Experten beantworten am Volksstimme-Ratgebertelefon Fragen zum Thema Kindergesundheit Nicht jeder Zappelphilipp hat auch ADHS
"Rund um die Kindergesundheit" ging es beim gestrigen Ratgebertelefon der Volksstimme. Hier die meistgestellten Fragen und die Antworten.
Frage: Mein Enkel ist zweieinhalb Jahre alt und will nachts immer alle zweieinhalb Stunden eine Flasche trinken und schreit lange, wenn er die nicht bekommt. Wie können wir ihm das abgewöhnen?
Antwort: Das Abgewöhnen dieser Gewohnheit braucht viel Kraft und Zeit der Eltern und Großeltern - und starke Nerven. Das ist ein langer Prozess, der viel Konsequenz verlangt. Es ist generell immer gut, wenn das Kind bestimmte Rituale vor dem Schlafengehen hat. Auch ein liebgewonnenes Kuscheltier oder Kuscheldecke können dazugehören. Das Kind braucht in seinem Alter nachts keine Flasche mehr, deshalb gehört viel Konsequenz dazu, den Schreien nicht nachzugeben.
Frage: Kann ich jedes Jahr eine Mutter-Kind-Kur beantragen?
Antwort: Nein. Eine Mutter-Kind-Kur kann man nur beantragen, wenn die letzte Kur vier Jahre zurückliegt. Wenn eine Mutter oder ein Kind krank sind und eine Kur brauchen, dann sollte das mit dem behandelnden Ärzten besprochen werden. Wenn diese eine vorzeitige Behandlungsbedürftigkeit bescheinigen, wird der Kur-Antrag auch vorzeitig geprüft. Die Kur-Maßnahmen müssen in jedem Fall medizinisch notwendig sein. Außerdem ist es das Ziel einer Mutter-Kind-Kur, dass die Mütter durch Umstellung von Lebensgewohnheiten ihren besser meistern können.
"Wie lange bekomme ich Krankengeld für meine Tochter?"
Frage: Meine Tochter ist ein Jahr alt. Ich fange im nächsten Monat wieder an Vollzeit zu arbeiten. Wenn mein Kind krank wird, woher bekomme ich das Krankengeld und für wie viele Tage gibt es das?
Antwort: Voraussetzung ist, dass der Elternteil, der mit dem kranken Kind zu Hause bleibt, mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist. Auch das Kind muss gesetzlich versichert sein. Außerdem ist es für die Zahlung wichtig, dass keine andere im Haushalt lebende Person das kranke Kind betreuen kann. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Tarifvertrag eine bezahlte Arbeitsbefreiung bei Erkrankung des Kindes ausschließt. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, bezahlen alle Krankenkassen pro Elternteil zehn Arbeitstage im Kalenderjahr, für Alleinerziehende also 20 Arbeitstage. Die bezahlten Krankentage gibt es für jedes Kind - maximal für 25 Arbeitstage im Jahr. Gezahlt wird nur für Kinder unter zwölf Jahren. Bei Privatversicherten hängt die Zahlung von Kinderkrankengeld von dem geschlossenen Vertrag ab.
Frage: Welche Impfungen sind wirklich wichtig für Kinder und auf welche kann man gegebenenfalls auch verzichten?
Antwort: Wichtig ist nach dem empfohlenen Impfkalender des Robert-Koch Instituts zu impfen. Auskunft darüber gibt das Robert-Koch-Institut (www.rki.de) in Berlin und jeder Kinderarzt. In den Untersuchungsheften, die jedes Kind bekommt, ist ein Impfausweis mit drin. Viele Ärzte vermerken den empfohlenen Impftermin. Es gibt gute Kombinationsimpfstoffe, damit die Kinder nicht zu oft gepikst werden müssen. Diese enthalten Schutz gegen Tetanus, Keuchhusten, Diphtherie, Hämophilus-Bakterien (Hirnhautentzündungen) und Hepatitis B. Außerdem wird gegen Pneumokokken-Erkrankungen und Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und Meningokokken Typ C (Hirnhautentzündung) geimpft. Diese elf Impfungen sollten sein.
Frage: Wann sollte mit Impfungen begonnen werden?
Antwort: Eine frühe Impfung schon im dritten Lebensmonat ist deshalb wichtig, um den jungen Säugling vor Keuchhusten zu schützen. Keuchhusten gehört zu den wenigen Kinderkrankheiten, bei denen junge Säuglinge nicht durch mütterliche Antikörper geschützt sind. Keuchhusten ist für junge Säuglinge besonders gefährlich, da er nicht zu Husten, sondern zu Atemstillstand führt.
Frage: Welche Gefahren gehen von Impfungen aus?
Antwort: Die meisten Kinder entwickeln in den ersten Tagen nach der Impfung Symptome wie Körpertemperaturerhöhung, Unpässlichkeit oder Schlafstörungen. Deshalb empfehlen wir die Impfung in eine Zeit zu legen, in der man sich einige Tage besonders intensiv um sein Kind kümmern kann. Schwerwiegende Komplikationen nach einer Impfung sind wirklich extrem selten, sehr sehr viel seltener als bei einer Erkrankung bei nicht geimpften Kindern.
