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Behinderung Gewalt gegen Retter in Burg noch tabu

Einsatzkräfte in Burg und im Jerichower Land erleben nach wie vor erhöhtes Aggressionspotenzial, verbale Ausfälle und physische Gewalt.

Von Thomas Pusch 17.01.2020, 00:01

Burg l Rund 90 Prozent aller Rettungs- und Pflegekräfte haben schon einmal physische und psychische Gewalt im Einsatz oder Dienst erlebt. Diese Zahl nannte Markus Kurze (CDU) in einer Rede im Landtag. 60 Prozent der Rettungskräfte und Mediziner haben laut Kurze bereits Gewalterfahrungen in Notaufnahmen und an Unfallorten. 13 Prozent hätten von körperlicher Gewalt gesprochen. „Dem müssen wir entgegenhalten“, forderte Kurze.

Laut einer Pressemitteilung hat der Regionalverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) dies zum Anlass genommen, in den Bereichen Rettungsdienst und Pflege nachzufragen. Die Rettungs- und Notfallsanitäter sowie Rettungsassistenten haben ihre eigenen Geschichten. So berichtet Notfallsanitäter Andreas Schwarz in der Mitteilung, dass es im Landkreis Jerichower Land nicht so sei wie in Großstädten, es dennoch eine bestimmte Klientel gebe, bei der Gewalt in ihren Formen zu erwarten ist. „Wir stellen uns dann darauf ein“, wird Rettungsassistent Dennis Streuer zitiert. „Bei stark alkoholisierten Patienten sind verbale Drohungen durchaus zu erwarten und auch bereits vorgekommen. Damit können wir aber umgehen.“ Seine Kollegen gaben die Häufigkeit von verbalen Drohungen mit rund einem Prozent des Einsatzgeschehens an. Körperliche Angriffe und Ausschreitungen, wie sie bereits aus Großstädten an die Öffentlichkeit gelangt sind, gebe es im Jerichower Land allerdings nicht, so die Retter. Notfallsanitäter Thomas Külbel sieht das häufige Fehlen der Rettungsgassen als schwerwiegendes Problem für Einsatzkräfte und die an einem Unfall beteiligten Patienten.

Kreisbrandmeister Walter Metscher spricht von ähnlichen Erfahrungen der Feuerwehrleute im Jerichower Land. „Wir haben hier bislang Glück gehabt, die Bevölkerung nimmt es immer noch ernst“, sagte er im Gespräch mit der Volksstimme. Ganz selten gebe es da mal Ausfälle, wie etwa: „Macht endlich die Straße frei“.

Ganz anders sehe die Situation allerdings auf der Autobahn aus. „Ein Stänkerer führt zum Nächsten und das wird zu einer Kettenreaktion“, sagte er. Gewalttätige Übergriffe habe es zwar noch keine gegeben, das Aggressionspotenzial sei aber größer und der Ton rauer, so Metscher.

Der Leiter des DRK-Seniorenzentrums „Carl August Gottfried Pieschel“, Sebastian Rudolph, bewertet Aggression im Pflegebereich wiederum anders. Für ihn erfolgen laut der DRK-Pressemitteilung verbale Ausfälle von Bewohnern krankheitsbedingt. „Die eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten, die bei verschiedenen Krankheitsverläufen auftreten, haben zur Folge, dass es zu verbaler Gewalt gegen das Pflegepersonal kommt. Unser Personal ist dahingehend aber geschult“, wird er zitiert. Vier Schulungen pro Jahr biete der Regionalverband als externe Schulungen für sein Pflegepersonal im Bereich „Gewalt in der Pflege“ an. Eine genaue prozentuale Zahl zur Gewalt im Pflegebereich könne Rudolph nicht nennen.

Für den DRK-Regionalverbandvorstand Andy Martius ist das Thema Gewalt im Rettungsdienst und Pflegebereich dennoch wichtig. „Wer anderen hilft, der sollte den notwendigen Respekt für seine Arbeit erfahren. Von den Patienten, den zu Pflegenden und der Gesellschaft. Die Abnahme dieses Respekts sollte uns ein Alarmsignal sein“ heißt es in der Pressemitteilung.