Dr. Karlheinz Müller im Volksstimme-Gespräch über Knochenbrüche und Behandlungsmethoden / Vortrag am 23. Mai in Burg Fraktur-Risiko beim Rentner dreimal höher als bei seinem Enkel
Knochenbrüche und ihre Heilung mit modernen Operationsmethoden: So lautet das Thema eines Vortrags von Chirurgie- und Orthopädie-Chefarzt Dr. Karlheinz Müller am 23. Mai um 17 Uhr im Burger Krankenhaus. Redakteur Falk Heidel sprach darüber mit dem 63-jährigen Mediziner.
Volksstimme: Herr Dr. Müller, wie kann ich als Laie einen Knochenbruch erkennen?
Dr. Karlheinz Müller: In der Regel entstehen Frakturen durch mechanische Gewalt. Zum Beispiel bei Unfällen, beim Sport oder bei Stürzen. Es kommt auch vor, dass ein Knochen durch eine Dauerbelastung langsam immer weiter geschädigt wird und irgendwann bei einem eher geringen Anlass bricht. Mediziner sprechen dann von Ermüdungs- oder Stressfrakturen. Wenn das Bein nach einem Unfall schief steht, ist das ein sicheres Indiz für einen Bruch. Insgesamt besteht das menschliche Skelett aus 206 verschiedenen Knochen.
Volksstimme: Anhand der Schmerzen kann man einen Bruch nicht erkennen?
Dr. Karlheinz Müller: Stimmt. Eine Prellung oder Verstauchung kann mitunter schmerzintensiver sein als ein Bruch. Grund sind unsere sogenannten Schmerzrezeptoren. Die reagieren auf Spannungen, beispielsweise in der Gelenkkapsel. Ursache dafür kann auch eine Überdehnung sein. Für Klarheit kann dann nur der Besuch des Arztes sorgen, der dann per Röntgenbild erkennt, woher die Schmerzen kommen.
Volksstimme: Was unterscheidet die Chirurgie von heute von der früheren medizinischen Praxis?
Dr. Karlheinz Müller: Knochenbrüche kennen wir solange es die Menschheit gibt, das belegen Millionen Jahre alte Fossilfunde. Schon damals wussten die Menschen, dass eine Fraktur durch ruhigstellen, entlasten und Geduld heilen kann. Zur konservativen Behandlung wird der betroffene Knochen meist für mehrere Wochen stabilisiert. Dies geschieht durch einen straffen Verband, einen Gips oder spezielle Schienen. Als Faustregel müssen Menschen mit Knochenbruch acht bis zwölf Wochen einplanen, bis sie ihren gewohnten Alltag wieder absolvieren können. Durch die moderne Chirurgie kann man den Heilungsprozess deutlich verkürzen.
Volksstimme: In welchen Fällen sollte der Chirurg eingreifen?
Dr. Karlheinz Müller: Eine Operation muss meist bei verschobenen oder komplizierten Knochenbrüchen erfolgen. Auch die Lage beziehungsweise welcher Knochen betroffen ist, spielt eine Rolle dabei. Grundsätzlich kann jeder Bruch operiert werden. In den meisten Fällen heilen die Knochen nach einer Operation problemlos. Dennoch lässt sich ein Behandlungsergebnis nicht garantieren. Wir reden natürlich von einem massiven Eingriff mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
Volksstimme: Was passiert bei einem solchen Eingriff?
Dr. Karlheinz Müller: Bei der Operation eines Knochenbruchs kommen Platten und Schrauben in verschiedenen, dem jeweiligen Knochen angepassten Stärken zum Einsatz. Bestimmte Knochenbrüche werden mit einzelnen Schrauben, Marknägeln, Bohrdrähten und Implantaten behandelt. Diese Methoden beschleunigen die Zeit der Heilung enorm.
Volksstimme: Wie viele Knochenbrüche werden jährlich im Burger Krankenhaus operativ behandelt?
Dr. Karlheinz Müller: Das sind etwa 500 Operationen im Jahr. Wobei natürlich die Zeit Frühjahr/Sommer mehr Fälle hervorbringt als die kalte Jahreszeit.
Volksstimme: Gibt es altersspezifische Unterschiede?
Dr. Karlheinz Müller: Je nach Alter des Menschen kommt es unterschiedlich häufig zu Frakturen. Dies liegt an der unterschiedlichen Zusammensetzung des Knochens. Bei Kindern überwiegen biegsame Anteile. Bei älteren Menschen nehmen die elastischen Anteile ab, der Knochen wird spröde und splittert leicht. Außerdem kommt es infolge eines veränderten Hormonhaushalts auch zu einer zunehmenden Entkalkung der Knochen. Aus diesem Grund hat beispielsweise ein 70-jähriger Mensch ein dreimal höheres Risiko für einen Knochenbruch als ein 20-jähriger. Aus meiner Berufspraxis fällt mir auf, dass der Anteil der Kinder an den Brüchen zurückgegangen ist. Viele Mediziner erklären dies damit, dass sich die Jugend heutzutage weniger bewegt.