Volksstimme-Telefonforum zu Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit Woher kommt die Rente, wenn die Gesundheit nicht mehr mitspielt?
Berufsunfähigkeit ( BU ) ist ein existenzielles Risiko. Welche Ansprüche bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten entstehen, welche Voraussetzungen für gesetzliche Erwerbsminderungsrenten gelten und worauf man bei Privatvorsorge gegen Berufsunfähigkeit achten muss, darüber informierten gestern am Volksstimme-Ratgebertelefon Katrin Süsmuth von der Unfallkasse Sachsen-Anhalt, Hannelore Nowak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und Cathrin Prinzke von der Deutschen Rentenversicherung. Hier eine Auswahl der Fragen und Antworten.
Frage : Bei meinem Mann wurde eine Berufskrankheit über seine Berufsgenossenschaft festgestellt. Seine private Unfallversicherung will aber trotzdem nicht zahlen !
Antwort : Das sind auch zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Eine Berufskrankheit wird von einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung – Unfallkasse oder Berufsgenossenschaft – festgestellt und muss unter anderem eine gesundheitliche Folge beru icher Tätigkeit sein. Voraussetzungen zur Anerkennung und Leistungen sind im Sozialgesetzbuch VII geregelt. Seine Unfallpolice dagegen ist ein privater Vertrag. Es gibt keinen Automatismus, wonach eine Berufskrankheit zu einem Anspruch gegenüber der Versicherungsgesellschaft führt. Wie der Versicherer Unfälle de niert, steht in den Versicherungsbedingungen.
Frage : Ich bin Jahrgang 57 und habe eine Erwerbsminderungs ( EM ) -Rente beantragt. Bekomme ich nun EM- oder Berufsunfähigkeitsrente ?
Antwort : Sie haben, wenn Sie die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen erfüllen, grundsätzlich Anspruch auf eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente – abhängig vom Grad der Einschränkung Ihrer Erwerbsfähigkeit. Der beratungsärztliche Dienst der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidet dann, ob die Voraussetzungen für den Rentenbezug gegeben sind.
Wer wie Sie vor dem 2. Januar 1961 geboren ist, genießt aber hinsichtlich einer Berufsunfähigkeit Vertrauensschutz. Das bedeutet, Sie hätten eventuell Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit. Ist Ihnen der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen, dann könnten Sie auch eine volle Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit bekommen.
Frage : Ich beziehe von der Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente. Muss ich diese in meiner Steuererklärung angeben ?
Antwort : Nein. Rentenzahlungen aus der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung sind prinzipiell nicht steuerp ichtig. Sie brauchen sie daher nicht in Ihrer Steuererklärung einzutragen.
Frage : Ich bin Mitte 40 und selbständige Physiotherapeutin. Wie kann ich privat gegen Berufsunfähigkeit vorsorgen, und was mache ich bei Krankheit ?
Antwort : Es gibt verschiedene Varianten. Für Sie bietet sich eine Rürup-Rente an. Das ist eine staatlich geförderte Altersvorsorge für Selbständige, die sich mit Leistungen bei Berufsunfähigkeit koppeln lässt. Der doppelte Vorteil dabei : Sie können Ihre Beiträge – sofern Sie Betriebsgewinn erzielen – steuerlich absetzen. Und die Leistungen sind im Fall einer Insolvenz geschützt. Für den Krankheitsfall sollten Sie eventuell eine Krankentagegeldversicherung in Erwägung ziehen. Das kann jedoch in Ihrem Alter schon relativ teuer werden.
Frage : Ich habe seit längerem gesundheitliche Probleme und kann kaum noch arbeiten. Wie krank muss ich sein, um Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente zu haben ?
Antwort : Es wird zwischen einer vollen und einer teilweisen Erwerbsminderung unterschieden. Teilweise erwerbsgemindert sind Sie, wenn Sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit zwar mindestens drei, jedoch nicht mehr als sechs Stunden täglich " unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes " arbeiten können. Wenn Sie dagegen auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, wenigstens drei Stunden täglich zu arbeiten, haben Sie eventuell Anspruch auf eine volle EM-Rente.
Frage : Mein Sohn ist noch in der Ausbildung. Unser Vertreter hat uns eine Police mit einer Laufzeit von zehn Jahren angeboten. Ist das sinnvoll ? Worauf sollten wir achten ?
Antwort : Zwar sollte Ihr Sohn tatsächlich so früh wie möglich eine private Berufsunfähigkeitsrente abschließen. Einerseits hat er bei Berufsunfähigkeit keinen Anspruch mehr gegenüber der gesetzlichen Rentenkasse. Andererseits ist der Abschluss einer privaten BU-Police umso preisgünstiger, je jünger und gesünder er ist. Eine Vertragslaufzeit von zehn Jahren ist jedoch unsinnig. Im Gegenteil : Der Vertrag Ihres Sohnes sollte möglichst bis zum Rentenalter laufen, schließlich wird er nach derzeitigem Recht erst mit 67 in Rente gehen. Wichtig ist auch die Rentenhöhe : Sie muss ausreichend zum Leben sein. Bei bestimmten Verträgen kann man sie später an gestiegenes Einkommen anpassen. Außerdem sollten Sie darauf achten, dass der Vertrag keine Verweisklausel enthält : Ihr Sohn sollte im Krankheitsfall Rente bekommen und nicht auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden können.
Frage : Mein Mann ist Berufskraftfahrer und hat Wirbelsäulenprobleme. Kann er eine Rente wegen Berufskrankheit bekommen ?
Frage : Ich beziehe eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente : Wie viel kann ich hinzuverdienen ?
Antwort : Wenn Sie eine volle Rente beziehen, können Sie seit diesem Jahr 400 statt wie bisher 350 Euro im Monat hinzuverdienen – und außerdem zweimal im Jahr bis zu 800 Euro. Noch ein Tipp : Seit diesem Sommer gehören auch Bezieher einer vollen EM-Rente zum förderfähigen Personenkreis für Riester-Verträge. Voraussetzung : Sie waren unmittelbar vor Rentenbeginn sozialversicherungsp ichtig beschäftigt. Wenn das für Sie zutrifft, haben Sie Anspruch auf die Grundzulage von 154 Euro im Jahr – wenn Sie vier Prozent Ihres Vorjahreseinkommens einzahlen. Als Berechnungsgrundlage gilt dabei die im Vorjahr bezogene Bruttorente.
Frage : Ich möchte eine private BU-Rente abschließen, hatte in der Vergangenheit aber gesundheitliche Probleme. Kann es sein, dass der Versicherungsantrag abgelehnt wird und wie soll ich mich dann verhalten ?
Antwort : Je nach dem Grad Ihrer Vorerkrankung ist es möglich, dass die Versicherer von Ihnen einen Beitragszuschlag für das erhöhte Risiko verlangen. Es kann auch sein, dass Folgen bestimmter Erkrankungen ganz vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Bei ganz schweren gesundheitlichen Einschränkungen ist es möglich, dass Ihr Antrag auf eine BU-Police abgelehnt wird. Sie sollten sich möglichst mehrere Angebote einholen, da Versicherer Krankheiten und deren Folgen unterschiedlich bewerten. Beantworten Sie auf jeden Fall wahrheitsgemäß alle Gesundheitsfragen, damit Sie im Ernstfall auch wirklich Rente erhalten.