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Kündigungswelle bei hochverzinsten Bausparverträgen

20.07.2015, 00:58

Von Gudrun Oelze

Magdeburg l Als lukrative Geldanlage wurde Heiner Müller vor Jahren ein Bausparvertrag schmackhaft gemacht - obwohl der Magdeburger schon damals wusste, dass er nie ein Darlehen zum Kauf von Wohneigentum benötigen würde. Darum nahm er es auch nicht in Anspruch, sondern ließ seine Ersparnisse - gut verzinst - weiter bei der Bausparkasse liegen. Doch diese hat ihm den Vertrag jetzt einfach gekündigt und, als der Sparer darauf nicht reagierte, gleich einen Verrechnungsscheck über die von ihm angesparte Summe samt bisher angefallener Zinsen ins Haus geschickt.

Bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt klingeln ganz laut die Alarmglocken, als wir dort davon berichten. Dabei handele es sich um keinen Einzelfall, erfuhren wir. Vielmehr gebe es vor allem bei Verträgen mit hohen Guthabenzinsen in der derzeitigen Niedrigzinsphase eine regelrechte Kündigungswelle von Bausparkassen, weiß Heidi Lange, Leiterin der Magdeburger Beratungsstelle. Viele Verbraucher hätten vor etlichen Jahren, als Guthaben noch bis zwei bis 2,5 Prozent verzinst wurden, Bausparverträge abgeschlossen - auch weil ihnen damals bei Verzicht auf das Darlehen oft zusätzlich ein Zinsbonus angeboten wurde. Als "Optionsbausparen", "Zinssparen" oder auch "Bonussparen" kam man dadurch auf eine Gesamtverzinsung von drei bis vier Prozent. Dies wollen die Bausparkassen nun nicht mehr zahlen und versuchen, die Bausparer aus den lukrativen Verträgen zu drängen. "Wer da nicht aufpasst, setzt eine Supergeldanlage aufs Spiel", mahnt Verbraucherberaterin Lange. Immerhin seien solche Verträge im aktuellen Dauerzinstief ein kleiner Schatz.

Nun haben Bausparkassen aber massiv Verbraucher angeschrieben, verunsichert oder ihnen gar gekündigt. Haben sich Bausparer darauf nicht gemeldet und der Kündigung widersprochen, landeten bei vielen Verrechnungsschecks. "Spätestens jetzt sollten Sie nicht untätig bleiben", so Heidi Lange. Ihr Rat: Keinesfalls den Scheck einlösen, denn damit würden Sie der Auflösung Ihres Bausparvertrages zustimmen und die Kündigung wäre vollzogen. Vielmehr schreiben Sie Ihrer Bausparkasse, dass Sie den Scheck nicht akzeptieren und nicht einlösen werden. Schicken Sie den Scheck aber nicht zurück, sondern bewahren Sie ihn an einem sicheren Ort auf. Wenn er in falsche Hände gerät, ist das Geld verloren, denn er kann von jedermann eingelöst werden.

Ob die Kündigung eines Bausparvertrages gerechtfertigt ist, können nur Experten überprüfen. "Eine eindeutige Rechtsprechung dazu gibt es noch nicht", sagt Heidi Lange. Nach Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale dürfen Kunden jedoch grundsätzlich davon ausgehen, dass die Bausparkasse den Vertrag nicht einfach kündigen kann, solange er nicht erfüllt ist. Erfüllt sei der Vertrag erst, wenn der Bausparer außer dem Recht auf Zinsen und Rückzahlung der Einlage keine anderen Rechte aus dem Vertrag mehr ableiten kann.

Wer die einseitige Kündigung seines Bausparvertrages nicht einfach hinnehmen will, kann sich Rat und Unterstützung bei einem Rechtsanwalt oder bei der Verbraucherzentrale holen. Ausführliche Infos sowie ein Musterbrief, mit dem einer angedrohten oder bereits ausgesprochenen Kündigung widersprochen werden kann, sind unter www.vzsa.de zu finden.