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Floskel oder Möglichkeit „Lass uns Freunde bleiben“: Ist das mit Ex-Partnern möglich?

Ist er ernst gemeint, dieser komische Satz zum Abschied? Fast jeder hat ihn schon gehört – oder selbst gesagt. Aber können einstige Paare wirklich Freunde bleiben? Und wenn, unter welchen Bedingungen?

Von Elena Hartmann, dpa 14.08.2025, 00:05
Ist die Trennung von Schmerz, Wut oder Enttäuschung geprägt, wird es für ein früheres Liebespaar schwierig, danach als Freunde weiterzumachen.
Ist die Trennung von Schmerz, Wut oder Enttäuschung geprägt, wird es für ein früheres Liebespaar schwierig, danach als Freunde weiterzumachen. Maria Diachenko/Westend61/dpa-tmn

Berlin/Bad Wilsnack - Eine Trennung ist meist mit starken Emotionen und Schmerz verbunden. Nicht selten äußern eine oder beide Seiten den Wunsch, Freunde zu bleiben. Für viele klingt das wie ein tröstlicher Kompromiss – besonders bei einem gemeinsamen Freundeskreis oder emotionaler Verbundenheit. Doch ist das realistisch?

Laut der Berliner Paartherapeutin Diana Boettcher ist eine Freundschaft grundsätzlich möglich – abhängig von den Umständen: „Wie die romantische Beziehung verlaufen ist, wie sie geendet hat und wie beide emotional im Hier und Jetzt zueinanderstehen sowie was sie voneinander erwarten.“

Wichtig ist vor allem, dass die romantische Bindung vollständig losgelassen wurde. Wenn die Beziehung abgeschlossen ist, kein Groll oder Hoffnungen mehr bestehen und ein echtes Interesse am anderen bleibt, kann laut Boettcher eine stabile Freundschaft entstehen. Auch die Art der Trennung spiele eine zentrale Rolle.

Trennung im Guten oder im Streit – macht das einen Unterschied?

Ob eine Freundschaft gelingt, hängt für Paartherapeutin Vera Matt aus Bad Wilsnack stark vom Verlauf der Trennung ab. Ist sie von Schmerz, Wut oder Enttäuschung geprägt, wird es schwierig. Zwar wünschen sich viele, in Kontakt zu bleiben, doch sinnvoll ist das nur, wenn beide die Trennung verarbeitet haben – auch im Hinblick auf neue Partner.

Diana Boettcher betont: „Da braucht es wirklich eine gewisse Zeit nach der Trennung, um zu schauen, ob man da überhaupt in eine Freundschaft kommen möchte und kann.“ Wer sich zu früh wieder sieht, riskiert, alte Wunden wieder aufzureißen.

Anders ist es, wenn das Paar sich im Guten getrennt hat: Ohne Groll oder unerledigte Konflikte fällt ein freundschaftlicher Umgang meist leichter. Man begegnet sich mit Wohlwollen, ohne emotional von der Vergangenheit getriggert zu werden – eine wichtige Voraussetzung, so Boettcher.

Emotionale Stolperfallen: Was Freundschaft mit Ex auslösen kann?

Eine Freundschaft mit dem Ex birgt Risiken. Für Vera Matt besteht die Gefahr, dass Gefühle bestehen bleiben, Liebeskummer aufflammt oder die Hoffnung auf ein Liebescomeback entsteht. Dann wird Freundschaft zur Selbsttäuschung – jeder Kontakt reißt Wunden auf. Wer sofort versucht, freundschaftlich verbunden zu bleiben, blockiert oft den nötigen Trauerprozess, so Matt.

Ein weiteres Problem: Die romantische und freundschaftliche Ebene lassen sich selten sauber trennen. Oft greift man – bewusst oder unbewusst – auf vertraute Nähe zurück, etwa indem man den Ex als Trostspender dafür nutzt, über den Schmerz der Trennung hinwegzukommen. Doch genau das funktioniert laut Boettcher nicht. Es braucht gesunde Distanz und die Bereitschaft, Trost und Unterstützung in Bezug auf den Trennungsschmerz bei anderen Freunden zu suchen.

