Jahreswechsel Warum gute Vorsätze so oft scheitern
Neujahrsvorsätze werden schnell gefasst - und ebenso schnell wieder aufgegeben. Wieso eigentlich? Psychologen habe eine Erklärung.
Bremen (dpa) - Jedes Jahr zu Silvester fassen wir aufs Neue gute Vorsätze: Mehr Sport, gesünder essen, mehr Zeit für Freunde und Familie. Aber bei vielen Menschen wird dann doch nichts draus - der innere Schweinehund ist einfach stärker.
"Unser Gehirn ist auf Gewohnheitsbildung trainiert", sagt der Berliner Psychoanalytiker Hans-Werner Rückert. Wer den alltäglichen Trott durchbrechen will, muss sich anstrengen.
Geht es allen Menschen so?
Gute Vorsätze nicht durchzuhalten, ist sehr menschlich. Das beweist auch ein Blick auf die Geschichte: "Menschen nehmen sich seit jeher etwas vor und scheitern daran", sagt die Gesundheitspsychologin Sonia Lippke von der Bremer Jacobs University. Davon habe schon Aristoteles vor mehr als 2000 Jahren berichtet. "Studien zeigen, dass nur 30 Prozent der Vorsätze eine realistische Chance haben, sich zu verstetigen." Nach drei Wochen geben die ersten ihre Pläne schon wieder auf. Nach einem halben Jahr ist nur noch die Hälfte dabei.
Wieso ist das so schwer?
Viele Menschen machen sich vorher keine Gedanken darüber, welche Folgen ein Lebenswandel hat und was sie unternehmen, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Rückert räumt guten Vorsätzen zum neuen Jahr deshalb keine großen Chancen ein. "Das ist wie ein Ritual - quasi das Bleigießen für die Seele." Ähnlich sieht es auch der Psychologe Frank Wieber von der Universität Konstanz. "Am Ende des Jahres wird Resümee gezogen, und man fühlt sich verpflichtet einen Vorsatz zu fassen. Wenn man nicht wirklich dahinter steht, scheitert man."
Wieso fassen wir dann immer wieder Vorsätze fürs neue Jahr?
Generell mögen Menschen Stichtage für einen Neuanfang: den Jahreswechsel, den Geburtstag oder den Wochenanfang. "Suchanfragen bei Google zum Rauchenaufhören steigen am Montag", sagt Wieber.
Wie schafft man es, einen guten Vorsatz durchzuhalten?
Wieber empfiehlt eine Methode, die in der Wissenschaft mentales Kontrastieren mit Wenn-dann-Plänen oder WOOP heißt. Dabei nimmt man sich erstens ein Ziel für einen konkreten Zeitraum vor und stellt sich zweitens die schönsten Ergebnisse vor, sollte sich das erfüllen. In einem dritten Schritt überlegt man, was einen davon abhalten könnte. Danach legt man fest, wie man auf diese Hindernisse reagiert.
Den Erfolg der Methode hat Wieber mit Kollegen in einer Studie mit Menschen erforscht, die weniger Fleisch essen wollten. Zu Beginn informierte das Team diese über die negativen Folgen von übermäßigem Fleischkonsum. Ein Teil der Untersuchungsteilnehmer nutzte die oben genannte Methode. Das Ergebnis: Ihnen fiel es leichter, ihr Ziel in die Tat umzusetzen als den anderen Teilnehmern.
Was sollte man dabei beachten?
Die Strategie, wie man seine Vorsätze erreichen will, schreibt man nach Ansicht von Rückert am besten ganz altmodisch mit einem Stift auf ein Blatt Papier. "Es ist neurologisch erwiesen, dass das Gehirn mehr Areale aktiviert, wenn man mit der Hand schreibt als wenn man tippt", sagt der Psychoanalytiker. "Dadurch entsteht ein komplexeres Konstrukt."
Wie schafft man es, dran zu bleiben?
Neben einem guten Plan erhöhe Flexibilität die Aussichten auf Erfolg, hat Lippke festgestellt, die seit 20 Jahren zu Verhaltensveränderungen forscht. Sprich: Wenn es zum Beispiel zu stark schneit, um zu joggen, geht man alternativ auf den Heimtrainer oder ins Schwimmbad. "Sonst macht der innere Schweinehund sofort einen Strich durch die Rechnung."