1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Der lange Weg des Buches bis in das Regal

In der Hochschulbibliothek Friedensau schmeißen viele Ehrenamtliche den Laden Der lange Weg des Buches bis in das Regal

Von Stephen Zechendorf 14.08.2012, 05:29

Wer einen Bibliotheksausweis besitzt, kann innerhalb kürzester Zeit ein Buch entleihen. Doch es bedarf einiges an Aufwand und Zeit, damit das Buch in der Bibliothek seinen Platz findet.

Friedensau l Etwa 110 000 Medien - Bücher, CDs und andere Datenträger - beherbergt die Bibliothek der Theologischen Hochschule Friedensau. Diese Bücher und Schriften werden entliehen von Studenten aus der ganzen Welt, sie werden aufs unterschiedlichste genutzt, um Magister-, Doktor- oder Bachelorarbeiten zu verfassen. Doch bevor all diese Bücher den Weg aus den Regalen zu den Entleihern finden, haben sie alle zuerst den selben Weg in die öffentliche Bibliothek genommen.

Ein eingespieltes Team hat sich der Aufgabe angenommen, Neuzugänge aus den Bereichen Theologie, Sozialwissenschaften oder Musik zu erfassen und in dem vor erst vier Jahren neu errichteten Bau auf dem Hochschulcampus an den richtigen Platz zu bringen. Es ist eigentlich schon eine Wissenschaft für sich.

2000 Neuerwerbungen kommen pro Jahr dazu

Den ersten Kontakt zwischen Buch und Hochschulbibliothek stellt meist Silvia Mewes her. Die Grabowerin bestellt jene Medien, die durch die Bibliotheksleitung oder Dozenten der Hochschulbibliothek angefordert wurden. Etwa 2000 Neuerwerbungen pro Jahr werden getätigt, hinzu kommen Schenkungen aus Privatsammlungen oder Ankäufe aus modernen Antiquariaten.

Nachdem die bestellten oder geschenkten Bücher in Friedensau ankommen, werden sie im Computer erfasst. Das war früher freilich nicht so einfach, weiß Dr. Manfred Böttcher: "Früher mussten Karteikarten angelegt werden." Böttcher - vor vielen Jahren hatte er in Friedensau die Doppelfunktion des Direktors und Kanzlers des Predigerseminares - ist heute einer von mehreren ehrenamtlichen Mitarbeitern der Hochschulbibliothek. Heute sind das erste, was die Bücher in Friedensau zu spüren bekommen, ein Stempel und ein digital lesbarer Strichcode.

Sollte es - und das bleibt beim Einsatz moderner Technik bekanntlich nie aus - mal zu Problemen kommen, steht der EDV-Mann Dirk Schomburg parat. Seit fünf Jahren betreut der IT-Administrator die Hochschulbibliothek Friedensau in computertechnischen Fragen und hat in seinem Büro selber schon eine kleine Bibliothek angelegt: Es stapeln sich etliche Computerzeitschriften der letzten zwei Jahrzehnte.

Pastor aus der Elektrobranche mit "einschlägiger" Erfahrung

Es ist Sache von Dr. Manfred Böttcher, zu entscheiden, welchem Bereich ein neu zugegangenes Medium zugeordnet werden soll. Dazu hat er sich über die Jahre ein System erarbeitet, welches immer auch ausgebaut und um so manche Untergruppen erweitert worden ist. "Es kommt vor, dass ich ein Buch mehreren Bereichen zuordne, damit es unter verschiedenen Suchbegriffen gefunden werden kann, erläutert Dr. Böttcher. Seine handschriftlichen Notationen werden im Folgenden von zwei weiteren Mitarbeiterinnen, Birgit Scholle und Hannelore Jersch, als Signaturen in das digitale System eingepflegt. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Standnummern festgelegt.

"Jetzt werden die Etiketten ausgedruckt", erklärt Böttcher weiter und verweist auf seinen Mitstreiter am Nachbararbeitsplatz: Günter Witt, Pensionär und ebenfalls im Ehrenamt in der Bibliothek zugange, sortiert und bringt die nun Bücher mit den vergebenen Standnummern und Etiketten zusammen.

Nun folgt eine nicht minder wichtige Station: Viele Bücher mit Softeinband und Broschüren werden foliert, damit sie durch möglichst viele Leserhände gehen können, ohne in Mitleidenschaft zu geraten. Dieser Aufgabe hat sich Edgar Pusch angenommen. Eigentlich gelernter Elektriker und auch Pastor, hat sich Pusch Fertigkeiten angeeignet, mit denen er auch antiquarische Bücher wieder in Schuss bringen kann. Solch anspruchsvolle Aufgaben, die über das reine Einschlagen der Bücher in Folie hinausgehen, erledigt er jedoch nicht in der Bibliothek, sondern in seiner heimischen Werkstube. Natürlich ist auch Edgar Pusch aus freien Stücken am Werk.

Ohne Ehrenamtliche Helfer ginge es nicht

Ohne die ehrenamtlichen guten Geister geht es auch in den Friedensauer Bibliothek nicht. "Wir hatten eigentlich schon immer nur 2,5 Vollstellen und dazu über Jahre hinweg Ein-Euro-Kräfte". Nach deren Wegfall hatte Dr. Manfred Böttcher nach geeigneten Leuten gesucht und kann sich nun über ein effizientes Team freuen.

Schon vor Jahrzehnten, bis zum Beginn der siebziger Jahre, wurde die Bibliothek weit-gehend ehrenamtlich betreut. Damals war die Einrichtung noch in anderen Gebäuden des Predigerseminares untergebracht. Aufgrund von starkem Bestandswachstums seit den 90er Jahren wurde 2007 mit dem Bau des neuen Bibliotheksgebäudes in der Ahornstraße begonnen, das seit 14. Mai 2008 für alle geöffnet ist.Hier ist noch reichlich Platz für weitere Bücher: der dreistöckige Bibliotheksneubau, soll auf seinen 2750 Quadratmetern Nutzfläche insgesamt rund 230 000 Medieneinheiten Platz bieten. Und das bedeutet: auch für die Bibliotheksmitarbeiter gibt es noch reichlich zu tun.

Übrigens ist bei der Theologischen Hochschule Friedensau für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2013 ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich Kultur möglich. Auch hier ist die Hochschulbibliothek ein Einsatzbereich.

Die Hochschulbibliothek ist ganzjährig und für jeden an sechs Tagen in der Woche geöffnet, sogar an den meisten Feiertagen. Sonntags bis donnerstags 10 bis 20 Uhr und freitags von 10 bis 13 Uhr. Sonnabend: geschlossen. Die Ausleihe schließt 15 Minuten vor Ende der Öffnungszeit. Internet: www.thh-friedensau.de/Bib/de