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Zählermessung Wasserverbrauch wird zum Streitfall

Differenzen bei Zählermessungen führen stets zu Streit zwischen Mietern und Vermieter. Gerichte haben bestätigt, dass jene zulässig sind.

Von Gudrun Oelze 14.08.2017, 00:00

Stendal l 5.083,97 Kubikmeter ergab die Summe des für 2016 an den separaten Zählern von 80 Wohnungen in Stendal abgelesenen Wasserverbrauchs. Der Vermieter, die Stendaler Wohnungsbaugesellschaft, legte für die Betriebskostenabrechnung jedoch einen Gesamtverbrauch von 6355 Kubikmetern zugrunde. Dies wies die Summe der Hauptzähler aus. Solche Differenzen sind nicht unüblich, bestätigte Rechtsanwalt Dieter Mika auf Anfrage des Leserobmanns.

Der Vermieter bezahlt die Wasserrechnung gegenüber dem Versorger (Stadtwerke) nach dem Zählerstand der Gesamtwasseruhr des Mietshauses. Ist in den einzelnen Wohnungen eine Wasseruhr installiert, hat der Mieter für seinen individuellen Wasserverbrauch gegenüber dem Vermieter aufzukommen, was über die Betriebskostenabrechnung geschieht, erläuterte er. „Der Vermieter rechnet jedoch in zulässiger Weise diese Kosten nicht nach dem Zählerstand des Hauptwasserzählers, sondern nach Addition der Zählerstände aller Wohnungen gegenüber dem Mieter ab“, betont der Rechtsanwalt des Mietervereins.

Denn es kann durchaus zu Differenzen kommen – weil der Hauptzähler ganz exakt und mit hoher Messempfindlichkeit auf alle Verbräuche in den Wohnungen reagiert und diese zählt. Die Wohnungswasserzähler indes, die zwar ebenfalls dem Eichgesetz unterliegen, arbeiten nicht mit einer so hohen Messgenauigkeit, so dass von ihnen „Wasserverluste“ etwa durch tropfende Wasserhähne oder undichte Toilettenspülungen nicht so exakt erfasst werden. Daher können sich bei einer Abrechnung Messdifferenzen ergeben, bestätigt der Mietrechtsexperte, doch dürfen sich diese nur im üblichen Rahmen bewegen und sich nicht zum Nachteil des Vermieters auswirken.

Verschiedene Gerichte haben Zählermessdifferenzen von 15 bis maximal 20 Prozent als zulässig erachtet. Bei größeren Abweichungen indes spreche alles für ungeklärte Wasserverluste oder Entnahmen, zum Beispiel bei Wasserrohrbruch hinter dem Hauptwasserzähler, Entnahme von Wasser durch Dritte eventuell bei Baumaßnahmen oder ein undichtes Leitungssystem.

„Diese Verluste muss der Vermieter selbst tragen“, meint Dieter Mika. Das bedeutet, dass die Abrechnung gegenüber dem Mieter dann nach dessen gemessenem Verbrauch und unter Zugrundelegung des Einstandspreises der Wasserwerke zu erfolgen hat.

Im konkreten Fall empfiehlt er den Mietern, sich die Rechnung des Wasserversorgers vorlegen zu lassen und nachzuprüfen, ob der eingestellte Verbrauchswert am Gesamtwasserzähler auch mit der in der Abrechnung übereinstimmt.

Ist tatsächlich ein Zählerstand am Hauptzähler von 6.355,00 Kubikmetern abgelesen und in der Rechnung der Wasserwerke an den Vermieter vermerkt worden, in der Betriebskostenabrechnung jedoch nur ein Zählerstand aufgrund der Zählerstände aller Wohnungswasserzähler mit 5.083,97 Kubikmeter berechnet, übersteigt die Differenz um 0,03 Kubikmetern die 20-Prozent-Höchstgrenze. „Die Berechnung des Anteils des Mieters muss dann entsprechend seinem Verbrauch unter Zugrundelegung des Wasserpreises des Versorgers erfolgen“, meint Rechtsanwalt Mika. Beratend kann im konkreten Fall jedoch der Mieterverein oder ein Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht zur Seite stehen.

Die Stendaler Wohnungsbaugesellschaft SWG verweist jedoch darauf, dass es keine gesetzliche Regelung gibt, bis zu welchem Wert Abweichungen zwischen Haupt- und Wohnungszähler zulässig sind.Gerichte hätten in Einzelentscheidungen grobe Schätzungen verwendet, um zu ermitteln, bis zu welchem Wert von der Richtigkeit der Ableseergebnisse ausgegangen werden kann.

So habe das Landgericht Braunschweig in einem Urteil aus dem Jahr 1998 eine Grenze von 20 Prozent angenommen, das Amtsgericht Schöneberg allerdings in einer Entscheidung aus dem Jahr 2000 eine Grenze von 25 Prozent verwendet. „Die Überschreitung in dem vorliegenden Fall beträgt 20,0004 Prozent. Wir gehen deshalb davon aus, dass wir uns innerhalb der Toleranzen bewegen, die Gerichte üblicherweise für solche Fälle vorsehen“, reagierte SWG-Geschäftsführer Daniel Jircik auf Anfrage.