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Sanierungsmaßnahmen in der Tongrube Möckern abgeschlossen / In Vehlitz Probleme mit der Böschung Bergamt-Sprecher: "In Bezug auf Grundwasser kann der Tagebau als dicht angesehen werden"

Von Stephen Zechendorf 20.09.2012, 05:21

Die Maßnahmen zur akuten Gefahrenabwehr in der illegal mit Müll verfüllten Tongrube Möckern sind abgeschlossen. Nun beginnt die Phase, in der man nur warten kann, dass sich der organische Müll zersetzt. Das aber wird dauern.

Möckern/Vehlitz l Das Möckeraner Stadtratsmitglied Helmut Unger hatte die vergangene Hauptausschusssitzung dazu genutzt, um über ein Treffen der Tongruben-Bürgerinitiative mit Vertretern der zuständigen Behörden zu informieren. In den vergangenen zwei Jahren war der Zusammenschluss der Bürgerinitiativen aus Möckern, Vehlitz, Leitzkau und Ladeburg bei insgesamt vier Treffen mit dem Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) und der Landesanstalt für Altlastenfreistellung auf dem Laufenden gehalten worden.

Auf Volksstimmeanfrage bestätigte gestern der LAGB-Sprecher Dr. Bodo Carlo Ehring: "Aktuell kann festgestellt werden, dass die hydraulische Einkapselung des Verfüllkörpers wirksam ist und Sickerwasser nicht mehr austreten kann. In Bezug auf das Grundwasser kann der Tagebau Möckern als dicht angesehen werden." In Hinblick auf die Entgasung des Verfüllkörpers seien noch gemäß Sanierungsplan die Oberflächenabdichtung zu verbessern und vertikale Gasfassungselemente zu errichten. Ferner sei die Errichtung von Brunnen zur Absenkung des Sickerwassers vorgesehen. "Eine Gefahr für Spaziergänger geht von der Tongrube Möckern nicht mehr aus", so der LAGB-Sprecher.

Vergiftetes Wasser wird abgefahren

Auch Bürgerinitiativler Helmut Unger zufolge haben das Landesbergamt und Landesanstalt fu¨r Altlastenfreistellung (LAF) jetzt "alles getan, was sie tun durften".

Das sieht auch LAGB-Sprecher Dr. Bodo Carlo Ehling so: "Wir sind in Möckern jetzt in ruhigem Fahrwasser", meinte er. Die anfänglichen Gefahren von eindringendem Grundwasser seien durch das Setzen von Stahlspundwänden gebannt worden, eine Stabilisierung der Böschungen verhindere nun das Abrutschen der Erdmassen in den benachbarten See. Das aus dem Verfüllkörper entweichende gefährliche Gas werde gesammelt und abgefackelt.

Wasser, das sich auch weiterhin in dem mit hausmüllähnlichen und organischen Stoffen verfüllten Becken sammelt, wird ab einer bestimmten Höhe abgeführt und von einem benachbarten Entsorgungsbetrieb abgefahren, "in die Region Bitterfeld", wie Helmut Unger zu wissen glaubt. Die Zusammensetzung der Flüssigkeit, die sich auch weiterhin in dem Gemisch aus Müll und Ton sammelt, ähnelt dem von Siedlungsabfalldeponien, informierte das Bergamt bereits vor zwei Jahren in einer Vorstellung des Sicherungskonzeptes.

Ganz ohne Wasser geht es in dem mit Ton abgedeckten Müllgemisch nicht. Denn nur mit Wasser kann der Verottungsprozess stattfinden.

Laut staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sollen seit Juni 2005 bis zum Abschluss der Verfüllung Mitte 2006 fast 170 000 Tonnen Abfälle bewusst entgegen der verwaltungsrechtlichen Genehmigungslage in der Tongrube verfüllt worden seien, die unter den genehmigten Abfallschlüsseln deklariert waren.

Auch die Fließgräben bei Vehlitz sind kontaminiert

Untersuchungen der Abfälle im Tontagebau Möckern haben ergeben, dass überwiegend zerkleinerte hausmüllähnliche Gewerbeabfälle mit einem hohem Anteil an Kunststoffen, Pappe, Papier, Kartonagen sowie Holz und Textilien verfüllt worden sind, die im strafrechtlichen Sinne schon aufgrund der Menge als gefährlich gelten und ab Juni 2005 in Deutschland überhaupt nicht mehr hätten deponiert werden dürfen.

