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Unbehandelt eine tickende Zeitbombe / Richtige Ernährung und Sport verbessern die Werte Zu viel Cholesterin im Blut spürt man nicht

15.05.2012, 03:29

Zu viel Cholesterin im Blut kann gefährlich werden und ist tückisch, denn Betroffene spüren davon nichts. Erst ein Herzinfarkt verrät die daraus resultierenden verengten Blutbahnen.

Mannheim/München (dapd) l Cholesterin hat einen denkbar schlechten Ruf. Zu viel davon kann zu gefährlichen Gefäßverengungen und damit zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen - in Deutschland Todesursache Nummer Eins. Erhöhte Blutfettwerte sind weit verbreitet, laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat etwa ein Drittel der 18- bis 79-Jährigen einen erhöhten Cholesterinspiegel.

Die Ernährung allein bringt die Cholesterinwerte aber nicht aus dem Lot - auch wenn man durch Werbung den Eindruck bekommen kann, falsche Ernährung mit zu viel Cholesterin mache krank. "Es muss immer auch eine genetische Bereitschaft vorliegen", sagt der Mannheimer Internist und Gastroenterologe Achim Weizel, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (DGFF). "Mit dem Alter nimmt die Aufnahmekapazität der Leber für Cholesterin stetig ab, was die kontinuierlich ansteigenden Werte mit dem Älterwerden erklärt."

Es müssen nicht sofort Medikamente sein

Der Cholesteringrenzwert für gesunde Menschen liegt bei 200 Milligramm pro Deziliter Blut. "Aber dieser Gesamtwert sagt wenig darüber aus, ob Betroffene ein hohes oder niedriges Risiko haben, einen Herzinfarkt zu erleiden", sagt Weizel. Wichtig ist der Anteil des LDL-Cholesterins, also der Teilchen, die das Cholesterin von der Leber in verschiedene Organe transportieren, und des HDL-Cholesterins, also der Teilchen, die das Cholesterin wieder einsammeln. Der Richtwert für LDL-Cholesterin liegt - vorausgesetzt, es liegen keine weiteren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor - bei maximal 160 Milligramm pro Deziliter und für HDL-Cholesterin bei mindestens 40 Milligramm pro Deziliter.

"Das Tückische ist, dass erhöhte Cholesterinkonzentrationen im Blut nicht wehtun und erst der Herzinfarkt die verengten Blutgefäße verrät", sagt Weizel. Daher sei es so wichtig, die Cholesterinwerte alle zwei Jahre bestimmen zu lassen. Ab dem 35. Lebensjahr übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Bestimmung der gesamten Cholesterinkonzentration.

Welche Bedeutung sie hat, hängt von weiteren Risikofaktoren ab. Männer sind gefährdeter als Frauen, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen und bei Männern über 45 steigt dieses Risiko. Weitere Risiken sind Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Vorerkrankungen der Herzkranzgefäße in der Familie. Treffen zwei oder mehr Risikofaktoren auf einen Patienten zu, empfiehlt die DGFF, schon ab 130 Milligramm pro Deziliter LDL-Cholesterin aktiv zu werden.

"Zu viel LDL-Cholesterin im Blut heißt aber nicht, dass sofort Medikamente genommen werden müssen", erklärt Weizel. Häufig helfe es schon, sich mehr zu bewegen, das Rauchen aufzugeben, sich ausgewogen zu ernähren und bei Übergewicht abzunehmen. "In der Regel liegt das Ausmaß der LDL-Cholesterinsenkung durch die Ernährung bei maximal zehn bis 15 Prozent", sagt Weizel. Bei erhöhtem Cholesterinspiegel gelte: Viele Ballaststoffe wie Gemüse und Salat essen und auf tierische Lebensmittel mit gesättigten Fettsäuren oder hohem Fettgehalt wie in Wurstwaren und Käse verzichten.

Bewegung steigert das gute Cholesterin

Gut seien tierische Lebensmittel mit wenig gesättigten Fettsäuren. Dies bieten zum Beispiel Kaltwasserfische, (Lachs, Makrele, Thunfisch) aber auch magerer Truthahn oder Hähnchen. Am besten sollte man Fleisch von freilaufenden Tiere wählen, denn dann sei der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren im Fleisch besonders hoch, sagt Weizel. Zum Kochen empfiehlt er Olivenöl und zum Braten Sonnenblumenöl.

"Wer bereits einen Herzinfarkt hatte oder bei wem die Umstellung der Ernährung und ausreichend Bewegung nicht helfen, den Cholesterinspiegel zu senken, kommt um die zusätzliche Einnahme von Medikamenten nicht herum", sagt Weizel. Meist werden Statine verschrieben, die das LDL-Cholesterin senken.

"Körperliche Inaktivität verursacht eine Verschlechterung des Fettstoffwechsels", sagt der Internist und Kardiologe Martin Halle, Leiter des Zentrums für Prävention und Sportmedizin in München. "Bewegungsmangel führt zu niedrigeren HDL-Cholesterin-Konzentrationen im Blut und reduziert die Entsorgung der schädlichen LDL-Partikel."

Durch eine fettreduzierte Ernährung sinke aber auch die Konzentration des guten HDL-Cholesterins. Abhilfe schaffen Ausdauersportarten wie Radfahren, Laufen, Schwimmen und Walken oder zügiges Spazierengehen. "Um bis zu zehn Prozent lässt sich das gefäßschützende HDL-Cholesterin steigern, wenn man täglich 30 Minuten zügig spazieren geht oder Rad fährt", sagt Halle. Sport senke außerdem das LDL-Cholesterin bis zu zehn Prozent und entschärfe die Risikofaktoren Bluthochdruck und Diabetes. "Wichtig zu wissen ist, dass hierfür Joggen nicht notwendig ist; es geht auch langsamer", sagt Halle. "Aber auch Jogger oder gar Marathonläufer können eine Arterienverengung entwickeln, wenn ihr Cholesterinspiegel zu hoch ist. Auch sie brauchen dann Medikamente."