Frage: Was ist von Windpocken-Partys zu halten?
Antwort: Von diesen Partys, wo sich an Windpocken erkrankte Kinder mit gesunden Mädchen und Jungen treffen, ist nichts zu halten. Wenn ein gesundes Kind sich mit Windpocken ansteckt und nicht geimpft ist, kann es in einzelnen Fällen zu schwerer Hirnhautentzündung kommen. Daraus können Hirnschäden entstehen, die nicht reparabel sind.
Frage: Unter welchen Voraussetzungen verlängert sich der Mutterschutz nach der Geburt von acht auf 12 Wochen?
Antwort: Bei Frühgeburtlichkeit (unter 37 Schwangerschaftswochen), niedrigem Geburtsgewicht (unter 2500 Gramm) oder gleichwertigen Gesundheitsrisiken, die vom behandelnden Frauen- oder Kinderarzt bescheinigt werden, zahlt die Krankenkasse das verlängerte Mutterschaftsgeld.
Frage: Warum nimmt die Krankheit ADHS bei Kindern an Häufigkeit zu und was kann man vorbeugend dagegen machen?
Antwort: Die Diagnosekriterien für ADHS (Zappeligkeit, Tagträumen, Unkonzentriertheit, Ungeschicklichkeit, Stimmungsschwankungen) sind unscharf gefasst, so dass bei entsprechender Erwartungshaltung der Erwachsenen viele Kinder in diesen Topf fallen. Dazu kommt der vermehrte Leistungsstress in Kitas, Schulen und Freizeitgestaltung. Alle genannten Symptome sind nämlich durchaus typisch für das Kindesalter. Vor Stellung der Diagnose und Einleitung einer Therapie sollte genau geprüft werden, ob wirklich ein ADHS vorliegt, ob nicht eher die Umstände als das Kind ungewöhnlich sind oder ob sogar eine kinderneurologische Erkrankung wie zum Beispiel eine Epilepsie vorliegt.
Vorbeugend wirken Absenken der Leistungsanforderungen, ein geregelter Tagesablauf mit konstanten Bezugspersonen, ausreichend Bewegung außerhalb der Wohnung, hinreichend Schlaf, gesunde Ernährung und Reduktion sitzender Freizeitaktivität wie Fernsehen und Computerspiele.
"Mein Kind schielt, was muss ich tun?"
Frage: Wann muss ein ADHS mit Medikamenten behandelt werden?
Antwort: Nur im Ausnahmefalle und begrenzt auf einen vorher festgelegten Zeitraum.
Frage: Meine Tochter (zwei Jahre) ist ständig krank mit Husten, Fieber und Schnupfen, seitdem sie in die Kita geht. Welche Maßnahmen empfehlen sie?
Antwort: Fast immer handelt es sich um die normale Auseinandersetzung mit den zahlreichen Krankheitserregern, meistens Viren, die der Mensch am Lebensanfang durchmachen muss. Zehn Infektionen der oberen Luftwege pro Jahr können durchaus noch normal sein, wenn sie auch zugegebenermaßen lästig sind. Die häufig angebotenen Allergieteste, Antibiotikabehandlungen, Hustenlöser und "Aufbaumedikamente" sind fast nie hilfreich. Geduld, liebevolle Fürsorge, ausreichend Trinken und gesunde Ernährung mit ausreichend Obst und Gemüse nützen am meisten. Wenn eine Bronchitis diagnostiziert wird, helfen Inhalationen mit Kochsalzlösung. Bei hartnäckig sich wiederholenden Mittelohrentzündungen oder Atembehinderung kann auch eine Adenotomie (operative Entfernung der Rachenmandeln) mit und ohne Paukenröhrcheneinlage erwogen werden.
Frage: Mein Mann und ich haben jeweils auf dem linken Auge geschielt und wurden operiert. Bei unserer 18 Monate alten Tochter habe ich jetzt auch einen Schielwinkel festgestellt. Muss sie operiert werden?
Antwort: Wichtig ist zunächst, durch den Augenarzt prüfen zu lassen, ob eine Schielbehandlung durch zeitweises Abdecken des gesunden Auges erforderlich ist, um eine Sehschwäche auf dem betroffenen Auge zu verhindern. In manchen Fällen führt auch schon das Tragen einer Brille zur Beseitigung des Schielens. Eine operative Korrektur kann ggf. später erfolgen, insbesondere auch, wenn das Schielen kosmetisch stört.
Frage: Meine achtjährige Tochter muss eine Brille tragen. Übernimmt die Kosten die Krankenkasse.
Antwort: Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres die Kosten.
Frage: Mein Kind trinkt auffallend viel. Kann es an Diabetes erkrankt sein?
Antwort: Diese Erkrankung muss auf jeden Fall umgehend ausgeschlossen werden. Dazu reicht zunächst einmal die Untersuchung des Urins auf Glukose, was ganz einfach mit einem Teststäbchen durch den Kinderarzt erfolgen kann.