Volksstimme-Serie " Mein Garten – meine Welt " / Teil 27 : Junge Leute bewirtschaften eine Streuobstwiese in Magdeburg Und plötzlich sind alle Früchte reif
Auch junge Leute wollen mal dem Großstadttrubel entfliehen und sehnen sich nach einem " Stück " Garten Eden. Wo aber ist das zu finden ? Manchmal liegt die Antwort näher als gedacht.
Magdeburg. Eine grüne Oase inmitten der Landeshauptstadt. Ein Ort, an den man sich zurückziehen kann, wenn der Großstadtlärm auf die Seele drückt – ein Wunsch, der bei meinen Freunden und mir zunehmend wuchs. Eine Zeit lang fuhren wir abends in Richtung Biederitz an die Ehle. Doch für ein paar ungestörte Stunden schien der Weg auf Dauer zu weit und aufwändig. Die Grünflächen im Stadt- und Herrenkrug-Park alternativ zu nutzen, stellte uns auch nicht wirklich zufrieden. Nur selten war dort ein ruhiges Plätzchen zu finden. Ein Kleingarten kam aufgrund der Reglementierungen nicht in Frage. Für junge Menschen, die auch gern mal in großen Gruppen beieinandersitzen, scheinen sie ungeeignet. Andere Gartenbesitzer könnten sich gestört fühlen. Wo sollte also der Ort, an dem junge Menschen Ruhe haben, zu finden sein ?
Die Antwort bekamen wir aus den eigenen Reihen. Ein brachliegendes Grundstück aus Familienbesitz meines Freundes offenbarte sich als grandioser Glückstreffer. Die Sache hatte nur einen Haken : Das Grundstück ist riesig. " Das Gelände misst etwa einen halben Hektar. Das ist viel zu groß für euch. " Die Worte der Grundstückseigentümerin habe ich noch heute im Ohr. Wie Recht sie damals hatte. Denn bei aller Euphorie über das Stück Land, auf dem wir schalten und walten können, bedachten wir nicht, dass es auch mit viel Arbeit verbunden ist. Als " Opfer " des jugendlichnaiven Enthusiasmus ‘ dominierte die Überzeugung, dass das schon irgendwie zu bewältigen sei. Ein bisschen Rasen mähen, ein bisschen aufräumen, ein bisschen Gemüse anpflanzen und schon ist es da, das Gartenparadies inmitten der Landeshauptstadt. Doch weit gefehlt. Mit " ein bisschen " war hier nichts gemacht.
Das Grundstück misst etwa zweihundert Meter in der Länge. Ist der Rasen an einem Ende des Grundstücks gemäht, kann am anderen sogleich wieder begonnen werden. Da es weder Wasser noch Strom gibt, müssen wir auch mal auf traditionelle Sensen zurückgereifen.
Liebevoll angelegte Gemüsebeete werden, schneller als sie angelegt wurden, vom Unkraut in Beschlag genommen. Auch das " bisschen " Aufräumen entpuppte sich als Sisyphus-Aufgabe. Je tiefer wir in die Materie eintauchten, desto mehr Müll kam zutage. Das Gelände
lag schließlich 20 Jahre
brach.
Das Grundstück, eine Obstwiese, liegt elbnah im Süden Magdeburgs. Die " Ranch ", wie wir sie liebevoll nennen, wurde viele Jahre vom Großvater meines Freundes bewirtschaftet – Äpfel, Birnen, Kirschen. Alles in Massen. Damals kümmerte er sich täglich um das Stück Land. Für uns dagegen bleibt berufsbedingt nur wenig Zeit zum Hobbygärtnern.
Was also tun ? Der Tipp eines Bekannten, das Grundstück anstelle einer arbeitsaufwändigen Plantage als Streuobstwiese zu bewirtschaften, präsentierte sich als ideale Lösung. Eine Streuobstwiese ist das Gegenteil einer Plantage. Auf einer Obstplantage stehen die Bäume, zumeist einer Sorte, in Reih ‘ und Glied. Sie sind nicht hochgewachsen, sodass sie ohne großen Aufwand maschinell abgeerntet werden können.
