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Kaufhaus-Kette hatte 1925 am Markt Neubau errichtet / Holger Bergt erforscht Firmengeschichte Karstadt-Spurensuche in Burg

Von Steffen Reichel 19.06.2015, 03:12

Das Haus mit der imposanten Fassade am Burger Markt, in dem heute eine große Drogeriemarkt-Kette ihre Filiale hat, war 1925 als Karstadt-Warenhaus erbaut worden. Holger Bergt aus Bremen erforscht die Geschichte des Warenhaus-Konzerns und kommt dabei um die Ihlestadt nicht herum.

Burg/Bremen l In der Heimatstadt von Holger Bergt (50), in Bremen, ist die immer kleiner werdende Warenhaus-Welt noch in Ordnung. Dort ist Karstadt nach wie vor das größte Kaufhaus der Stadt. Holger Bergt interessiert allerdings weniger das Angebot, sein Faible ist die Karstadt-Geschichte. Dabei begeistert ihn nicht nur das Bremer Karstadt-Haus. Inzwischen hat Holger Bergt Material zusammengetragen, das mehr als 70 Aktenordner umfasst. Außerdem füllen Sachzeugen der Karstadt-Geschichte seine Regale: Bücher, Chroniken, Bestecke, Geschirr, Kleiderbügel...

Architekt Philipp Schaefer

Das Interesse an Karstadt wurde bei Holger Bergt über das Interesse an der Architektur der Karstadt-Kaufhäuser geweckt. "Philipp Schaefer war ab 1920 bis zu seinem Tod 1952 Chefarchitekt und Leiter der Bauabteilung bei Karstadt. Er entwickelte den sogenannten Karstadt-Stil, der bei sämtlichen von 1921/24 (Wilhelmshaven) bis 1932 (Bremen, Essen) errichteten Erweiterungs- und Neubauten von Karstadt zum Ausdruck kam", erklärt Bergt.

Kennzeichnend für diese Architektur waren hauptsächlich der Vertikalismus der Fassade, Leuchtkörper an Ecken oder Pfeilern, ein Lichthof mit Glasdach im Innenraum und später, bei größeren Häusern, eine Dachterrasse mit Gastronomie.

Die vertikal gegliederte Fassade und der Lichthof sind bis heute charakteristisch auch für das Burger Karstadt-Haus, 1925 nach den Plänen von Philipp Schaefer erbaut.

Karstadt hatte 1922 in Burg das Kaufhaus von Georg Wittkowsky übernommen, der zunächst Geschäftsführer (bis 1933) blieb und 1934 als Jude nach Palästina auswanderte. Bergt: "Interessanterweise gab es in Magdeburg ein Kaufhaus Raphael Wittkowsky, das zum 1. Januar 1927 mit weiteren 18 Standorten der Firma M. J. Emden Söhne (Hamburg) von Karstadt übernommen wurde. Das Haus wurde 1931 im Rahmen der damaligen Karstadt-Krise wieder verkauft, ebenso mehrere Grundstücke in Magdeburg am Breiten Weg, die man ab 1927 erworben hatte. Ursprünglich war die Errichtung eines großen Hauses geplant."

Architekt Schaefer ist in Magdeburg also nicht zum Zuge gekommen, dafür aber in anderen deutschen Städten: "Die ersten seiner Häuser hatten noch ein Schrägdach (Wilhelmshaven 1921/24, Burg und Aplerbeck 1925, Duisburg 1927, Göttingen 1929), später ging Schaefer zum Flachdach über, wie in Hamburg-Barmbek und Neubrandenburg (beide 1928), Celle und Gelsenkirchen-Buer (1929), Recklinghausen (1930), Berlin (1929) sowie Essen und Bremen (1932)."

Unter Denkmalschutz

Weitere geplante Ersatz- und Neubauten (Dortmund, Ludwigslust, Lübeck, Münster/Westfalen, Berlin-Steglitz, Berlin-Wedding) kamen durch die Unternehmenskrise 1929 bis 1932 nicht mehr zur Ausführung.

Etliche von Schaefers Karstadt-Bauten haben den Zweiten Weltkrieg und die Abrissbirnen der Nachkriegszeit nicht überstanden. Doch die Häuser in Bremen, Burg und Gelsenkirchen-Buer stehen heute unter Denkmalschutz.

Das Karstadt-Haus in Bremen ist der größte noch vorhandene Schaefer-Bau und von Holger Bergt weitgehend "erforscht". Nun streckt der seine Fühler nach Burg aus: "Alles in allem ist zur Geschichte und Baugeschichte des Burger Karstadt-Hauses wenig bekannt", so Bergt. Das liegt sicher auch daran, dass nach 1945 der Name Karstadt in Burg schnell verschwunden war.

Aus Mangel an Waren war das Burger Kaufhaus in den ersten Nachkriegsjahren zunächst zweckentfremdet, bevor 1948 die staatliche Handelsorganisation HO dort ihr Warenhaus eröffnete, das bis 1995, nach der Wende privat, geführt wurde.

Dann gab es Leerstand und Investitionen, 2004 eröffnete die Burg-Galeria, deren Konzept, mehrere Händler und Dienstleister unter einem Dach, aber nicht aufging.

2011 kaufte dann Rossmann das Haus, baute erneut um und eröffnete schließlich 2013 im traditionsreichen Haus.

Holger Bergt sieht sich als selbsternannter Karstadt-Archivar auch in der Pflicht, weitere Erinnerungen, Dokumente, Materialen und Sachzeugen (zum Beispiel Kleiderbügel) bezüglich des Burger Karstadt-Hauses zusammenzutragen und setzt dabei auch auf die Unterstützung der Volksstimme-Leser.

Holger Bergt ist telefonisch unter 0421/47 88 58 75 (mit Anrufbeantworter) oder 0163/841 23 00 zu erreichen.