Der Kontakt muss nicht komplett gemieden werden, so Matt, sollte anfangs aber sachlich bleiben. Klare Regeln und offene Kommunikation sind entscheidend.

Was es braucht, damit Freundschaft gelingt

Damit Freundschaft funktioniert, muss die Beziehung verarbeitet sein – ohne romantische oder sexuelle Gefühle und ohne offene Wunden. „Wenn da noch Narben sind, die wehtun, wird man immer wieder daran stoßen“, erklärt Vera Matt. Oft gelingt Freundschaft eher Paaren, die schon vor der Beziehung befreundet waren und nach dem Ende zur platonischen Ebene zurückkehren können, so die Paartherapeutin aus Bad Wilsnack. Ist das nicht der Fall, fehlt meist die freundschaftliche Basis.

Ein ehrlicher Selbstcheck hilft: Besteht wirkliches Interesse – oder nur Gewohnheit? Für Diana Boettcher sollte eine Freundschaft nicht aus alter Vertrautheit entstehen, sondern aus aufrichtiger Wertschätzung für den Menschen selbst - nicht, weil man einmal zusammen war, sondern weil echtes Interesse an der Person besteht.

Auch die Akzeptanz der gemeinsamen Vergangenheit – ohne Groll oder Schuldzuweisungen – ist laut Boettcher eine zentrale Voraussetzung für eine Freundschaft nach der Trennung. Verletzungen gebe es zwar in jeder Beziehung, entscheidend sei jedoch, dass man diese bewusst in der Vergangenheit belässt und ihnen im heutigen Miteinander keinen Raum mehr gibt.

Wichtig ist ein klar platonischer Umgang ohne emotionale Abhängigkeit oder versteckte Hoffnungen. „Es braucht ehrliche Motive, Respekt, Wertschätzung – und klare Regeln, was Freundschaft von Partnerschaft unterscheidet“, erklärt Vera Matt.

Kommunikation und Grenzen – das A und O nach der Trennung

Eine Freundschaft nach der Trennung braucht vor allem eines: offene, ehrliche Kommunikation. Diana Boettcher rät, folgende Fragen gemeinsam zu klären: Wie oft wollen wir Kontakt? Worüber sprechen wir? Was ist zu viel, was zu wenig?

Denn jede Freundschaft habe ihre eigene Dynamik – manche sehen sich regelmäßig, andere nur sporadisch. Gerade nach einer Beziehung mit üblicherweise intensivem Kontakt sei der Übergang oft herausfordernd. Umso wichtiger ist es für die Berliner Therapeutin im Austausch zu bleiben, Bedürfnisse offen anzusprechen und gemeinsame Grenzen zu definieren.

Auch Matt betont: „Es geht nur mit Reden, Reden, Reden. Über Erwartungen, Nähe, Distanz und was die Freundschaft bedeuten soll.“ So lassen sich alte Gefühle, Missverständnisse oder unklare Rollenbilder vermeiden. Regelmäßige „Reality Checks“ helfen laut Matt, ehrlich zu reflektieren, ob der Kontakt guttut – für einen selbst und für die neue Partnerschaft.

Ausprobieren ist okay – Scheitern auch

Freundschaften nach Trennungen sind für Diana Boettcher oft ein Experiment. Manche Menschen passen besser in eine der beiden Rollen – selten in beide. Wichtig sei, ehrlich zu sich selbst zu sein, sich Zeit zu nehmen und zu akzeptieren, wenn eine Freundschaft nicht funktioniert. „Das heißt nicht, dass jemand versagt hat, manchmal passt es einfach nicht“, so Boettcher.

Der Wunsch, Freunde zu bleiben, werde oft romantisiert. Doch Ausprobieren, Grenzen anerkennen und auch ein Scheitern zu akzeptieren, gehört ebenso dazu. Und ist völlig in Ordnung.