Krötenwanderung Froschkönig in Not

Die Kröten brauchen bei ihren Wanderungen in diesen Tagen wieder die Hilfe von uns Menschen.

Von Stephen Zechendorf 31.03.2016, 14:00

Loburg l Auf der einen Straßenseite ein Waldstück, auf der anderen der See einer Kiesgrube, dazwischen etwa sechs Meter Asphalt. Gegen 13.30 Uhr musste Uwe Kirste aus Hohenziatz noch befürchten, dass er den Krötenzaun alleine aufbauen muss. Doch nach ein paar Telefonaten konnte Thomas Bich von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Jerichower Land weitere Ehrenamtliche gewinnen, die am Dienstagnachmittag dafür sorgten, dass am Ortsausgang Loburg, Richtung Lindau, ein wiederkehrendes Krötenmassaker verhindert werden kann.

Rückblick: Am Montag waren in zahlreichen Regionen der Einheitsgemeinde Möckern die Kröten, Molche und Frösche losgezogen, um zwecks Fortpflanzung ihre Laichgewässer aufzusuchen. Die Voraussetzungen waren gegeben: Temperaturen um die zehn Grad Celsius und die Aussicht auf Regen sind die idealen Reisebedingungen. „Über Ostern haben die Amphibienwanderungen deutlich zugenommen. Selbst in günstigen Lagen dürften bisher aber nur rund die Hälfte der zu erwartenden Tiere an den Laichgewässern sein“, schreibt der Naturschutzbund Nabu auf seiner Internetseite.

Doch die Straßen der Menschen machen den Kröten immer wieder einen Strich durch die Rechnung.

Uwe Kirste war am Montag einer von jenen Menschen, denen die wandernden Kröten vor den Toren Loburgs auffielen. Und ihm fielen vor allem die Reste etlicher wechselwarmer Amphibien auf, die – statt schleunigst die Fahrbahn zu überqueren – auf dem aufgeheizten Asphalt erst einmal etwas Wärme tanken wollten. 158 tote Tiere zählte Landkreis-Sachbearbeiter für Artenschutz Thomas Bich am Dienstagvormittag auf dem kurzen Streckenabschnitt. Er organisierte auf Bitten von Uwe Kirste einen Krötenzaun von 300 Metern Länge, dazu die erforderlichen Eimer, in denen die Kröten landen, wenn sie sich an der grünen Mini-Barriere entlang tasten.

Der gebürtige Loburger Uwe Kirste hatte zugesagt, den Zaun aufzubauen. Kröten rettet er schon seit vielen Jahren in Hohenziatz, indem er den Tieren in dieser Jahreszeit über die Straße hilft. Es gesellten sich weitere Mitstreiter dazu: Max Kraushaar, der derzeit sein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf dem Loburger Storchenhof absolviert, und Ludwig Dommroese, der schon als Schüler Krötenzäune errichtete. Mit Fred Krüger fand sich später auch ein Ehrenamtlicher, der bei seinen Spaziergängen die Eimer kontrollieren wird. Ihm taten die Tiere leid, die auf ihrem Weg zum See starben. Es ist auch sein Weg, wenn er von Quast nach Loburg fährt.

Ob Zeddenick oder Büden, Schweinitz oder Lübars – an zahlreichen Verkehrswegen der Einheitsgemeinde laufen derzeit Amphibien Gefahr, Opfer des Straßenverkehrs zu werden. Es bleibt die Frage, wer sich den Kröten annehmen soll, wer Helfer und Hilfsmittel zusammenbringt und koordiniert, und wer auch ein paar Kröten zum Schutz der Kröten in die Hand nimmt. Klaus-Dieter Krüger vom Nabu-Regionalverband Burg verweist auf den Landkreis Jerichower Land: „Die Untere Naturschutzbehörde hat solche Zäune.“

Das stimmt jedoch aktuell nur bedingt: In den vergangenen Jahren hat die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises rund 1200 Meter Krötenzaun angeschafft und verteilt, auch an den Regionalverband des Nabu. Im Bestand des Landkreises selbst sind kaum noch weitere Krötenzäune, sagt Thomas Bich. Und neue können in der aktuell „haushaltslosen Zeit“ auch nicht angeschafft werden. Die Möglichkeiten der Behörden, hier zu helfen sind ohnehin begrenzt: „Wir sind Verwalter, keine Macher“, ist Thomas Bich unglücklich.

Seine Behörde setzt auf die Naturschutzverbände und das Ehrenamt. „Wir sind besonders auf Ortskundige und Ehrenamtliche angewiesen“, so Bich. Denn diese wissen, wann an welchen Stellen die Krötenwanderungen beginnen. Für Behördengänge und Antragsverfahren ist dann keine Zeit. Es muss schnell gehandelt werden, wie jetzt in Loburg. Die verteilten Zäune müssen jetzt aufgebaut werden. Gefordert sind auch die Autofahrer. In den Abendstunden sollten sie aufpassen, wer da noch alles auf der Straße unterwegs ist.

In Loburg freut man sich über weitere Helfer, die mit dafür sorgen, dass die Kröten in den kommenden vier Wochen regelmäßig aus den Auffangeimern aufgesammelt und auf die andere Straßenseite gebracht werden. Der Kontakt kann über die Volksstimme hergestellt werden. Und gleich auf der anderen Seite des Kiessees liegt noch ein „Krisenherd“. Schon sind Hinweise eingegangen, dass auf der Straße nach Hobeck Kröten totgefahren wurden.