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Dürre Absage an das Prinzip Gießkanne

Burgs Landrat hat klare Botschaften: Landeshilfen muss es schnell geben. Und die bitte nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern punktgenau.

Von Marco Hertzfeld 31.07.2018, 01:01

Burg l „Die Bauern sollten schnell und unkompliziert Geld bekommen“, fordert Burgs Landrat Steffen Burchhardt gegenüber der Volksstimme. Bei Ankündigungen dürfe es angesichts anhaltender Dürre nicht bleiben. Landesdurchschnitte seien allerdings der falsche Gradmesser, die starken Unterschiede in den Ernteausfällen müssten berücksichtigt werden. „Mit einer ortsgenauen Identifikation der Wetterbedingungen und unter Berücksichtigung der Produktionsziele des jeweiligen Betriebes kann der entstandene Verlust genau festgestellt werden“, meint der SPD-Mann nach Gesprächen mit betroffenen Landwirten und dem Kreisbauernverband. Arbeitsgruppen auf Landesebene könnten wie nach dem Hochwassers 2013 dafür ein geeignetes Instrument sein. Sachsen-Anhalts bündnisgrüne Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert hat kürzlich Finanzhilfen in Aussicht gestellt. Die Prüfung werde aber noch bis Ende August dauern.

„Noch nie hat in den vergangenen Jahrzehnten eine Trockenperiode die Landwirtschaft in unserer Region so schwer getroffen.“ Der Landrat spricht offen von einer Krise, die den Ackerbau genauso treffe wie die Tierhaltung, den Bio-Bauernhof genauso wie den konventionellen Großbetrieb. Viele Landwirte bewirtschafteten ihre Felder in der dritten Generation. Ein Großteil stehe dieser Tage vor unternehmerisch schwierigen Entscheidungen. „Aufgrund der Ausnahmesituation ist nur noch wenig Arbeit notwendig.“ Die Landkreis stehe in Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit, um mit Betrieben und Landwirten eine tragbare Lösung für alle Beteiligten zu finden. Der Sozialdemokrat: „Es wäre wünschenswert, wenn hier Möglichkeiten, zum Beispiel angelehnt ans sogenannte Kurzarbeitergeld, den Betrieben an die Hand gegeben werden.“

Die Betriebe im Landkreis stünden vor massiven Problemen, in einigen Fällen gehe es bereits um die Existenz. „Die Ernteerträge liegen meist deutlich unter einem Drittel der sonst erzielten Jahresmengen.“ Das Jerichower Land gehöre zu den am stärksten betroffenen Regionen in Deutschland. Futter sei knapp, sogar Wintervorrat angegriffen, Preise stiegen rasant. „Es ist besorgniserregend, dass bereits viele Hunderte Tiere in andere Bundesländer gebracht wurden, nur um gewährleisten zu können, dass sie gesund und kräftig aufwachsen“, sagt Burchhardt. „Bauern sehen sich teilweise gezwungen, Tiere unter Wert zu verkaufen oder vorzeitig zu schlachten.“ Für die Biogasanlagen einiger Landwirte fehle Biomasse, sodass auch diese Einnahmequelle einbreche. Im Landkreis werden aktuell 31 666 Rinder, 109 198 Schweine und 6727 Schafe gehalten.

„Seit mehreren Monaten ist in weiten Teilen des Landkreises die Niederschlagsmenge nicht ausreichend, um Pflanzenwuchs natürlich zu unterstützen.“ Momentan lasse sich auch kein Feld für die kommende Fruchtfolge bestellen. „Proben haben ergeben, dass teilweise in bis zu vier Metern keine Feuchtigkeit mehr im Boden vorhanden ist.“ Die kleinen und großen Landwirtschaftsbetriebe sorgten für wichtige Arbeitsplätze. „Weit über 1200 Bürger des Landkreises arbeiten im Bereich der Landwirtschaft“, schätzt der SPD-Mann ein. Hinzu kämen Zulieferbetriebe, Landmaschinenhandel, Großhandel ebenso wie die verarbeitenden Betriebe, wie beispielsweise Bäckereien, Molkereien und Fleischereien. „Man kann davon ausgehen, dass kreisweit mehr als 5000 Bürger wirtschaftlich von einer funktionierenden Landwirtschaft abhängig sind.“

In jüngster Zeit sei das Bewusstsein für regionale Produkte deutlich gestiegen. „Die Versorgung aus der eigenen Region ist aufgrund der Dürre in Gefahr. Insofern ist auch die Politik gefordert, in solchen Notsituationen zu helfen und gegenzusteuern.“ Das Jerichower Land brauche eine starke Landwirtschaft, meint der Landrat und verweist im selben Augenblick auf die Feuerwehren, die verstärkt zu Feld- und Waldbränden gerufen würden. „Wir appellieren an alle Bürger, sich in der aktuellen Lage besonders verantwortungsvoll zu verhalten. Das Risiko ist größer denn je.“