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Arbeitszeit reduzieren Teilzeit beantragen: Rechte, Risiken und Tipps im Überblick

Mehr als die Hälfte der Beschäftigten will weniger arbeiten. Aber nicht jeder Arbeitgeber macht da mit. Wer Teilzeit beantragen darf, worauf Sie achten müssen und was Sie vorher durchrechnen sollten.

Von Jörg Wiebking, dpa 17.12.2025, 00:05
Mit Klarheit in die Teilzeit: Wer seine Arbeitszeit reduzieren will, sollte die Folgen für Finanzen und Karriere vorab reflektieren.
Mit Klarheit in die Teilzeit: Wer seine Arbeitszeit reduzieren will, sollte die Folgen für Finanzen und Karriere vorab reflektieren. Robert Günther/dpa-tmn

Köln - Auch wenn der Arbeitsmarkt angespannt ist: Viele Vollzeitbeschäftigte möchten weniger arbeiten. Das zeigt eine Umfrage, die YouGov im Sommer 2025 im Auftrag der HDI-Versicherung unter mehr als 3.700 Berufstätigen durchgeführt hat: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) würde lieber in Teilzeit arbeiten, wenn es ein entsprechendes Angebot gäbe. 

Was ist bei einem Wechsel ins Teilzeitmodell zu beachten – rechtlich, finanziell und familiär? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Habe ich Anspruch auf Teilzeitarbeit?

Arbeitszeitverkürzung ist oft Verhandlungssache. Ein gesetzlicher Anspruch kann helfen, doch nicht jeder hat ihn: In Betrieben mit bis zu 15 Beschäftigten hängt die Entscheidung vom Wohlwollen des Chefs oder der Chefin ab. 

Erst ab 16 Mitarbeitenden besteht ein Rechtsanspruch – vorausgesetzt, der Arbeitnehmer ist seit mindestens sechs Monaten im Unternehmen. „Sind beide Bedingungen erfüllt, können Beschäftigte eine dauerhafte Reduzierung der Arbeitszeit beantragen“, erklärt Volker Görzel vom Verband der deutschen Arbeitsrechtsanwälte (VDAA).

Wer nur vorübergehend weniger arbeiten möchte, kann Brückenteilzeit beantragen. Sie erlaubt eine Arbeitszeitverkürzung für mindestens ein und höchstens fünf Jahre. Allerdings gilt der Anspruch uneingeschränkt nur in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten, so Görzel. 

In Betrieben mit 46 bis 200 Mitarbeitern greift eine Quotenregelung: Pro 15 Beschäftigte muss der Arbeitgeber nur einen Antrag auf Brückenteilzeit genehmigen, also zum Beispiel vier Anträge in einem Betrieb mit 60 Angestellten.

Eine weitere Möglichkeit zur befristeten Reduzierung bietet die Teilzeit in Elternzeit. „Die gesetzlichen Hürden ähneln hier denen der unbefristeten Teilzeit“, sagt der Fachanwalt.

Was muss ich beim Antrag beachten?

Beschäftigte müssen bestimmte Formalitäten einhalten: „Sie müssen Teilzeit oder Brückenteilzeit mindestens drei Monate im Voraus beantragen“, so Görzel. Der Antrag muss schriftlich oder per E-Mail erfolgen und die gewünschte Stundenzahl enthalten, bei Brückenteilzeit auch die gewünschte Dauer. Fehlen diese Angaben, ist der Antrag unwirksam, so der Anwalt. Auch die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage sollte im Antrag stehen.

Kann mein Arbeitgeber den Antrag ablehnen?

Sind die formalen Voraussetzungen erfüllt, darf der Arbeitgeber den Antrag nicht einfach ablehnen. „Er muss mit dem Arbeitnehmer über dessen Wunsch sprechen und eine gemeinsame Lösung suchen“, sagt Görzel. 

