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Fall 2: Versicherung kündigt ihrem Kunden nach mehrfacher Inanspruchnahme von Leistungen Sonderkündigungsrecht gilt auch für Versicherer

12.09.2011, 04:49

Mit einer im Jahre 1953 abgeschlossenen Unfallversicherung glaubte Otto Beck aus Blankenburg für immer gut versichert zu sein. Stets hatte er seine Beiträge ordentlich bezahlt, und nach Unfällen war die Versicherung für entstandenen Schaden bzw. Unkosten eingetreten.

Von Emmi Schulze

Nach der Vereinigung beider deutscher Staaten übernahm die Allianz seine Versicherung. Und diese kündigte dem inzwischen 85-Jährigen, nachdem er in den vergangenen Jahren mehrere Unfälle hatte und die Versicherung mehrmals in Anspruch nehmen musste. "Alle meine Widersprüche wurden abgelehnt. Die Allianz blieb bei ihrer Kündigung", schrieb er uns.

Außerdem schrieb er, dass er erst jetzt darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Personen ab dem Alter von 79 Jahren in keiner Versicherung mehr aufgenommen würden. Das stehe im Kleingedruckten.

Stimmt diese Meinung, ist das Verhalten der Allianz rechtens? Wir wandten uns deshalb an die Verbraucherzentrale Magdeburg und erfuhren, dass es leider häufiger vorkommt, dass Versicherungen eine Altersbegrenzung anwenden. "Viele Versicherungsbedingungen sehen tatsächlich eine Altersbegrenzung vor", heißt es in dem Schreiben, "das betrifft insbesondere Unfallversicherungen, aber auch Auslandsreisekrankenversicherungen."

Es gibt hier einmal die Möglichkeit einer Aufnahmegrenze für einen Neuabschluss, aber auch eine Höchstgrenze für die Gültigkeitsdauer, das heißt, die Versicherung läuft nur bis zu einem bestimmten Höchstalter. Das können die Versicherungen nach eigenem Ermessen in ihren Bedingungen regeln.

Spezielle Tarife für Senioren

Im Fall unseres Lesers erfolgte die Kündigung wegen der mehrfachen Inanspruchnahme der Versicherung. Dazu schreibt uns die Verbraucherzentrale, sie stelle immer öfter fest, dass sich Versicherer von ihren Kunden trennen, wenn diese nach ihrer Meinung zu oft Leistungen beanspruchen. "Das ist aus unserer Sicht nicht verbraucherfreundlich, aus Sicht des Unternehmers aber rechtens." Denn: so wie der Versicherungsnehmer im Schadensfall ein Sonderkündigungsrecht habe, so gelte das auch für den Versicherer.

Es gibt hier auch nicht die Möglichkeit, den Versicherer zum Abschluss eines Vertrages zu zwingen. Der Kunde muss dann versuchen, einen (meist teureren) Spezial-Senioren-Tarif zu bekommen oder sich bei anderen Versicherern informieren. "Wir haben hier bei einer Recherche gerade mal zwei (!) Versicherungen gefunden", schreibt die Verbraucherzentrale, "die Kunden über 80 versichern würden." Allerdings gehörten Unfallversicherungen für Ältere nicht zu den zwingend existenzsichernden Versicherungen. Hier sollte man den individuellen Bedarf berücksichtigen. Wer noch sehr aktiv ist, Sport treibt oder im Garten auf Leitern klettert, für den ist eine solche Versicherung zu empfehlen. Auch berücksichtigen Versicherer Vorerkrankungen und zahlen oft nur ganz geringe Versicherungssummen. Manche Tarife versprechen auch mehr, als sie im Schadensfall tatsächlich leisten.

Verbraucher, die Hilfe benötigen, so heißt es in dem Brief der Verbraucherzentrale, können eine individuelle Beratung zu Versicherungen in den Beratungsstellen in Halle, Dessau und Magdeburg in Anspruch nehmen.