abstimmung im Bundestag gegen eine weitergehende Initiative durch. Demnach sollten alle Menschen zunächst automatisch als Organspender gelten, außer man widerspricht.

Lauterbach hatte sich damals als Abgeordneter dafür eingesetzt - und sprach sich 2023 angesichts der gesunkenen Spendezahlen des vorherigen Jahres für einen neuen Anlauf im Parlament aus. Patientenschützer Brysch warnt, die Widerspruchslösung dürfe nun nicht wegen verschleppter Umsetzung des Registers durch die Hintertür erzwungen werden.