Eine Ablehnung ist nur bei schwerwiegenden betrieblichen Gründen möglich. „Der Arbeitgeber trägt die Beweislast und muss die Gründe nachvollziehbar darlegen.“ Etwa, dass die Teilzeit die Organisation und den Arbeitsablauf im Betrieb wesentlich beeinträchtigen würden.

Und wenn der Arbeitgeber den Antrag ignoriert? „Reagiert er nicht innerhalb eines Monats, gilt der Antrag automatisch als genehmigt“, erklärt Görzel.

Kann ich bei Bedarf zurück in die Vollzeit?

Nach Ablauf der Brücken- oder Elternteilzeit kehren Beschäftigte automatisch zur vorherigen Stundenzahl zurück. Schwieriger ist es, eine unbefristete Teilzeitstelle wieder aufzustocken. Zwar müssen Arbeitgeber solche Wünsche bei der Besetzung neuer Stellen bevorzugt berücksichtigen, doch das sei rechtlich schwer durchsetzen, sagt Görzel.

Was sollten Beschäftigte beim Schritt in die Teilzeit bedenken?

Der Schritt in die Teilzeit will gut durchdacht sein. Karriere-Coach Bernd Slaghuis rät zur finanziellen Bestandsaufnahme vor dem Antrag. Es geht um Fragen wie: Wie viel verdiene ich dann netto? Wie viel Geld brauche ich? Zudem sinken mit dem Gehalt in Teilzeit die Ansprüche auf Rente und Arbeitslosengeld. „Das sollte man vorher berechnen“, sagt Slaghuis.

Hinzu kommen mögliche Folgen für die Karriere. In manchen Unternehmen ist Teilzeit immer noch ein Karrierekiller. „Ich würde genau prüfen, welche Entwicklungschancen es dann noch intern gibt“, sagt Slaghuis. Arbeitnehmer, die für einen Wechsel offen sind, müssen sich darüber weniger Gedanken machen: „Wer sich extern auf eine ausgeschriebene Teilzeitstelle bewirbt, gerät weniger in Erklärungsnot“, so der Coach.

Außerdem empfiehlt Slaghuis vorab ein Gespräch mit Partner und Familie: Welche beruflichen Pläne hat der Partner? Wie sicher sind sein Job und Einkommen? Wie wirken sich die finanziellen Einbußen auf das gemeinsame Leben aus, und wie der Gewinn an Zeit? „Wer diese Zeit etwa für sein Hobby oder den Aufbau einer Nebentätigkeit schon verplant hat, sollte das ansprechen, um falsche Erwartungen zu vermeiden“, rät Slaghuis.

Wie sage ich es dem Arbeitgeber?

Ob ein Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Teilzeit hat oder nicht: „Sprechen Sie vor dem schriftlichen Antrag mit Ihrem Vorgesetzten und bereiten Sie sich darauf gut vor. Das erhöht Ihre Chancen“, sagt Slaghuis.

Ärger über den Job hat in dem Gespräch nichts zu suchen. Der Karriereberater empfiehlt, das Gespräch zu nutzen, um die Gründe für den Schritt zu erklären, die Vorteile für den Arbeitgeber aufzuzeigen und durchdachte Lösungsvorschläge zu präsentieren. „Ein motivierter, erholter Mitarbeiter an vier Tagen ist wertvoller als ein überarbeiteter an fünf Tagen“, sagt er.

Wie gehe ich mit einer Ablehnung um?

Lehnt der Arbeitgeber den Antrag ab, sollten Arbeitnehmer fragen, was nötig wäre, damit der Arbeitgeber zustimmt, empfiehlt der Coach. Vielleicht passt der Antrag nur im Moment nicht, hätte aber später eine Chance. Und wenn sich der Arbeitgeber weder gesprächs- noch kompromissbereit zeigt? „Dann würde ich mir überlegen, ob dieses Unternehmen langfristig noch das Richtige für mich ist“, sagt Slaghuis.