Magdeburger Arzt entwickelt gemeinsam mit Experten europäische Leitlinie für die Behandlung So kann man Darmkrebs vorbeugen
Für eine europaweite Verbesserung der Diagnostik und Behandlung von Darmkrebs setzt sich ein polnischer Chirurg ein. Dr. Pawel Mroczkowski ist Oberarzt an der Magdeburger Uniklinik für Chirurgie.
Magdeburg l Etwa 50000 Menschen - doppelt so viele wie die Kreisstadt Burg Einwohner hat - erkranken Jahr für Jahr an Darmkrebs. Oftmals entsteht der Tumor aus zunächst noch gutartigen Krebsvorstufen, den sogenannten Polypen. Sie können im Rahmen einer Darmspiegelung erkannt und direkt entfernt werden.
Die Maßnahme dient der Krebsvorsorge. "Leider machen hierzulande nur wenige der über 55-Jährigen vom Angebot der kostenlosen Früherkennungsuntersuchung Gebrauch", so Dr. Kerstin Schütte, Oberärztin an der Universitätsklinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie in Magdeburg.
Ängste vor den möglichen Schmerzen muss eigentlich niemand haben. In der Klinik wird die Untersuchung, wenn vom Patienten gewünscht, auch unter Narkose durchgeführt. Ist das Ergebnis negativ, wird eine Wiederholung der Koloskopie erst nach zehn Jahren empfohlen. Der Grund: Darmpolypen benötigen in der Regel viel Zeit, bevor aus ihnen ein Tumor entsteht. Werden während der Koloskopie Polypen entdeckt und abgetragen oder besteht eine familiäre Veranlagung zum Darmkrebs, empfehlen die Ärzte Nachkontrollen in kürzeren Zeitintervallen.
Blut im Stuhl, Veränderungen der Stuhlgewohnheiten, ein unklarer Gewichtsverlust oder Schmerzen im Bauch können auf eine bösartige Tumorerkrankung hinweisen. Insbesondere das Auftreten von Blut im Stuhl sollte zu einer Darmspiegelung auch schon vor dem 55. Lebensjahr Anlass geben.
Umfangreiche Untersuchungen zur Beurteilung der Ausdehnung
Bei der Diagnose Darmkrebs werden zunächst Untersuchungen zur Beurteilung der Tumor- ausdehnung durchgeführt. Bei einer in der Regel erforderlichen Operation versuchen die Chirurgen so zu operieren, dass der Tumor mit möglichst geringen Nebenwirkungen entfernt wird. Das betroffene Darmstück mit dazugehörigem Lymphabfluss wird herausoperiert und die beiden gesunden Darmenden verbunden. Auch wenn der Tumor im Bereich des Enddarms liegt, kann oft den Patienten ein dauerhafter künstlicher Darmausgang erspart werden. Durch eine Vorbehandlung mit krebswachstumshemmenden Medikamenten (Chemotherapie) oder einer Bestrahlung von außen in Kombination mit einer Chemotherapie lassen sich manchmal auch Tumore, die für eine schonende Operation zu groß sind, vor dem chirurgischen Eingriff stark verkleinern. In etwa 80 Prozent der Fälle kann der vorrübergehende künstliche Darmausgang nach etwa drei Monaten zurückverlegt werden. Diesen Frauen und Männern ist danach wieder eine Stuhlentleerung auf natürlichem Wege möglich.
Bei etwa 20 Prozent der Patienten, insbesondere mit Vorschädigungen der Schließmuskelfunktion, gelingt das jedoch nicht, schränkt Privatdozent Dr. Pawel Mroczkowski, Oberarzt an der Magdeburger Universitätsklinik für Chirurgie, Viszeralchirurg und Proktologe, ein. "Mit einem künstlichen Darmausgang (Stoma) zu leben, klingt auf den ersten Blick für viele schrecklich, doch die meisten können auch damit wieder am Leben teilnehmen."
Dr. Mroczkowski ist einer von 30 internationalen Experten, die eine neue europäische Leitlinie zur Behandlung des End- und Dickdarmkrebses entwickelten. Dabei handelt es sich um Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie, die europaweit beachtet werden sollten. Nur in Ausnahmefällen sollten Ärzte davon abweichen. In der Leitlinie festgelegt ist eine obligatorische Kernspin- untersuchung (MRT), um die lokale Ausdehnung eines Tumors genau beurteilen zu können. "So kann zuverlässig entschieden werden, welcher Patient zusätzlich zur Operation eine Bestrahlung und Chemotherapie braucht, und wann darauf verzichtet werden kann", erklärt Mroczkowski.
Sind lediglich die nächstgelegenen Lymphknoten befallen, bestehen gute Heilungsaussichten Auch bei Fernmetastasen in der Leber kann eine Heilung durch Entfernung des Tumors und der Absiedelungen in der Leber noch möglich sein. Gelegentlich kann das aber erst nach Durchführung einer Chemotherapie beurteilt werden.
Wenn die Absiedelungen des Tumors auch nach einer Vorbehandlung nicht durch eine Operation entfernbar erscheinen, kommt eine Chemotherapie, häufig in Kombination mit neuen zielgerichteten Substanzen, zum Einsatz, um die Überlebenszeit zu verlängern und gleichzeitig die Lebensqualität zu erhalten. Auch lokale Therapiemaßnahmen, wie die Zerstörung von Tumorgewebe durch Hochfrequenzstrom oder Bestrahlung über einen durch die Haut eingebrachten Katheter, haben heute ihren Stellenwert in der Behandlung bei Dickdarmkrebs, sofern eine chirurgische Sanierung nicht mehr in Frage kommt, erklärt der Mediziner.