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Hilfe Verständnis gibt es kaum

Kostenlose Pizza gab es für Bedürftige im Burger Haus der Diakonie. Die Volksstimme sprach mit zwei Besuchern über ihr Schicksal.

Von Thomas Pusch 05.12.2019, 00:01

Burg l Die Speisung der Armen gehört zu den sieben Werken der Barmherzigkeit. Jesus speiste gar 5000 Menschen am See Genezareth durch die wundersame Brotvermehrung. Christiane Bethge, Christiane Post und Michael Kübler von der Firma Hasa hatten etwas zu essen für Bedürftige im Haus der Diakonie dabei. Sie hatten kein Brot mitgebracht, sondern Pizza in elf Variationen. Auch wenn es in diesen Tagen naheliegt, es soll aber nicht bei einer einmaligen Weihnachtsaktion bleiben. „Wir fühlen uns als Unternehmen in der Region auch der Region verpflichtet und wollen das regelmäßig anbieten“, sagte Werksleiter Kübler. Diakoniehausleiterin Christiane Vibrans zeigte sich sehr angetan von dem Gedanken.

Genauso wie die vielen Menschen, die an jenem Vormittag ins Haus der Diakonie an der Grünstraße strömten. Sonst bekommen sie eine Mahlzeit in der Suppenküche oder holen sich Lebensmittel bei der Tafel. Die meisten von ihnen sind Stammgäste. So wie die 66-jährige Burgerin Karin (Name geändert), die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Dann wird nur über mich geredet“, befürchtet sie. Zehn Jahre hatte sie an eben jenem Ort gearbeitet, bei der Diakonie Essen ausgegeben und geputzt. Es folgten drei Jahre beim Roten Kreuz, „dann bin ich krank geworden“, sagt sie traurig. Zu jener Zeit hatte sie schon bewegte Jahre hinter sich.

In Burg als Fabrikarbeiterin angefangen, folgte sie ihrem Mann nach Eisenhüttenstadt, das Paar bekam fünf Kinder. Doch so harmonisch ging es nicht weiter, es folgten Trennung und die Rückkehr in die Heimatstadt.

Nach der Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht sie nun Altersrente und sieht sich schlechter gestellt als je zuvor. 200 Euro bleiben ihr im ganzen Monat zum Leben. „Das reicht vorne und hinten nicht und in der Mitte auch nicht“, fasst sie mit Galgenhumor zusammen. Verständnis von Anderen? Davon habe sie nicht viel gemerkt. Sie geht regelmäßig mit vier, fünf anderen Rentnerinnen ins Haus der Diakonie. „Mit denen kann ich mich unterhalten, sie verstehen meine Situation, aber sonst keiner“, sagt sie.

Der 48-jährige Klaus (Name geändert) sieht die Situation nicht ganz so pessimistisch. „Es gibt doch auch viele Privatleute, die für Bedürftige spenden, da ist doch Verständnis da“, nennt er ein Beispiel. Auch der gelernte Maschinenbauer hat einige berufliche Stationen hinter sich. Eine Ausbildung zum Rettungssanitäter hatte er ohnehin auch absolviert und als die Automobilzulieferer in der Krise steckten, schulte er zum Altenpfleger um. Der Umzug ins Jerichower Land brachte den Niedersachsen dann zurück zum Maschinenbau seine Gesundheit an den Boden. „Der Rücken ist kaputt, die Schulter ist kaputt, arbeiten kann ich nicht mehr“, erzählt er.

Nun wartet er darauf, dass seine Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt wird, lebt derzeit von Hartz IV, behält gut 300 Euro im Monat übrig. Auch bei ihm gibt es nicht nur ein berufliches, sondern auch ein menschliches Schicksal. Er hat drei Kinder, ist von seiner Frau getrennt. „Die Kinder sind aber regelmäßig bei mir“, sieht er auch da das Positive. Auf der anderen Seite bedeutet das natürlich auch, dass er dem Nachwuchs etwas bieten will. Und das ist zumeist mit Geld verbunden – seies nun der Kinobesuch, das Eis oder das Spielzeug. „Ich lege dafür Geld zurück, verzichte auf eigene Wünsche“, erklärt er.

Auch Karin würde ihren insgesamt sechs Enkelkindern gerne etwas bieten. „Aber meistens bleibt nur, Nein zu sagen“, meint sie. Auch der Gabentisch wird mager ausfallen. „Es ist Essen auf dem Tisch, das muss reichen“, stellt sie klar. Nur eine Tochter, die im selben Haus wohnt, wird Weihnachten bei ihr sein. Die anderen beiden Töchter und die zwei Söhne „müssen sich um ihre eigenen Sachen kümmern“.

Klaus muss Heiligabend und den ersten Weihnachtsfeiertag allein überstehen, am 26. Dezember kommen seine beiden jüngeren Kinder zu ihm, darauf freut er sich schon. Weihnachtswünsche haben die beiden keine großen. „Hauptsache gesund bleiben“, meint die Rentnerin. Der 48-Jährige stimmt zu: „Gesund bleiben ist wichtig, und ich hoffe, dass meine Erwerbsunfähigkeitsrente endlich durchgeht“.