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Sowohl Überlastung als auch Unterforderung können krank machen Rechtzeitig auf die "Nervenbremse" treten

Von Uwe Seidenfaden 23.09.2013, 03:25

Magdeburg l Strategien zur Bewältigung von Stress im Beruf, in der Familie und im schulischen Alltag. Darüber informierten Psychotherapeuten am Sonntag in Magdeburg auf dem Medizinischen Sonntag - einer Gemeinschaftsveranstaltung von Volksstimme, Universitätsklinikum und Urania.

Geliebt und anerkannt zu werden, gehört zu den normalen, angeborenen Wünschen jedes Menschen. Wer sich psychisch und körperlich nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen kann, hat meist die schlechteren Chanchen beim beruflichen Aufstieg. Für die Gescheiterten hat die Medizin einen eigenen Begriff geschaffen: Burn-out. Das klingt besser als die medizinische Diagnose Depression, denn wer "ausgebrannt" (burn-out) ist, der hat zumindest das Beste gegeben.

"Nicht nur Berufstätige können unter Dauerstress geraten", sagt Professor Jörg Frommer, Leiter der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Auch wer ungewollt arbeitslos ist, immer wieder Ablehnungen auf Bewerbungen erhält, keinen Rückhalt in der Familie oder von guten Freunden hat, kann unter psychischem Stress leiden. Die Folge können Depressionen bis hin zu Selbstmordversuchen sein. Die Gründe herauszufinden und Therapien zu erarbeiten, erfordert eine individuelle Herangehensweise. Mitunter liegen die Ursachen in Konflikten während der Kindheit und Jugend, so Professor Frommer.

Manche Kinder versuchen, die Probleme durch einen starken Willen bis hin zur Perfektion zu kompensieren. Soweit möglich, sollten in die Behandlung psychisch auffälliger Kinder die Eltern einzubezogen werden, rät Professor Hans-Henning Flechtner, Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin des Kindes- und Jugendalters.

Manchmal helfen einfache Regeln, um die "Nervosität" zu bekämpfen und den Stress in den Griff zu bekommen: So sollte man beispielsweise einen möglichst festen Plan für den Tages- und Wochenablauf erarbeiten und versuchen, ihn auch einzuhalten. Das vermindert die vermeidbare Hektik. Ebenso ratsam ist es, in den Tagesablauf Erholungszeiten (Pausen) einzubauen. Alkohol und Zigaretten sind allerdings keine geeigneten "Beruhigungs- oder Stimulationsmittel". Gerade Büroarbeiter sollten ihre freie Zeit mit sportlichen Tätigkeiten wie Spaziergängen, Joggen, Schwimmen oder Radfahren ausfüllen. Gleiches gilt auch für das autogene Training, Yoga und dergleichen, denn wer entspannt die Dinge anpackt, der kommt auch weniger gestresst durch den Tag.

Patienten, die sehr tief in der Stressfalle stecken und Depressions- oder Suchtsymptome zeigen, brauchen professionelle Hilfe von Ärzten und Psychotherapeuten. Die psychotherapeutischen Behandlungen zielen prinzipiell darauf ab, dass die Patienten lernen, mit dem Stress besser umzugehen. Manchmal können die Therapien eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Obwohl die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für psychotherapeutische Gesprächs- und Verhaltenstherapien approbierter Psychotherapeuten übernehmen, kann es doch mehrere Wochen dauern, bis Patienten in entsprechende Therapiekurse aufgenommen werden. Sinnvoll ist nach Auskunft der Referenten, sich vom Hausarzt eine Überweisung zu einem Psychotherapeuten geben zu lassen. Bei noch nicht volljährigen Patienten raten die Referenten zu Überweisungen durch den Kinderarzt.

Die Vorträge können im Internet eingesehen werden unter www.med.uni-magdeburg.de/Medizinischer_Sonntag.html.