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Fusion Ist die alte Sparkassen-Welt vorbei?

Der Verwaltungsrat der Sparkasse Jerichower Land will Gespräche mit der Kreissparkasse Stendal über eine Fusion aufnehmen.

Von Thomas Pusch 20.11.2019, 05:00

Burg l Der Verwaltungsrat der Sparkasse Jerichower Land hat beschlossen, Fusionsgespräche mit der Kreissparkasse Stendal aufzunehmen. Verwaltungsratsvorsitzender Steffen Burchhardt betonte im Gespräch mit der Volksstimme, dass es keine Kündigungen geben werde.

Marcus Borck, Leiter des Fachbereiches Finanzdienstleistungen im Verdi-Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, bezweifelt im Gespräch mit der Volksstimme allerdings, dass ein möglicher Zusammenschluss der beiden Sparkassen gänzlich am Personal vorbeigehen würde. „Dem gilt unsere größte Sorge“, sagte er. Selbst wenn es tatsächlich keine Kündigungen geben sollte, sondern inhaltliche Veränderungen, habe das Einfluss. „Was passiert denn, wenn ich diese neue Tätigkeit nicht annehme, dann bin ich nicht gekündigt worden, aber sozialverträglich ist das doch dann auch nicht mehr“, positionierte er sich.

Und würden die Mitarbeiter überhaupt auf die neue Tätigkeit hin entwickelt? Borck macht eine einfache Rechnung auf: Bei der Sparkasse Jerichower Land und in der Kreissparkasse Stendal gibt es bestimmte Bereiche, die bei jedem einzelnen Kreditinstitut vertreten sind, dort würden nach einer Fusion doch nicht doppelt so viele Menschen arbeiten.

Eine Bankenfusion habe er in seiner jetzigen Tätigkeit zwar noch nicht begleitet, aber ähnliche Umstrukturierungen und dabei einige Erfahrungen gesammelt. „Wir haben gute Kontakte zu den Personalräten in Burg und Stendal und sind im Moment dabei, unter dem Dach von Verdi beide Personalvertretungen zu fusionieren“, erklärte er das weitere Vorgehen. So solle das Gemeinschaftsgefühl gestärkt, eine sogenannte Entsolidarisierung verhindert werden. Anfang Dezember soll das gemeinsame Gremium stehen und dann überlegt werden, wie man den Prozess weiter gestalten kann.

Die Gewerkschaft werde anbieten, mit am Verhandlungstisch zu sitzen. Wenn eine ausreichende Anzahl von Gewerkschaftsmitgliedern in den beiden Sparkassen dies abfordern würde, könnte auch ein Tarifvertrag zur Fusion aufgesetzt werden. Formalrechtlich sei dies zwar möglich, aber dafür sei der Organisationsgrad bei beiden Sparkassen zu gering. So werde es bei den Gesprächen bleiben.

Und die will die Gewerkschaft auch mit der Politik führen, schließlich sei sie im Fall der Sparkassen verantwortlich. Als öffentlich-rechtliche Unternehmen sind sowohl die Sparkasse Jerichower Land als auch die Kreissparkasse Stendal in Trägerschaft des jeweiligen Landkreises mit den beiden Landräten Steffen Burchhardt (Jerichower Land, SPD) und Carsten Wulfänger (Stendal, CDU) als Verwaltungsratsvorsitzende.

Dabei ist Borck davon überzeugt, dass sich die Verantwortlichen nicht hetzen lassen werden, „der Faktor Zeit wird nicht die wichtigste Rolle spielen“. Schon im Vorfeld habe die Gewerkschaft aus der Belegschaft Signale wahrgenommen, die mindestens für eine gewisse Unruhe gesprochen hätten, wenn auch noch nichts Konkretes festgestanden habe.

Unruhe, die hat es vor einigen Jahren auch bei der Kreissparkasse Stendal gegeben, als Anfang 2013 der Skandal um den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dieter Burmeister ans Licht gekommen war und in Teilen der Belegschaft der Eindruck entstand, dass durch den neuen Vorstand nach Burmeister-Befürwortern und -Gegnern eingeteilt werde. „So etwas geht an den Beschäftigten nicht reibungslos vorbei“, stellte Borck fest. Dies gilt wohl immer noch, auch wenn mit Jörg Achereiner seit 2015 ein Mann an der Stendaler Vorstandsspitze sitzt, der keinerlei Berührungspunkte mit seinem Vorgänger Burmeister hatte. Der allerdings hat bei verschiedenen Gelegenheiten davon gesprochen, dass die Kreissparkasse Stendal unter Druck steht, nicht zuletzt wie auch das Institut im Jerichower Land – wegen der Niedrigzinspolitik.

„Auch bei der Kreissparkasse Stendal gibt es Umstrukturierungen“, sagte Borck. Wenn sie auch im Vergleich mit dem Jerichower Land das größere Institut sei, mache sie das noch längst nicht sorgenfrei. Auch sie müsse sich der Entwicklung anpassen, sagte Borck, der während des Gesprächs passenderweise Teilnehmer eines Sparkassen-Forums der Gewerkschaft in Potsdam war. Damit sollen Betriebsräte in ihrer Tätigkeit fortgebildet werden. Dort sei in einem Vortrag vom Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Helmut Schleweis, gesagt worden: „Die Welt der Sparkassen, wie wir sie kennen, ist vorbei“. So müssten sich Sparkassen, ähnlich wie die Unternehmen in der Automobil- oder der Verlagsbranche, für die Zukunft wetterfest machen. Dass die Mitarbeiter im Jerichower Land und dem Landkreis Stendal dabei nicht auf der Strecke bleiben, darauf will Borck ein Auge haben.