1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Landwirtschaft: Gerd Bathge holt zum 60. Mal die Ernte ein

Landwirtschaft Gerd Bathge holt zum 60. Mal die Ernte ein

Seit 60 Jahren holt Gerd Bathge reifes Getreide von den Feldern. Vieles hat sich mit den Jahrzehnten in der Landwirtschaft verändert, nicht nur das Ausmaß der Feldbrände.

Von Stephen Zechendorf 28.07.2023, 10:15
Während des Feld- und Waldbrandes vor über einer Woche, versuchen Landwirte, die Strohballen vor den Flammen zu retten.
Während des Feld- und Waldbrandes vor über einer Woche, versuchen Landwirte, die Strohballen vor den Flammen zu retten. Stephen Zechendorf

Stegelitz - „Ich kann mich nicht erinnern, dass es früher solche Feldbrände gab“, sagt der 75-Jährige Ur- und Wahl-Stegelitzer im Gespräch mit der Volksstimme. „Ur“ deshalb, weil Gerd Bathge hier geboren wurde, und „Wahl“, weil seine Familie sich nach der Wiedervereinigung entschlossen hatte, von Hessen wieder in die Heimat zurückzukehren.

Im Jahr 1952 flüchteten Gerd Bathges Eltern mit dem damals knapp Fünfjährigen in den Westen, bewirtschafteten bei Kassel einen Hof, später die Staatsdomäne Selgenhof. Als dann die Grenzen zwischen den beiden Deutschlands fielen, stand die Familie Bathge vor der Wahl: in Hessen bleiben oder zurück auf die alte eigene Scholle in Stegelitz. Die Entscheidung fiel generationsübergreifend zugunsten der alten Heimat aus.

Generationenwandel im Familienbetrieb

Ein Familienbetrieb ist die Batghe GbR auch heute noch. Auf den Traktoren und Mähdreschern sitzen der Senior Gerd Bathge, der Sohn Karsten und längst auch Enkel Till. Mit dazu gehören auch die Frauen, Maria und Britta Bathge. In diesem Jahr wurde der Generationswechsel formell eingeläutet. 60 Ernten sind genug, sagt Gerd Bathge und möchte im offiziellen Firmenkonstrukt Platz machen für den Enkel. Das bedeutet freilich nicht, dass er nicht mehr mitmachen möchte: „Wenn es irgendwo brennt, bin ich natürlich da“, sagt der 75-Jährige, um sich dann sofort zu korrigieren: „Also jetzt nicht wirklich brennt...“

Denn von Bränden hat man auf dem Hof eigentlich genug. Es ist kaum zwei Wochen her, dass ein Feuer über die Felder des Stegelitzer Berges fegte. Über 85 Hektar brannten zwischen Tryppehna und Stegelitz. Und just an dem Tag, als man in der Volksstimme eine Dankesanzeige für die Helfer in Auftrag geben wollte, drohte bei Erntearbeiten erneut ein Flächenbrand. Doch diesen konnten die Maschinenführer schnell eindämmen, indem sie mit der Kurzscheibenegge Brandschneisen in das Feld zogen.

In der im doppelten Wortsinn „heißen Phase“ der Erntezeit stellt das Landwirtschaftsunternehmen stets einen mobilen 10.000-Liter-Wassertank neben den Acker. Ein weiterer Behälter mit 5000 Litern wartet auf dem Hof. Alle Landmaschinen sind mit Feuerlöschern ausgestattet.

Mehr Trockenheit und Wind und größere Felder

„Es ist trockener als früher und windiger“, sagt Gerd Bathge und meint damit natürlich das veränderte Klima: „Der große Brand vor Kurzem wäre nie so groß geworden, wenn es nicht einen derartigen Wind gegeben hätte. Die Roggenstoppel brannten wie Zunder.“

Doch dem Stegelitzer Landwirt fallen noch weitere Gründe ein, warum Brände heute mehr Schaden anrichten als früher: „Die Felder sind viel größer als damals im Westen. Landwirtschaft ist nicht mehr so kleinteilig, es grenzen nicht mehr so oft Felder mit reifen Feldfrüchten an noch grüne Felder, die ein Feuer stoppen könnten.“

Vielleicht liegt es ja auch an den Maschinen, die immer größer werden. Der Mähdrescher, auf dem Gerd Bathge vor 60 Jahren seine erste Ernte einholte, hatte eine Schnittbreite von 2,10 Metern. „Heute sind es elf Meter“, sagt Bathge.

Eine andere Entwicklung kommt den Landwirten dagegen gut zupass. Dass bei dem großen Flächenbrand so schnell andere Landwirte mit Wassertanks und Scheibeneggen zu Hilfe kamen, liegt auch an der digitalen Vernetzung des Enkels, sagt der Senior. Die junge Generation in den hiesigen Betrieben sei per „Soziale Medien“ bestens verbunden.

Noch einen Erntetag hat die Bathge GbR in diesem Jahr zu erledigen. Wenn der letzte Raps vom Feld ist, ist auch die 60. Ernte von Gerd Bathge unter Dach und Fach.

Der Stegelitzer Landwirt Gerd Bathge fährt in diesem Jahr seine 60. Ernte ein.
Der Stegelitzer Landwirt Gerd Bathge fährt in diesem Jahr seine 60. Ernte ein.
Stephen Zechendorf
Am 15.  Juli kam es zu einem großen Wald- und Feldbrand bei Stegelitz. Neben 142 Feuerwehrleuten eilten auch benachbarte Landwirte mit Technik und Wasser zu Hilfe.
Am 15. Juli kam es zu einem großen Wald- und Feldbrand bei Stegelitz. Neben 142 Feuerwehrleuten eilten auch benachbarte Landwirte mit Technik und Wasser zu Hilfe.
Fotos: Stephen Zechendorf