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Biotop Neuer Durchlass im Wasserbett

Firmen schaffen in Niegripp einen Biotopverbund zwischen Teilen des Niegripper Altkanals. Rund 620.000 Euro werden dafür investiert.

Von Mario Kraus 11.05.2020, 06:00

Niegripp l „Solch eine Baustelle haben wir im Landkreis nicht alle Tage. Sie ist eine Besonderheit“, blickt Planer Konrad Spiegler in die mächtige Grube. In sechs Metern Tiefe, umrandet von schweren Spundwänden, müssen Bagger mit ihren Greifern zentimetergenaue Arbeit leisten. „Ingenieurtechnisch gesehen eine schwierige Arbeit“, erläutert der Fachmann. Unter anderem auch deshalb, weil beispielsweise das Grundwasser abgesenkt oder eine Sohlabdichtung mit Unterwasserbeton eingebaut werden muss. „Der Organisationsaufwand ist schon enorm, klappt aber dennoch sehr gut“, sagt der Chef des Burger Ingenieurbüros.

Nach der bisherigen Entschlammung des Niegripper Altkanals in drei Bauabschnitten geht es jetzt darum, im Kreuzungsbereich der Landstraße 52 mit dem Gewässer einen neuen sogenannten Rechteckdurchlass zu schaffen – mit stattlichen Maßen: Das Bauwerk soll von Dauer sein und ist 46 Meter lang, 2,80 Meter hoch und 1,90 Meter breit, wobei die Wandstärke 25 Zentimeter breit ist. Dieser Durchlass wird aus vorgefertigten Betonelementen eingefügt. Er soll ein bisheriges Stahlrohr mit einem Durchmesser von etwa einem Meter ablösen, das ohnehin nicht tief genug verlegt worden war und nicht einmal bis zur Hälfte mit Wasser benetzt war, erläutert Ulf Möbius, Leiter des Außenbezirkes Niegripp des Wasser und Schifffahrtsamtes Magdeburg. 620 000 Euro nimmt der Wasser-Unterhaltungsverband Ehle/Ihle für das Vorhaben in die Hand, das im Rahmen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie finanziert wird.

Auch dieses Projekt ist Bestandteil der ökologischen Sanierung des Altkanals, der zu verschlammen drohte. Denn der neue Durchlass ermöglicht nicht nur den Wasseraustausch schlechthin, sondern auch, dass die Fische und andere Lebewesen ungehindert unter der Dammschüttung schwimmen und sich durch einen intensiven Austausch vermehren können. „Und auch an eine Otter-Berme wird natürlich gedacht“, erläutert Spiegler.

Die gesamten Arbeiten verlaufen bislang so reibungslos, dass sie vermutlich bereits im August beendet werden können. Anschließend wird auch die bisherige provisorische Umgehung zurückgebaut. Auch die Autofahrer hätten sich an die einspurige Befahrung der Baustelle selbst bei mehr Verkehr gewöhnt, ist Möbius zufrieden. „Die Regelung mit der Ampel ist so gut getaktet, dass die Wartezeiten nicht übermäßig lang sind. Es gab bislang noch keine Klagen“, sagt der studierte Wasserbauer, der auch im Stadtrat und Ortschaftsrat sitzt. Er hofft indessen wie Spiegler, dass das Vorhaben in den kommenden Jahren weitergeführt werden kann und eines Tages wieder über die alte Niegripper Schleuse Wasser von der Elbe in den Altkanal fließen kann. An diesem Ziel werde auf jeden Fall festgehalten. Schließlich sei dafür mit der Entschlammung der Wasserstraße eine wichtige Vorarbeit geleistet worden.

Denn der Faulschlamm konnte sich in den zurückliegenden Jahrzehnten so massiv aufbauen, weil der Altkanal mit Fertigstellung des Elbe-Havel-Kanals, Mittellandkanals und der Niegripper Schleuse (1938) für die Schifffahrt zunehmend an Bedeutung verlor. Mit dem Kiesabbau im Niegripper See wurden ab 1954 Teile des Altkanals stark frequentiert – was aber dazu führte, dass das sogenannte Trapezprofil zu einem flachen Muldenprofil zusammenrutschte. Gleichzeitig wurden Unterhaltungsarbeiten nur noch spärlich durchgeführt. Und mit dem Durchstich des Niegripper Sees zum Elbe-Havel-Kanal im Jahr 1976 und dem Bau der Dammschüttung 1977/78 wurde das Gewässer nur noch von Sportbooten genutzt.

Dabei war die Wasserstraße einst für den Gütertransport enorm wichtig. Um 1912 wurden beispielsweise um die 55.000 Tonnen pro Jahr transportiert, was letztlich zu Schäden am Kanal führte.

Heute ist der Altkanal ein bedeutendes Biotop und Lebensraum einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt, die hier ideale Bedingungen vorfindet. Auch die Wasserqualität hat sich mittlerweile deutlich verbessert. Darüber hinaus konnten zahlreiche Schäden an den Böschungsbereichen beseitigt werden.