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Experten beantworteten im Volksstimme-Telefonforum Fragen zu demenziellen Erkrankungen Wenn der Körper den Geist überlebt

06.06.2012, 03:22

Vier Experten und jede Menge Fragen der Leser gestern beim Volksstimme-Telefonforum zu Alzheimer-Erkrankungen. Die meistgestellten Fragen und Antworten haben wir zusammengefasst.

Frage: Wie viele Menschen sind an einer Demenz erkrankt?

Antwort: Deutschlandweit sind es mehr als zwei Millionen Menschen, die Tendenz ist steigend. Je älter wir als Generation werden, je häufiger könnten wir selbst erkranken oder auch uns nahestehende Personen. Rechnerisch liegt die Bestandsrate mittelschwerer bis schwerer Demenzen in der Altersgruppe ü¨ber 65 Lebensjahre derzeit in Magdeburg bei rund 3400 Erkrankten und wird bis zum Jahr 2020 voraus- sichtlich auf nahezu 4300 Betroffene ansteigen.Wichtig ist, dass sich Betroffene und deren Angehörige Hilfe suchen, sich nicht davor scheuen, mit der Erkrankung offen umzugehen. Zum Tabuisieren besteht kein Grund.

Frage: Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?

Antwort: Demenz bezeichnet das allgemeine Krankheitsbild und Alzheimer ist die häufigste Ursache von Demenz.

Frage: Ich bin 69 Jahre alt und vergesse oft, wo ich meinen Autoschlüssel hingelegt habe. Ist das schon ein Anzeichen einer Demenz-Erkrankung?

Antwort: Jeder verlegt mal etwas. Das ist kein generelles Anzeichen für eine Erkrankung. Sollten diese Schusseligkeiten allerdings über das normale Maß hinausgehen, sollten Sie einen Arzt konsultieren.

"Der beste Schutz ist eine gesunde Lebensweise."

Frage: Meine Mutter hatte Alzheimer. Ich fürchte mich vor dieser Krankheit und möchte mich deshalb untersuchen lassen. Was wird mit mir konkret gemacht?

Antwort: Zunächst sollten Sie Ihren Hausarzt konsultieren. Eine weitere Abklärung erfolgt beim Nervenarzt. Dort erfolgt ein intensiver Gedächtnistest. Danach wird das Gehirn mit moderner Bildgebung (MRT oder CT) untersucht. In spezialisierten Einrichtungen kann auch die Nervenwasseruntersuchung erfolgen. Dabei wird am Rücken Wasser entnommen - das ist ein risikoloser und auch nicht schmerzhafter Eingriff. Sollte sich die Diagnose Alzheimer bestätigen, muss die Krankheit behandelt werden.

Frage: Mein Mann leidet seit Jahren an Alzheimer. Er muss Neuroleptika einnehmen. Ist das die richtige Behandlung?

Antwort: Die Neuroleptika fangen die negativen Symptome wie Unruhe, Aggressivität und Schlaf-umkehr ab. Für die Besserung der geistigen Fähigkeiten werden andere Medikamente eingesetzt, beispielsweise Exelon oder auch Aricept.

Frage: Mein Bekannter hat Gedächtnisstörungen und sein Geruchssinn hat in den vergangenen Jahren nach meinen Erfahrungen nachgelassen. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass er den Essenduft schlechter riecht. Hängen die beiden Störungen zusammen?

Antwort: Die Störung des Geruchssinns stellt in der Tat eine frühe Einbuße bei Alzheimer/Demenz dar. Deshalb untersuchen wir in der Neurologie an der Universitätsklinik in Magdeburg routinemäßig den Geruchssinn unserer Patienten.

Frage: Was ist der beste Schutz vor Alzheimer?

Antwort: Einen generellen Schutz gibt es leider nicht. Man sollte sein ganzes Leben lang gesund sowie sportlich und geistig aktiv sein und auch ernährungsbewusst leben, um Demenz-Erkrankungen vorzubeugen.

"Mit der Wahrheit überfordert man Demente."

Frage: Ich habe gehört, dass Wissenschaftler in Halle an der Saale einen neuen Ansatz für die Bekämpfung von Alzheimer gefunden haben. Wie lange wird es noch dauern, bis wirksame Medikamente Betroffenen zur Verfügung stehen?

Antwort: Niemand möchte falsche Hoffnungen auf einen schnellen Erfolg wecken. Bis zu einem erprobten und wirksamen Medikament können noch Jahre vergehen.

Frage: Ich wohne in Magdeburg, meine an Alzheimer erkrankte Mutter 20 Kilometer entfernt. Trotzdem pflege ich sie Tag und Nacht, bin kaum noch in meiner Wohnung, ein Pflegedienst hilft mir. Wo bekomme ich eine Kurzzeitpflege für meine Mutter?

Antwort: Auskunft über freie Plätze erhält man bei den Pflegekassen und den Verwaltungen der jeweiligen Städte und Orte. Hier finden Sie kompetente Ansprechpartner, die Ihnen bei der Suche nach einem Platz Unterstützung geben.

Frage: Bei meinem Vater wurde vor einem Jahr Demenz diagnostiziert. Ich habe ihn bisher allein versorgt, kann das aber aus finanziellen Gründen nicht mehr. Auch meine Gesundheit hat durch die Dauerpflege gelitten. Wo bekomme ich Hilfe?

Antwort: Sie müssen einen Pflegegeldantrag stellen. Ich empfehle Ihnen, den Kontakt mit der Pflegeberaterin Ihrer Krankenkasse aufzunehmen. Je nach dem Grad der Erkrankung des Patienten gibt es die Pflegestufen 1, 2 und 3. Für Demente gibt es noch einen Zusatzbetrag von 100 bis 200 Euro pro Monat. Die gibt es nicht als Geldleistungen, sondern diese können als Sachleistungen, beispielsweise für die Tagesbetreuung, bei der Pflegekasse abgerechnet werden.

Frage: Meine erkrankte Mutter möchte immer wieder den Kontakt zu ihrer Mutter und ihrem Opa aufnehmen und beschwert sich, dass die sich überhaupt nicht mehr melden. Wie soll ich darauf reagieren?

Antwort: Mit der Wahrheit würde man Demente überfordern. Es wäre falsch, wenn Sie ihre Mutter darüber belehren würden, dass diese bereits verstorben sind. Besser ist es mit einer Floskel wie "Stimmt, die haben sich lange nicht bei uns gemeldet" zu reagieren. Sie können Ihrer Mutter auch sagen, dass sie sich darum kümmern werden, mit den genannten Familienangehörigen wieder in Kontakt zu kommen.