Gemeinden beklagen hohen Verwaltungsaufwand/Wehrfunktionäre befürchten Einbußen bei der Ausbildung Heftige Kritik an Innenministers Feuerwehr-Reform
Burg/Heyrothsberge l Die Bildungsstätte der Jugendfeuerwehr wird künftig in die Brand- und Katastrophenschutzschule integriert. Beide haben ihren Sitz in Heyrothsberge. Zudem soll das ebenfalls dort ansässige Feuerwehr-Institut der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität angegliedert werden. Das sind die Eckpunkte einer kleinen Feuerwehr-Reform von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), die das Ministerium gestern noch nicht in Gänze bestätigen wollte. Sprecherin Anke Reppin: "Derzeit wird noch geprüft."
Für reichlich Diskussionsstoff in den Feuerwehr-Depots und Rathäusern sorgt indes ein weiterer Punkt: Die Kommunen sollen künftig die Kosten für Fahrten und Lohnfortzahlung übernehmen, wenn die Feuerwehrleute in Heyrothsberge ihre fachlichen Lehrgänge absolvieren. Bisher sind diese Gelder beim Land abgerechnet worden. Im Gegenzug will das Land sämtlichen Kommunen insgesamt 1,5 Millionen Euro aus der Feuerschutz-Steuer überweisen - zweckgebunden.
Das Problem: Nach wie vor steht nicht fest, nach welchem Schlüssel dieses Geld unter den Gemeinden verteilt werden soll. Die Zeit drängt, im nächsten Jahr sollen die Regelungen in Kraft treten. Mit den Stimmen der CDU/SPD-Regierungskoalition dürfte die Gesetzesvorlage mühelos den Landtag passieren.
Wie wird das Geld verteilt? "Es gibt dafür keine für alle Beteiligten gerechte Lösung", meint Burgs Wehrleiter Joachim Ferchland. Er sagt: "Bei einer Aufteilung nach Fläche wären die Städte benachteiligt. Wenn der Schlüssel nach Wehrangehörigen berechnet wird, werden die Kommunen mit Sicherheit die ,Karteileichen\' aktivieren." Auch eine Verrechnung nach Einwohnern komme nicht in Frage, weil Einheitsgemeinden wie Möckern benachteiligt wären. Grundsätzlich stimmt Ferchland der Feuerwehr-Reform aber zu: "Es gibt dazu keine Alternative." Jedoch sieht er den Teufel im Detail: "Es darf nicht passieren, dass Einsatzkräfte nicht ausgebildet werden können, weil es die Kassenlage nicht zulässt."
Kopfschmerzen bereitet diese Reform auch vielen hiesigen Kommunen. "Ich bin überrascht über die Geschwindigkeit der Meinungsänderung", sagte Peter Schwindack. Der ehrenamtliche Kreisverbands-Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds zielt auf mehrere kurzfristige Wendungen bei der Gesetzesvorlage ab. "Das Land setzt den Städten und Gemeinden ständig die Daumenschrauben an, deligiert Aufgaben nach unten ohne für entsprechenden finanziellen Ausgleich zu sorgen. Aber das ist meine ganz persönlich Meinung." Schwindack kritisiert zudem noch viele offene Fragen: "Es gibt viele Details, die wohl erst später unangenehm auffallen werden." Und: Von Verwaltungs-Effizienz kann keine Rede sein, wenn sich früher zwei Damen um die Abwicklung der Zahlungen kümmerten und dies ab kommenden Jahr 170 Verwaltungsmitarbeiter in den Gemeinden tun."
Kein gutes Haar an der Reform lässt der Kreisfeuerwehrverband: "Wir vermissen eine klare Linie in diesem Konzept. Von einer Förderung des Ehrenamts kann keine Rede sein", sagt Vorsitzender Thomas Höfs. Er kann nicht verstehen, warum die Landkreise bei den Zahlungen aus der Feuerschutzsteuer leer ausgehen: "Da stellt sich die Frage, was aus dem runden Dutzend Kreisausbildern im Jerichower Land wird." Höfs zufolge fordert der Kreisfeuerwehrverband, die Reform um mindestens ein Jahr zu verschieben. Zudem macht es aus seiner Sicht keinen Sinn, die Feuerwehrausbildung zu budgetieren: "Wir müssen die Einsatzkräfte nach Bedarf ausbilden, nicht nach Kassenlage."
Höfs rechnet vor: "Wenn das Land die Abrechnung der Gelder so belässt wie bisher, würde es ja den eigenen Zahlen zufolge eine halbe Million Euro einsparen."
Ein zusätzliches "Verwaltungsmonster" befürchtet Burgs stellvertretender Bürgermeister Jens Vogler: "Immer wieder wird den Kommunen zusätzlicher Verwaltungsaufwand aufgedrückt, ohne dass es dafür einen finanziellen Ausgleich gibt." Aus Voglers Sicht sollte das Geld aus der Feuerschutz-Steuer komplett den Städten und Gemeinden zugeschrieben werden: "Denn Brandschutz, Feuerwehren und Katastrophen finden vor Ort statt, nicht in den Landesbehörden." Und auch er findet, dass das Engagement der Feuerwehrleute viel mehr gefördert werden sollte, anstatt daran zu sparen."
"Es fällt mir schwer, den Personalabbau in Heyrothsberge nachzuvollziehen", meint Dr. Peter Ladewig aus Heyrothsberge. Der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Jugendfeuerwehr und ehemalige Landesbranddirektor sagte gestern zur Volksstimme: "Offensichtlich ist noch nicht allen politisch Verantwortlichen klar, welche Bedeutung Nachwuchsarbeit, Forschung und eine gute Aus- und Fortbildung haben. Sicherheit ist auch ein Stu¨ck Lebensqualität."