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Geschichte Stolpersteine halten Erinnerung wach

An die Opfer des Nationalsozialismus erinnern in Burg 27 Stolpersteine. Ihnen ist am 27. Januar ein Rundgang gewidmet.

Von Susanne Klose 28.01.2019, 00:01

Burg l Samuel Neumann war eine namhafte Adresse für die Burger: Sein Laden in der Zerbster Straße 34 war bekannt für feinen Zwirn und elegante Kleidung. Auch noch, als die Nazis die Macht in Deutschland ergriffen hatten.

Der Kaufmann erkannte aber die Zeichen der Zeit und floh mit seiner Tochter Regina nach Palästina – die restlichen Familienmitglieder wurden von den Nationalsozialisten ermordet.

Auch an sie erinnern die mittlerweile 27 Stolpersteine, die seit 2013 in der ganzen Stadt Burg verlegt worden sind. Die Initiative dafür hat sich am Runden Tisch gegen Rechts gegründet. Mit dabei und weiterhin aktiv: Joachim Gremmes, Pfarrer im Ruhestand.

Er hat es geschafft, mit Regina Neumann über Bekannte Kontakt aufzunehmen. „Irgendwann, so erzählte mir Regina vor Jahren am Telefon, sei ein Nachbar zu ihrem Vater gekommen. Er habe gesagt, er könne nicht mehr vorbeikommen, er sei Kommunist, sein Sohn jetzt in der Hitlerjugend und der hätte ihm gedroht, ihn zu denunzieren“, erzählt Joachim Gremmes.

Es sind jene Schreckensgeschichten aus dem Alltag, die wichtig sind – gegen das Vergessen, gegen das Aussterben von Erinnerungen. Denn die Zeitzeugen der dunklen Jahre sind alt, viele schon verstorben. „Es gibt nur noch sehr wenige“, weiß Joachim Gremmes.

Auch deshalb setzt er sich für die weitere Verlegung der Stolpersteine ein, die am Sonntag im Zentrum einer historischen Stadtführung stehen werden.

Seit 1996 wird am 27. Januar den Opfern des Nationalsozialismus gedacht, im Jahr 2005 erfolgte die Anerkennung des Internationalen Holocaustgedenktages durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Zu den Opfern gehört auch die Familie Schuster, an sie erinnern Stolpersteine im Breiten Weg. „Eine ehemalige Mitschülerin hat mir einmal erzählt, dass sie noch genau weiß, wie es damals hieß, dass jüdische Kinder nicht mehr in ‚ihre‘ Schule kommen dürfen“, erinnert sich Gremmes. Jeden Morgen habe sie gesehen, wie Horst und Jutta Schuster sich ängstlich ganz flach an die Hauswände drückten, auf dem Weg zur Schule in Magdeburg. „‚Wie geschlagene Hunde‘, hat sie gesagt“, erinnert sich der Pfarrer im Ruhestand.

Ihre Schicksale stehen stellvertretend für die Grausamkeit der Nationalsozialisten, an die auch Joachim Gremmes am Sonntag erinnern wird.

Treffpunkt für den historischen Rundgang ist um 11 Uhr in der Brüderstraße 8. „Wir müssen die Erinnerung wachhalten“, betont der Pfarrer, „und dem Wiederholen wehren.“