Bei einer Streuobstwiese dagegen stehen Apfel- neben Birnbäumen und am Rande ist ein Holunder- oder Hagebuttenstrauch. Der Untergrund ist mit verschiedenen Gräsern und anderen wild gewachsenen Pflanzenarten bedeckt. Auf Streuobstwiesen findet in der Regel eine landwirtschaftliche Mehrfachnutzung einer Fläche statt : Sie dienen der Obsterzeugung, werden als Mähwiese zur Heugewinnung, als Viehweide und auch zur Imkerei genutzt. Eine Streuobstwiese ist also in erster Linie eine naturbelassene, extensiv bewirtschaftete Obstwiese. Das heißt, dass auf Spritzmittel und Kunstdünger gänzlich verzichtet wird. Als natürlicher Dünger dienen lediglich die Blätter der Obstbäume, die nach dem Fall liegen gelassen werden. Eine Streuobstwiese wird zudem nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht – ideal für jene,
die wenig Zeit mitbringen.
Ein wenig Pflege benötigt
sie dennoch. Hier werden alle
Freunde einbezogen. Etwa zweimal im Jahr wird zum großen Arbeitseinsatz gerufen. Dann heißt es von vorn bis hinten aufräumen, mähen und pflegen. Die Belohnung : Grillabende mit Lagerfeuer und Gitarrenmusik vor traumhafter Naturkulisse. Außerdem können sich alle am Ertrag der Streuobstwiese bedienen. Dennoch – jeder Hobbygärtner kennt das Problem – es ist scheinbar immer alles zur gleichen Zeit reif und es gibt jede Menge Obst. Doch was damit machen ? Irgendwann winken selbst die Freunde die Obst-Geschenke ab.
Eine gute Alternative bieten da die Mostereien des Landes. Hier kann das Obst abgegeben werden. Im Gegenzug dazu erhält man frischen Saft zum günstigen Preis. Einziges Manko : Der Saft wird zunächst nicht aus den eigenen Äpfeln gepresst. Ob Bio- oder gespritzte Äpfel, ob zum richtigen Zeitpunkt gepflückt oder überreif – es ist reine Glückssache, welches Obst in der eigenen Flasche landet. Schmecken tut es jedoch immer.
Lesen Sie am Montag den 28. Teil der Volksstimme-Gartenserie " Hartz-IV-Empfänger gärtnern für die Salzwedler Tafel ".
Streuobstwiesen :
• Informationsmaterial des Naturschutzbundes : Postalisch : NABU-Streuobst-Materialversand, c / o Naturpädagogischer Buchversand, Hochwiesenweg 40, 73733 Esslingen ; Telefonisch : ( 0711 ) 31 08 08 4 ; Internet : www. nabu. de / themen / streuobst
• Förderprogramm für Streuobstwiesen : Förderprogramm für Vertragsnaturschutz ; Informationen und Antrag beim Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten ; Im Internet unter : www. sachsen-anhalt. de / LPSA / index. php ? id = 1865
* Mostereien ( Auswahl ) :
• Mobile Mosterei, Matthias Konschak, Dorfplatz 12, 06188 Brachstedt, Telefon : ( 0179 ) 45 73 40 5, Info @ mobile-mosterei. de
• Mobile Mosterei des NABU Buch, Zentrum für Ökologie, Natur- und Umweltschutz ( ZÖNU ), NABUElbehof, Uta Neuhäuser Querstraße 22, 39512 Buch, ( 039362 ) 81 67 3
• Stefan Schulz Diesdorfer Mosterei, Bergstr. 1, 29413 Diesdorf, Telefon : ( 03902 ) 31 7 Nebenannahmestellen : Stendal, Kalbe, Klötze, Arendsee, Gardelegen, Salzwedel, Seehausen, Meseberg, Seetz ; weitere Informationen unter : www. diesdorfer. de
• Natho ‘ s Säfte GmbH, Süßmostkelterei, Haptannahmestelle : Krumme Straße 33, 39221 Welsleben, Telefon : ( 039296 ) 20 23 3 Nebenannahmestellen : Barneberg, Bernburg, Emersleben, Gröbzig, Gröningen, Königsborn, Leitzkau, Magdeburg Diesdorf, Magdeburg Pechau, Sachsendorf ; weitere Informationen unter : www. natho-saefte. de