Bei kleinen Kindern sollte auf diesen Schmuck verzichten werden / Nabel-Piercings erst ab 16 Stechen von Ohrlöchern birgt Risiken
Kleine bunte Stecker, Sterne oder Blumen schmücken oft schon die Ohrläppchen von Kindern. Das Durchstechen der Löcher ist allerdings eine Verletzung, die auch so behandelt werden muss.
Freiburg/Wiesbaden (dapd) l Mal finden die Eltern den Ohrschmuck hübsch und entscheiden für ihre Kinder, mal bitten zumeist kleine Mädchen ihre Eltern so lange, bis die schließlich nachgeben. "Die Ohrlöcher sind bei uns ja fast schon so etwas wie eine kulturelle Frage", sagt Professor Roland Laszig, Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik in Freiburg im Breisgau. Aber der Zweifel schwingt immer mit, ob die Entscheidung für das Durchstechen des Ohres für Kinder wirklich richtig ist. Schließlich sind alle anderen Piercings beispielsweise im Bauchnabel oder in der Nase erst ab 16 Jahren erlaubt - auch mit der Einverständniserklärung der Eltern geht es nicht früher. Nur für Löcher im Ohrläppchen gibt es kein Mindestalter.
Alles muss steril sein
"Man setzt mit dem Ohrlochstechen eine Verletzung und man sollte sich schon fragen, ob es das wert ist", sagt Hals-Nasen-Ohren-Arzt Laszig. Denn jede Verletzung könne sich entzünden und Narben könnten entstehen, die dann am Ohrläppchen eigentlich immer sichtbar seien. "Das Ohrlochstechen kann für Kinder nicht empfohlen werden, aber es wird toleriert", sagt Laszig. "Ich rate aber zu einem Ohrclip, das sieht genau so hübsch aus, ist aber völlig risikofrei."
Wenn es aber nun doch das Ohrloch sein soll, rät Laszig davon ab, mit Kindern in ein Piercing-Studio oder zum Juwelier zu gehen. "Die Ohrlöcher sollten immer unter sterilen Bedingungen beim HNO-Arzt gesetzt werden", so Laszig. Der HNO-Arzt verwende eine sterile Einmalnadel zum Durchstechen des Ohrläppchens und wisse genau, dass nicht durch den Knorpel gestochen werden dürfe. Da das eine rein kosmetische Leistung sei, übernehmen die Krankenkassen die Kosten von zirka 40 Euro nicht. Auch der Wiesbadener Allergologe Professor Ludger Klimek vom Zentrum für Rhinologie und Allergologie rät, beim Stechen der Ohrlöcher exakt auf die notwendige Hygiene zu achten, und da sei man am besten bei einem HNO-Facharzt aufgehoben.
Beim Juwelier oder auch im Piercing-Studio würden die Ohrlöcher in der Regel mit einer Ohrlochpistole geschossen - das sei zwar die gängigste Methode, aber nicht empfehlenswert. "Die Ohrlochpistolen sind nicht zu sterilisieren und die hier verwendeten Ohrsteckerchen sind deutlich stumpfer als die Einmalnadel des HNO-Artzes", erklärt Laszig. Es werde mit dieser Methode mehr Gewebe geschädigt, es tut mehr weh, das Ohr schwelle deutlich mehr an und die Heilung dauere länger als beim Stechen mit der sterilen Nadel.
Das Ohrlochstechen ist laut Klimek nicht risikofrei, selbst wenn es bei einem HNO-Arzt durchgeführt wird. Rein allergologisch betrachtet komme es zwar weniger auf das Alter des Kindes als auf die verwendeten Materialien und die Umstände des Anlegens der Ohrlöcher an. "Doch das Sensibilisierungsrisiko, also die Allergie-Entstehung, ist immer gegeben", sagt der Allergologe. "Generell gilt: je hochwertiger die Materialien sind, desto geringer ist das Risiko für allergische Reaktionen." Am höchsten sei das Allergie-Risiko bei allen Metallen, die Nickel enthielten. Legierungen aus verschiedenen Metallen seien ohnehin eher ungünstig.
Treten nach dem Ohrlochstechen entzündliche Schwellungen, Rötungen des Ohrläppchens, Juckreiz, gelbliches Sekret oder gelbe Krusten auf, sei das oft ein Zeichen für Infektionen oder Allergien. Bei diesen Symptomen sollte man zum Arzt gehen. Andernfalls könnten Narben und sogar wulstige Narben-Keloide, dicke und rote Narbenwucherungen, entstehen. "Das Ohrläppchen und die Ohrmuschel können einreißen und bleibende Löcher entstehen", so Klimek. Am schlimmsten sei eine Knorpelentzündung, da dann das gesamte äußere Ohr verformen könne - bis hin zum völligen Verlust der Ohrmuschelform.