„Aus Angst vor einem Infarkt verzichten viele Patienten sogar völlig auf Intimitäten“, sagt Dr. Philipp Nikolai, Oberarzt der Abteilung für Kardiologie am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus. „Doch die Sorge ist in den meisten Fällen unbegründet.“
Fakt ist: Während des Liebesspiels steigen Blutdruck und Herzfrequenz an. Jedoch ist die Belastung nicht so hoch, wie viele Patienten befürchten. „Eine erhöhte Herzfrequenz kann auch bei zügigem Gehen oder Walken erreicht werden.“ Die Gefahr, dass das Pumporgan Schaden nimmt, ist gering: „Weniger als ein Prozent aller Fälle von Herzinfarkt und plötzlichem Herztod treten während des Geschlechtsaktes auf.“ Ein erster Schritt kann auch eine zärtliche Begegnung sein, um sich dann weiter voranzutasten.
„Menschen mit einer Herzschwäche, z. B. einer Herzklappenerkrankung sollen ihren Alltag normal meistern können, ohne Angst vor negativen Folgen“, sagt Dr. Nikolai. „Dazu gehört auch ein erfülltes Sexualleben.“ Voraussetzung: Der Zustand des Patienten sollte stabil sein und die Erkrankung optimal behandelt werden. Bei der Therapie von z. B. einem Herzklappenfehler wie der Mitralinsuffizienz, der Aortenklappeninsuffizienz oder der Trikuspidalklappeninsuffizienz kommen die Einnahme von Medikamenten, eine Operation oder auch minimalinvasive Eingriffe infrage.
Sind Patienten unsicher, welche Belastungen sie ihrem Herzen zumuten können, sollten sie ihren behandelten Arzt offen darauf ansprechen – auch, wenn es um ihr Liebesleben geht. „Sie sollten keine Hemmungen haben, intime Fragen mit ihrem Arzt zu besprechen. Er kennt sich mit allen Belangen des Körpers gut aus und empfindet dies nicht als Tabuthema.“ In manchen Fällen empfiehlt der Experte dem Patienten einen Belastungstest, um dessen generelle Fitness besser einschätzen zu können. „Nur sehr wenigen raten wir danach zur Enthaltsamkeit.“
Wichtig ist, dass sich Patienten und ihre Partner im Schlafzimmer nicht unter Druck setzen und es langsam angehen lassen. Grundsätzlich gilt: Je besser das Herz-Kreislauf-System trainiert wird, desto höher ist die körperliche Belastungsfähigkeit. Diese kann das Risiko für Komplikationen senken – auch beim Liebesspiel. „Gezieltes Ausdauertraining, zum Beispiel in einer Herzsportgruppe, kann zu einem erfüllten Sexualleben beitragen“, so Dr. Nikolai. Walken oder Yoga können ebenfalls förderlich sein.
Weitere Informationen zum Thema Herzklappenfehler und Therapieoptionen finden Sie unter dem weiterführenden Link.
www.herzklappenhilfe.de