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Im Silicon Valley: German Curriculum auf Englisch

Die German International School of Silicon Valley: eine Art Labor des mächtigsten Tals der Welt. Was Kinder hier lernen: wie Mama und Papa mit Leuten aus aller Welt die Zukunft miterfinden.

Von Christiane Hübscher, dpa 30.09.2015, 09:58

Mountain View (dpa) - Das Google-Headquarter ist keine fünf Kilometer entfernt. Oder sechs Minuten im selbstfahrenden Auto. Deutscher Schüler im Silicon Valley zu sein - das bedeutet, dass man nur gelangweilt guckt, wenn im selbstfahrenden Auto von Google niemand mehr die Hände am Lenkrad hat.

Und man findet es noch viel normaler als andernorts, dass Mama im Supermarkt die Einkäufe an der Roboterkasse bezahlt - dass man keinen Verkäufer mehr sieht.

Die German International School of Silicon Valley, kurz GISSV, hat hier schon drei Niederlassungen: in San Francisco, in Berkeley und eben in Mountain View, der Google-Stadt. Die Schule wächst und wächst. Sie besteht dabei nur aus den US-typischen, einfachen Baracken. Nicht mal einen ordentlichen Sportplatz gibt es.

Dies ist keine der typischen Expat- oder Diplomaten-Schulen, wo es meist nach drei bis fünf Jahren im Ausland zurück in die Heimat geht. Warum wollen alle German Curriculum auf Englisch?

Nur etwa die Hälfte der 600 Schüler hier hat komplett deutsche Eltern. Dann ist meistens Papa von Siemens, SAP oder Bosch geschickt worden - wegen des Anschlusses Deutschlands an die digitale Zukunft. Axel Gern zum Beispiel forscht im Silicon Valley für Mercedes-Benz am selbstfahrenden Auto.

Gern hat seine Familie mitgebracht. Die deutsche Schule hat unseren Kindern den Wechsel leicht gemacht und hält uns eines Tages auch den Weg zurück offen, einfach weil die Kinder auf Englisch, aber nach deutschem Lehrplan unterrichtet werden, sagt Regine Gern.

Viele Deutsche kommen mit ihren Kindern auf eigenes Risiko ins Valley, haben direkt bei den großen internationalen Tech-Firmen angeheuert und wollen möglichst lange bleiben, vielleicht sogar für immer. Beim Schul-Barbecue stehen sie dann zusammen: der deutsche Big-Data-Director von LinkedIn, die Ebay-Finanzfrau, der Stanford-Krebsforscher. Während ihre Kinder Soccer spielen, echten europäischen Fußball.

Wir haben hier viele Executives bei den Elternabenden sitzen, sagt Schulleiter Martin Fugmann. Aber weil in Kalifornien alle kurze Hosen und Flipflops tragen, merkt man es nicht so. Alle Eltern seien extrem bildungsorientiert, sagt Fugmann. Hierher kommen ja nur Leute, die was wollen. Diese Goldgräberstimmung überträgt sich eins zu eins.

Günstig ist das nicht. Ein Ganztagesplatz kostet 20 000 Dollar im Jahr. Dazu werden eine Spende für den Schulfonds sowie 20 Stunden ehrenamtliche Arbeit pro Familie erwartet.

Daris' Mutter und Vater sind Iraner und seit 2001 in den USA. Beide Eltern sprechen kein Deutsch; wenn sie ihrem Erstklässler bei den Hausaufgaben helfen wollen, müssen sie immer erst einen Online-Übersetzer bemühen. Mutter Arezou Khatibi schätzt die Gemeinschaft, die Elternpicknicks, den deutschen Weihnachtsmarkt.

Schulleiter Fugmann fährt ganz kalifornisch mit dem Elektroauto vor. Er hat das Konzept eSchool21 etabliert, will damit den Silicon-Valley-Spirit in die Schule holen: Schüler und Lehrer nutzen freies Wifi, in jedem Klassenraum hängen Smartboards - hier macht sich niemand mehr die Finger mit Kreide schmutzig. Ab Klasse 5 bekommt jeder Schüler ein Tablet für den Unterricht, ab der siebten Klasse bringt jeder sein eigenes Laptop mit.

Facebook und Minecraft sind gesperrt, sagt der Schulleiter. Aber der Computer ist für uns in jeder Stunde ein ganz normales Unterrichtswerkzeug. Die Älteren verabreden sich nachmittags für Hausaufgabenprojekte zu Videokonferenzen.

Neben der GISSV gibt es im Silicon Valley noch die German American School sowie zehn deutsche Samstagsschulen. Auch die frisch gestartete AltSchool, finanziert vom Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, hat einen deutschsprachigen Zweig. Und auf Jobportalen rund um San Francisco dringend gesucht: German Teacher.

Die Konkurrenz der Schulen im Valley ist groß. Da passiert es, dass zum Tag der offenen Tür junge Eltern mit Kinderwagen auf dem Schulhof stehen und fragen: An welcher Elite-Uni kann mein Kind studieren, wenn es bei Ihnen die Schule durchlaufen hat? Fugmann verweist dann auf Stefano, einen seiner ersten Abiturienten. Dieser hat es an eine Spitzen-Uni geschafft: Stanford liegt ganz in der Nähe.