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Der richtige Reifendruck ist wichtig Wer Winterreifen aufzieht, ist auf der sicheren Seite

Von Norbert Michulsky 07.10.2010, 04:15

Nach einem Gerichtsurteil stehen Bußgelder bei Verstößen gegen die Winterreifen-Pflicht auf dem Prüfstand. Bis zu einer einheitlichen EU-Vorschrift will das Bundesverkehrsministerium übergangsweise die Winterreifenpflicht vorschreiben. Wie auch immer die Sache geregelt wird: Experten raten Autobesitzern dazu, Winterreifen aufzuziehen – am besten noch im Oktober.

München (dapd/rgm). Trotz der derzeit unklaren Rechtslage sollten Autofahrer nicht auf Winterreifen an ihren Fahrzeugen verzichten, mahnt der TÜV Süd in München. "Mit Sommerreifen kann sich der Bremsweg auf schneeglatter Fahrbahn durchaus mehr als verdoppeln", erläutert Michael Staude, Reifenexperte bei TÜV Süd Automotive.

Bis zu einer hieb- und stichfesten Konkretisierung des Begriffs sollten Autofahrer nur Reifen mit M+S-Symbol und dem Schneeflocken-Zeichen auf der Flanke aufziehen, empfiehlt der auf Verkehrsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Winter aus Kornwestheim. Hier könne man am ehesten die vom Gesetzgeber geforderte Wintertauglichkeit erwarten.

"Wer dazu noch bekannten Herstellern den Vorzug gibt, kann einigermaßen sicher sein, dass ihm nicht ein ominöser Reifenproduzent aus Fernost einen nur vermeintlich tauglichen Winter-Pneu andreht", sagt Winter.

Hintergrund: Der Begriff MS ist ungeschützt und kann auch für "Matsch und Schnee" stehen. So werden in den USA selbst nahezu reine Sommerreifen mit dem Aufdruck MS verkauft. Bei sogenannten Geländereifen und jenen für SUV (Sport Utility Vehicles, Geländelimousine) hat sich dies nach Beobachtungen des TÜV Süd auch in Europa eingebürgert.

Vor dem Kauf sollten Autofahrer sich klar machen, wie sie ihren Wagen im Winter nutzen. Fährt man jedes Wochenende in die Berge zum Skifahren, stehen die Eigenschaften auf Eis und Schnee an vorderster Stelle. Ist man als Berufspendler viel auf Autobahnen unterwegs, sind Langlebigkeit und Nässeeigenschaften wichtiger.

Hat man den Winterfahrtyp ermittelt, bieten die Ergebnisse der Winterreifentests von Fachzeitschriften, Verbraucherschützern oder Autoclubs einen guten Überblick.

Umweltbedenken muss man wegen einer Umrüstung auf Winterreifen nicht hegen, sagt Staude. "Seit Jahren achten die Hersteller bei der Entwicklung von Winterreifen auf gute Fahreigenschaften und geringen Rollwiderstand." Beim Rollwiderstand müssten Winterpneus den Vergleichstest mit den Sommerreifen nicht scheuen.

Ebenso gehören Vorbehalte wegen des vermeintlich höheren Spritverbrauchs von Winter-Pneus zu den automobilen Weisheiten von gestern. "Die Produkte der bekannten großen Reifenhersteller stellen durchweg einen guten Kompromiss zwischen Kriterien wie Schnee-Grip, Lebensdauer, Nässe- und Trockeneigenschaften, aber eben auch Rollwiderstand dar", beruhigt der TÜV-Süd-Experte. Das Auto verbrauche im Winter wegen der Kälte mehr, nicht wegen der Reifen, und inzwischen gebe es sogar speziell auf niedrigen Verbrauch optimierte Winterreifen.

Zudem lässt sich mit dem Reifendruck sparen. "Der Fülldruck hat großen Einfluss auf den Verbrauch. Schon wenige Zehntel Bar verminderter Druck erhöhen den Rollwiderstand um bis zu 20 Prozent – und verringern die Sicherheit immens", erläutert Staude.

Jährlich verschenkten die EU-Bürger mehr als zwei Milliarden Euro, weil sie zu wenig Luft in ihren Reifen hätten. "0,2 bis 0,3 Bar über der Empfehlung des Fahrzeugherstellers schaden nicht", empfiehlt er.

Gehe man aber mit den Winterreifen an die Belastungsgrenze – zum Beispiel im Gebirge – dann sollte man lieber genau den vorgeschriebenen Luftdruck einhalten. "Dann entfaltet der Reifen seine besten Eigenschaften", sagt Staude.

Einen ganz großen Bogen sollte man um die Produkte von Billiganbietern aus Fernost schlagen, warnen übereinstimmend der ADAC und das Magazin "auto motor und sport". So fielen in einem gemeinsamen Test von ADAC und Stiftung Warentest gleich drei Reifen aus China mit der Bewertung "mangelhaft" durch, da sie in mehreren Teildisziplinen "katastrophale Leistungen" zeigten. Den aktuellen Winterreifen-Test von Stiftung Warentest und ADAC finden Sie unter www. volksstimme.de/ratgeber.

Ganzjahresreifen sind nach Ansicht des TÜV Süd allenfalls für Flachlandverkehr und schneeärmere Regionen ohne bedeutende Steigungen geeignet. "Auch wirtschaftlich sind Ganzjahresmodelle nicht die beste Wahl, da sie oftmals schneller verschleißen und einen höheren Rollwiderstand haben als eine der Saison angepasste Wechselbereifung", gibt Staude zu bedenken.

Immerhin: Ganzjahresreifen erfüllen rein rechtlich die derzeitigen Anforderungen an eine "geeignete Bereifung".

www.volksstimme.de/ratgeber