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Leerstand Gärtner belastet

Die Kleingärtner in Staßfurt fordern mehr Unterstützung. Gleichzeitig überdenkt man die Pacht.

Von Daniel Wrüske 13.02.2016, 00:01

Staßfurt l Des großen Aufschreis bedarf es noch nicht. Denn noch ist nichts beschlossen. Allerdings haben der Vorstand des Regionalverbandes der Kleingärtner in Staßfurt und seine Gäste beim Empfang zum neuen Jahr Tacheles geredet. Öffentliche Hand aber auch die Kleingärtner selbst müssen sich künftig stärker finanziell engagieren, um die anstehenden Probleme zu lösen. Die Hilfe allein „von oben“ wird es nicht geben, waren sich alle sicher. Möglichkeiten gäbe es viele - vom Rückbaucent bis zur Pachterhöhung. Denn die Herausforderungen zwingen vom Regionalverband als Generalpächter und von der Stadt als Flächenbesitzer ein Handeln.

Leerstand in den Vereinen, Rückbau von Lauben in ungenutzten Gärten, viel Arbeit verteilt auf immer älter werdende Mitglieder - „Die Leistungsgrenze ist erreicht und überbeansprucht“, sagt Eberhard Kanitz. Der Vorsitzende des Regionalverbandes nennt eindrucksvolle Zahlen (grüner Kasten) und hält ein eindringliches Plädoyer für das Kleingartenwesen in der Stadt. „Die Kleingärtner erhalten das Kleingartenwesen als Kulturgut“, so der Vorsitzende. Das diene nicht dem Selbstzweck, sondern allen. Beachtliche Flächen der Stadt würden durch sie gepflegt, die Gärtner kümmerten sich um das Grün in den Gemeinden, von dem alle Bürger gesundheitlich profitieren, nicht zuletzt seien die Vereine aus sozialpolitischer Sicht ein Zuhause für viele Staßfurter und organisierte Strukturen für ein gemeinsames Hobby. „Doch die Überforderung ist an vielen Stellen zu spüren“, sagt Eberhard Kanitz. Inzwischen gebe es auch große Vereine, in denen niemand mehr ein Ehrenamt im Vorsitz übernehmen wolle. Die gemeinsamen Aufbaustunden verlangten immer mehr von allen ab, weil die Zahl der leer stehenden Gärten steige, um die sich einzelne oder die Gruppen insgesamt kümmerten. Der Rückbau von Lauben ist von den meisten Vereinen finanziell nicht zu stemmen, selbst wenn die Gemeinschaft dafür einstehe.

Der Verband und die Vereine würden in einigen Bereichen neue Wege gehen. Ungenutzte Gärten werden zu Bienen-, Schau-, Tafel- oder Schulgärten. Allein das könne aber die rasante Entwicklung nicht aufhalten. Eberhard Kanitz sagt, es müsse gelingen, das Kleingartenwesen nachhaltig aufzustellen. Das Kleingartenentwicklungskonzept der Stadt, beschlossen 2009, sei Handlungsleitfaden für die Laubenpieper. Doch die festgeschriebene Konzentration von Flächen und Neuaufstellung der Vereine bedürfe einer gewissen Zeit. „Wir haben es hier mit Menschen zu tun, die sich echte und ideelle Werte erschaffen haben.“

Staßfurts Oberbürgermeister Sven Wagner bedankte sich für das Engagement in den Vereinen und für den geleisteten Umwelt- und Naturschutz. Er sagte aber auch, dass es jetzt darauf ankommen müsse, das Kleingartenentwicklungskonzept nicht nur mit Bekundungen zum Tragen zu bringen, sondern in konkreten Maßnahmen. Die Stadt wolle dabei Partner sein. Es müsse gemeinsam gelingen, Fördermittel für den Rückbau zu finden. Eberhard Kanitz stimmte dem zu, machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass es oft am Eigenanteil der Stadt scheitere, wenn es um die aus dem Land angebotene Förderung gehe. Zudem seien viele Förderprogramme nicht für die Belange des Kleingartenwesens geeignet. „Ihre Ausrichtung ist eine ganz andere, das Wort Kleingarten kommt nicht einmal darin vor“, so der Verbandschef mit dem Hinweis, dass man sich so gar nicht erst bewerben brauche.

Klaus Stops, Bauausschussvorsitzender im Staßfurter Stadtrat, warnte davor, allein auf die öffentliche Hand zu vertrauen. Die Flächen, um die es gehe, sind öffentliche Flächen der Stadt Staßfurt. „Also ist das auch ein Staßfurter Problem.“ Nicht Berlin und auch nicht Magdeburg würden sich die Lösung zu ihrer Hauptaufgabe machen, so Stops. Und wenn man jetzt keine Wege finde, verschiebe man das Problem der Finanzierung von Rückbau nur auf die nächste Generation. „Irgendwann fallen leere Flächen und die Lauben darauf an die Stadt zurück. Und dann bezahlt die Allgemeinheit, ihre und meine Enkel.“

Eberhard Kanitz selbst war es dann auch, der konkrete Lösungen nannte, was das Geld angeht. Denkbar wäre eine Pachterhöhung insgesamt. In den Nachbarverbänden wurde das bereits zum Teil vollzogen, ohne dass es zu Austrittswellen gekommen sei, sagt der Verbandschef. Allerdings führe der Verband die Pacht komplett an die Stadt ab, das Geld wäre bei der jetzigen Haushaltssituation im allgemeinen Etat weg.

Besser ist, dass der Regionalverband höhere Pacht nimmt, und einen Teil für den Rückbau verwahrt, als Rückbaucent. Das Geld könne dann zweckbestimmt genutzt werden. Nicht zuletzt könnten die Vereine selbst Rückbaurücklagen bilden. Der Verbandschef ist überzeugt, dass alle Maßnahmen nicht ohne kritisches Echo in den eigenen Reihen blieben. Aber man müsse vermitteln, um welche tatsächlichen Kosten es sich handele, die mehr zu zahlen seien und wozu das Geld diene. Sven Wagner pflichtete dem bei: „Ich denke, wenn nachvollziehbar ist, dass das Geld konkret genutzt wird, um die Probleme anzugehen und nicht irgendwo im luftleeren Raum verschwindet, dann entwickeln die Kleingärtner auch ein gewisses Verständnis für die Notwendigkeiten.“