Heimatgeschichte Die Geschichte Gommerns in den Jahren 1900 bis 1945
Karin Gust, Vorsitzende des Heimatvereins Gommern, berichtet über einschneidende Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Gommern - Die Industrialisierung hatte auch für Gommern zahlreiche Veränderungen gebracht. Der Ausbau der Eisenbahnlinie und der damit in Gang gekommene Aufschwung sorgten für die Ansiedlung von Betrieben und steigende Einwohnerzahlen.
Zuckerfabrik, Schuhfabrik, Erweiterung der Steinbrüche, Bau der Heilstätte Vogelsang, Bau des Feierabendheimes und der Kinderbewahranstalt, um nur einige zu nennen. Gleichzeitig erhöhte sich die Besiedlungsdichte und Gommern dehnte sich aus. Im Jahre 1903 wird die Schmalspurbahn gebaut, die hauptsächlich für die Versorgung der Zuckerfabrik mit Rüben vorgesehen war.
Anlässlich des 100. Todestages von Friedrich Schiller Anfang Mai 1905 fand die Schiller-Gedächtnisfeier statt. Seit dieser Zeit heißt die Ehlebrücke im Kreuzungsbereich Salzstraße, Hagenstraße, Wiesenstraße „Schillerbrücke“.
Der Erste Weltkrieg 1914 bis 1918 forderte unter den Einwohnern der Stadt 171 Todesopfer.
Zwischen den Kriegen
Bis 1923 hatte Gommern eine eigene Stromversorgung. Diese wurde sichergestellt von der Firma „C. Michaelis, Dampfmühle, Bäckerei und Elektrizitätswerk“ in der Hagenstraße. Die Firma ging infolge der Inflation in den zwanziger Jahren in Insolvenz. Die Mühle wurde verkauft und die Elektrizitätsversorgung von der Landelektrizität Börde übernommen.
Im Jahre 1922 wurde die Brauerei Carl Döring in der Breiten Straße stillgelegt. Der Brauereiteich wurde mit Schlamm aus der Zuckerfabrik zugeschüttet. Die Stärkefabrik in der Zerbster Straße wurde 1930 stillgelegt. Die vorhandenen Räumlichkeiten wurden vom Kaufmann Windisch zur Herstellung von Strohwaren genutzt.
Im Jahre 1935 wurde ein neues Feuerwehrgerätehaus gebaut und ein modernes Löschfahrzeug angeschafft. Letzteres beschlagnahmte 1945 die sowjetische Armee. Wo dieses Fahrzeug abgeblieben ist, ist nicht bekannt.
1937 wurde an den Schützenkienen (Gelände am Volkshaus) eine Kleinsiedlung angelegt, bestehend aus vier Einzelhäusern und vier Doppelhäusern. Die kleinen Häuschen wurden den Bewohnern als Eigentum übertragen und sie waren für 30 Jahre von der Grundsteuer befreit.
In der Zeit von 1930 bis 1940 wurden im Wohngebiet, in alten Chroniken als „Reisaus“ bezeichnet, ebenfalls viele kleine Häuser gebaut. Die sogenannte „Arbeiter-Vorstadt“ entstand. Das betraf die jetzige Ernst-Thälmann-Straße und Rudolf-Breitscheit-Straße, Bergstraße, und Brauhausstraße.
Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg
Auch unsere Gegend blieb vom 2. Weltkrieg nicht verschont. Am 18.01.1944 erfolgte ein Bombenangriff auf die Klinik Vogelsang. In der Chronik von Günter Wingert steht zu lesen:„Am 18.01.1944 wurden durch angloamerikanische Bombenflugzeuge die Krankenbauten und Wirtschaftsgebäude, obwohl als Rot-Kreuz-Einrichtung gekennzeichnet, stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch Luftminen, Brand- und Sprengbomben wurden das Haus I, die Küche, Bäckerei, Speisesaal, Arzthaus, Wäscherei und das Schwesternhaus zerstört. Das Angestelltenwohnhaus brannte bis auf die Grundmauern nieder.“
Egal wie man es dreht und wendet, Vogelsang wurde stark beschädigt. Vonseiten der Verantwortlichen wurden alle Anstrengungen unternommen, damit der Klinik-Betrieb wieder weiter gehen konnte. Der verheerende Bombenangriff vom 16. Januar 1945 auf Magdeburg ging auch an Gommern nicht spurlos vorüber. Einige der Brand- und Sprengbomben verirrten sich bis Gommern. Zahlreiche Einwohner von Magdeburg suchten Unterschlupf bei Freunden oder Verwandten in Gommern.