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Sommer, Sonne, Social Anxiety? Soziale Ängste erkennen – und überwinden

Nicht für alle ist die Sommersaison mit Partys und Biergarten-Treffen eine Freude. Wem soziale Interaktionen und Small Talk Angst machen, spürt oft großen Druck. Ein Experte erklärt, was hilft.

Von dpa 25.06.2025, 12:56
Geselligkeit in einer großen Runde - für Menschen mit einer sozialen Angststörung kann das eine große Belastung bedeuten.
Geselligkeit in einer großen Runde - für Menschen mit einer sozialen Angststörung kann das eine große Belastung bedeuten. Jens Kalaene/dpa/dpa-tmn

Bad Saulgau - Sommerzeit ist Feierzeit: Straßenfeste, Hochzeiten, Grillabende, draußen Menschen treffen. Für viele klingt das nach Spaß und Geselligkeit. Doch für Menschen mit sozialer Angststörung beginnt mit dem Sommer eine besonders schwierige Phase.

„Gerade in den Sommermonaten, wenn spontane Treffen und größere Veranstaltungen zunehmen, spitzt sich die Situation für viele zu“, erklärt Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Nicht bloß schüchtern

„Eine soziale Angststörung ist mehr als bloße Schüchternheit“, so Häfner. Sie äußert sich durch intensive Furcht davor, im Mittelpunkt zu stehen, bewertet oder gar abgelehnt zu werden. Schon alltägliche Situationen wie ein kurzes Gespräch mit Nachbarn können Betroffene stark belasten, so der Mediziner. Symptome wie Herzrasen, Zittern, Erröten oder sogar Panikattacken sind keine Seltenheit. 

„Betroffene vermeiden häufig Situationen mit solchem Stresspotenzial ganz. Oftmals entwickelt sich daraus ein Teufelskreis, denn die Vermeidung schützt kurzfristig, verstärkt aber langfristig die Furcht und führt zu Einsamkeit und sozialem Rückzug“, so Häfner.

Woher kommen soziale Ängste?

Oft entwickeln sich die Ängste schleichend im Jugendalter. Auslöser können negative Erfahrungen wie Mobbing oder hoher Leistungsdruck sein. Auch familiäre Einflüsse spielen eine Rolle – etwa, wenn Konfliktvermeidung vorgelebt wurde oder übermäßige Kritik prägend war.

Die permanente Bewertung über soziale Medien könne die Angst zusätzlich verschärfen, sagt Häfner. „In unserer Gesellschaft herrscht ein hoher sozialer Erwartungsdruck.“ Und das sorgt für noch mehr Stress.

Wie bekommt man die Angst in den Griff?

Wer sich durch soziale Ängste belastet fühlt, muss sich nicht damit abfinden. Damit sich das Leben mit Sozialphobie leichter bewältigen lässt, gibt es viele 
alltagstaugliche Möglichkeiten und Schritte, die man selbst gehen kann. Ein erster Schritt ist, sich erreichbare Ziele zu setzen. „Statt sich direkt auf eine große Veranstaltung zu wagen, kann es helfen, zunächst kurze Kontakte in überschaubarem Rahmen zu suchen – etwa ein Spaziergang mit einer Vertrauten“, erklärt Steffen Häfner. 

Auch Atemübungen und Achtsamkeitstechniken sind wirksame Mittel, um den Körper zu beruhigen. Zentral ist zudem der Umgang mit den eigenen Gedanken, (auch negative Überzeugungen wie „Ich blamiere mich oder mache was falsch“). „Diese aufkommenden Gedanken zu erkennen und zu hinterfragen, ist ein zentraler Teil der Bewältigung“, so Häfner. Oft zeige sich dann, dass die innere kritische Stimme viel lauter ist als jede reale Rückmeldung von außen.

Nicht mit der Angst allein bleiben

Wenn die Angst das Leben aber stark einschränkt, ist psychotherapeutische Unterstützung sinnvoll. „Niemand muss mit seiner Angst allein bleiben. Soziale Ängste sind behandelbar – der erste Schritt ist, darüber zu sprechen“, betont Häfner. Besonders bewährt habe sich die kognitive Verhaltenstherapie: „Dabei lernen Patienten, wie sie angstauslösende Gedanken ausmachen und anzweifeln und schrittweise neue Verhaltensweisen ausprobieren können.“ 

Gruppentherapien bieten zudem die Chance, soziale Situationen in einem geschützten Rahmen zu üben und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu gewinnen. In schweren Fällen kann auch eine medikamentöse Unterstützung durch einen Psychiater nützlich sein.