Die noch stärker belastete Grube bei Vehlitz bereitet den Behörden offenbar größere Sorgen. "Auch hier sind Gasbrunnen installiert worden", so LAGB-Sprecher Ehling. Die Gasabsaugversuche zeigten aber, dass die geplante Wirkung noch nicht erreicht wurde. Eine Überplanung der Gasabsaugung sei daher erforderlich. "Die Erkundungsarbeiten im Bereich der Südböschung konnten die Kiesrinne und das umgelagerte Material einwandfrei abgrenzen." Ziel der weiteren Sicherungs- und Sanierungsarbeiten sei das Abflachen der Böschung, die standsichere Gestaltung durch Materialauftrag, die Abdichtung der Kiesrinne und die Entsorgung des Müllbetons. An der Ostböschung sollen die Wasserflächen beseitigt und die Böschung angestützt werden. Im Bereich der Kleiteiche soll eine Dichtwand errichtet werden. Hierfür sind entsprechende Untersuchungsarbeiten und Bauplanungen beauftragt.

Dazu bemerkte im Hauptausschuss Helmut Unger: "Uns wurde mitgeteilt, dass es in Vehlitz Schwierigkeiten mit der Stabilisierung der Böschung gibt."

Dem Sprecher der Bürgerinitiative zufolge habe das LAGB auch eingeräumt, dass dort die umgebenden Fließgräben kontaminiert sind. Ursache dafür seien die so genannte BImSch-Anlage auf dem Tongrubengelände und die Werksstraße, die aus mit Ton verpressten Abfallstoffen gebaut wurde. Für diese Straße und auch die Anlage auf dem Tongrubengelände in Vehlitz sei aber nicht das Landesbergamt, sondern der Landkreis Jerichower Land zuständig, habe man den Bürgerinitiativmitgliedern gesagt. "Der Müllbeton wurde vor allem im Bereich der Betriebsstraße eingebaut", sagt Dr. Ehling.

Bereits im Jahr 2009 war das LAGB zur Abwehr akuter Gefahren tätig geworden, hatte dazu nach eigenen Angaben Anordnungen gegenu¨ber dem Insolvenzverwalter getroffen und mehrere Sofortmaßnahmen in sogenannter Ersatzvornahmen durchgefu¨hrt. Dazu zählten zunächst die Komplettierung der Einzäunung der gesamten Tongrube.

Es folgte eine Oberflächenabdeckung u¨ber den mit Abfällen verfu¨llten Bereichen mit Ton, um den Direktkontakt mit den Abfällen zu unterbinden, die Freisetzung von Schadgasen und die Geruchsbelastung fu¨r die umliegenden Gebiete und Ortschaften zu reduzieren sowie den Zutritt von Niederschlagswasser in den Abfallkörper zu minimieren.

Lange zu tun hatten die Experten mit dem Betrieb und Ausbau der provisorischen Gasfassung, mit der das im Abfallkörper durch den biochemischen Abbau von organischen Abfällen gebildete Schadgas u¨ber Gasbrunnen und eine Gasfackel abgesaugt und umweltgerecht verbrannt werden sollte. Hier gab es an strengen Wintertagen Probleme, die Fackel am brennen zu halten.

Nach Aussagen des Bergamtschefs Frank Esters ähnelt die Zusammensetzung des Schadgases Deponiegasen aus Siedlungsabfalldeponien und enthält geruchsintensive Schwefelwasserstoffverbindungen, die in der Gasfackel verbrannt werden sollen.

Helmut Unger: "Es stinkt wirklich nicht mehr so oft."

Aufwändig betrieben worden war in der Vergangenheit die geotechnische Sicherung eines Trenndammes an seiner Nordböschung durch Errichtung eines vorgesetzten Stu¨tzdammes aus Wasserbausteinen. Damit wurde ein drohender Übertritt von Abfällen und kontaminiertem Sickerwasser aus dem verfu¨llten Teil der Tongrube in ein nördlich angrenzendes unerfu¨lltes und unter Wasser stehendes Tagebaufeld verhindert.

Es folgte zur Verhinderung des Sickerwasseraustritts aus dem Abfallkörper eine Schlitzdichtwand um den Ablagerungskörper. Damit sollten mögliche Wasserwege u¨ber die Felddrainagen aus den benachbarten landwirtschaftlichen Flächen und vorhandene lokale Kies-/Sandrinnen abgedichtet werden.

Eine optimierte Gasfassung mit Vertikalgasbrunnen und horizontalen Rigolen sowie einer qualifizierten Oberflächenabdichtung mit Kulturschichtauftrag, Begru¨nung, Oberflächenentwässerung, Dichtungen und Drainageschichten waren der letzte Baustein im Rahmen des Sicherungskonzeptes, der ab 2011 umgesetzt wurde.

"Inzwischen stinkt es tatsächlich nicht mehr so oft", bestätigt Helmut Unger mit Blick auf die nun arbeitende Gasfackel. Bislang wurden etwa 3,7 Millionen Euro für die Gefahrenabwehrmaßnahmen aufgewendet. Die Gesamtkosten zur Umsetzung des Sicherungskonzeptes werden auf rund 10 Millionen Euro geschätzt.