Der Gründer des Fördervereins "Erhaltet Kloster Jerichow" starb 84-jährig am Dienstag in Flensburg Jerichow trauert um seinen Ehrenbürger René Leudesdorff
Jerichow/Flensburg l René Leudesdorff ist tot. Er starb im Alter von 84 Jahren in Flensburg. Weithin bekannt ist er als der Retter von Helgoland, der im Dezember 1950 zusammen mit seinem Studienkollegen Georg von Hatzfeld in einer gut vorbereiteten Nacht- und Nebel-Aktion die Insel Helgoland friedlich besetzte und damit erheblich dazu beitrug, dass diese von den Briten wieder freigegeben wurde. Am 30. September 1993 erhielten beide dafür das Bundesverdienstkreuz erster Klasse aus der Hand von Bundespräsident Richard von Weizsäcker.
Dass nun viele Menschen in Jerichow und Umgebung um ihn trauern, hängt jedoch mit einer anderen großartigen Leistung René Leudesdorffs zusammen. Er hatte das Kloster Jerichow bereits kennen und schätzen gelernt, ebenso den damaligen Jerichower Pfarrer Carsten Müller und dessen Familie, als ihn im Herbst 1998 die Kunde von der Einsturzgefahr der Türme und der Sperrung der Klosteranlage erreichte.
Der damals 70-Jährige hatte bereits ein Berufsleben als vielseitig engagierter Pfarrer und Journalist hinter sich, aber "Ruhestand" war ein Wort, das nicht zu ihm passte. Er wollte helfen, wobei er natürlich wusste, dass sein Ruf als Retter von Helgoland und die vielen guten Kontakte, die er hatte, hier Gutes bewirken können. Es wurde ein hartes Stück Arbeit, in das er sicher weit mehr Zeit und Mühe investierte als ein halbes Jahrhundert zuvor in die Helgoland-Aktion. Mit ganzer Kraft kniete er sich in diese neue Aufgabe, und Schritt für Schritt kamen die Erfolge.
Im Dezember 1998 gründete er zusammen mit Gleichgesinnten den Förderverein "Erhaltet Kloster Jerichow", wurde für viele Jahre dessen Vorsitzender und gewann Bundesminister a.D. Volker Rühe als Schirmherrn. Zusammen mit diesem initiierte er das "Wandern für Jerichow", das mehrere Jahre eine werbewirksame, gut besuchte Veranstaltung war.
Es gelang maßgeblich durch Leudesdorffs Initiative, Fördermittel aus verschiedenen Töpfen für die Sanierung des Klosters zu bekommen, er gewann Stiftungen und private Förderer, die das Projekt unterstützten, ja sogar die Getty-Stiftung in den USA. Die sicherlich spektakulärste Aktion war 1999/2000 die Sanierung der beiden Turmhelme. Doch Leudesdorff machte weiter. Es folgten die Neueindeckung des Kirchendachs und die Erneuerung der Decke. Als noch die Gerüste standen, stiftete er ein großes Triumphkreuz, das seither im Triumphbogen hängt.
Parallel wirkte er maßgeblich dabei mit, das in eine Sackgasse geratene Eigentumsproblem zu lösen, das Sanierungsarbeiten und zukunftsweisende Projekte erheblich behinderte. So gelang es nach intensiven Bemühungen, dass Kirche, Stadt und Land ihre Teile zusammenführten: Am 13. Dezember 2004 wurde die "Stiftung Kloster Jerichow" gegründet. René Leudesdorff war einer der Unterzeichner der Gründungsurkunde.
Während nun die weitere Sanierung und Entwicklung der Klosteranlage Sache der Stiftung war, stieß René Leudesdorff noch ein weiteres Projekt an, das ihm sehr am Herzen lag: Die Erneuerung der Fenster der Klosterkirche. Seine Idee setzte sich durch, einen Wettbewerb dafür auszuschreiben. In dessen Ergebnis wurden neue Fenster nach Entwürfen des Künstlers Jochem Poensgen gestaltet.
Für mehrere Jahre hatte René Leudesdorff damals seinen Wohnsitz nach Jerichow verlegt. So lernte er hier viele Menschen kennen, fand neue Freunde sowohl unter Kirchenmitgliedern als auch Nichtmitgliedern. Manchen Gottesdienst in Jerichow und Umgebung leitete er und erkannte dabei das Problem, dass Pfarrer in dieser dünn besiedelten Region für viel zu viele Orte zuständig sind. So gründete er 1999 die Evangelische Zehntgemeinschaft: Pfarrer im Ruhestand übernehmen bei Krankheit oder Urlaub Vertretungen für jüngere Kollegen.
Im Jahr 2008 wurde René Leudesdorff zum Ehrenbürger der Stadt Jerichow ernannt. Die Festveranstaltung fand im neu gebauten Bürgerhaus statt, dessen Name ein Vorschlag von ihm war und wofür er das große Schild überm Eingang stiftete. Auch die Umsetzung einer weiteren Idee für Jerichow durfte er noch erleben: Die Namensgebung "Behrens-Petzel-Platz" für jenen Ort, in dessen Nähe die Männer lebten, die als einzige vor ihm mit der Ehrenbürgerschaft von Jerichow geehrt worden waren. Zur Einweihung dieses Platzes am 13. März 2012 war er zum letzten Mal in Jerichow. "Sein Tod ist menschlich ein großer Verlust und auch für die Stadt, für die er so viel geleistet hat", sagte Jerichows Bürgermeister Harald Bothe.
Ein Abschiedsgottesdienst findet am 15. Juni in der St. Laurentiuskirche in Dagebüll-Fahretoft statt, wo er etliche Jahre Pfarrer war, teilten sein ältester Sohn Stephan René Leudesdorff und seine Frau Margarete Tappenbeck mit.