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Kataster Jedem Baum seine Nummer

Um die Pflege von Bäumen gewährleisten, investiert die Gemeinde Biederitz in den nächsten Jahren in ein Baumkataster.

Von Christian Luckau 24.06.2018, 07:47

Biederitz l Sabrina Ostermann ist für das neue Baumkataster in der Gemeindeverwaltung zuständig. Dafür besuchte sie eigens einen Lehrgang. Auch ein Verwaltungsprogramm schaffte die Gemeinde im letzten Jahr für die Erstellung des Baumkatasters an. Jetzt also liegen die ersten Zwischenergebnisse der Bestandaufnahmen und Untersuchungen vor.

„Wegen der Stürme und Schäden an vielen Bäumen mussten wir die Baumkontrollen im Dezember 2017 an eine externe Firma vergeben. Diese beendete ihre Arbeit im Februar“, erklärt Gemeindebürgermeister Kay Gericke (SPD).

Nach dem Einpflegen in das Kataster kann Ostermann jetzt auf einen eingepflegten Bestand von 1200 Bäumen auf Grund der öffentlichen Hand verweisen. Allein 700 dieser Bäume stehen in Alleen. 200 davon sind Jungbäume, die nach Auflagen neu gepflanzt werden mussten, um den Allee- charakter zu erhalten.

Der Rest der bisher aufgenommenen Bäume, nämlich 500, steht im Park Königsborn. Damit sind aber längst nicht alle Bäume auf öffentlichem Grund in den sechs Ortschaften erfasst. Ein Baum ist zudem, so Ostermann, alles das, was nicht strauchartig wächst. Sträucher gibt es in der Gemeinde ebenfalls einige.

Ostermann geht ohnehin von einem weit höheren Baumbestand aus und hat deshalb vorsorglich 3200 Nummernplaketten für Bäume bestellt. Diese sollen nun nach und nach in die Rinde eingeschlagen werden. Bis alle Bäume vollständig im Baumkataster erfasst sind, wird es aber noch mindestens ein Jahr dauern, ist sich Ostermann sicher. Dabei werden Naturverjüngungen bis zu einem Stammdurchmesser von 14 Zentimetern nicht berücksichtigt.

„Am Anfang tut es finanziell sicher erst einmal weh“, meint auch Ostermann. Die bisherigen Kosten für die Anlegung des Baumkatasters beziffert sie auf 16.500 Euro für Erfassung und Kontrollen. Hinzu kommen 70.000 Euro für Baumpflegemaßnahmen in diesem Jahr. Notwendig wären allerdings, 400.000 Euro, um alle Bäume zu kontrollieren, zu erfassen und notwendigen Pflegemaßnahmen durchführen zu können.

Das geht beim besten Willen nicht. Deshalb ist die Gemeinde beim Thema Baumkataster noch lange nicht am Ende. „Die Kostenverteilung soll Scheibchenweise erfolgen, so wie es im Haushalt möglich ist“, erklärt Gericke.

Vor allem die Alleen, die den Charakter der Gemeinde prägen, sind dabei ein Unsicherheitsfaktor. Immerhin hat die Gemeinde eine Verkehrssicherungspflicht und den Bäumen ist oftmals von außen nicht anzusehen, wie fest sie noch stehen. Außerdem sind Alleen gesetzlich geschützt. Das bedeutet für die Gemeinde stetige Neupflanzungen, wenn Bäume in Alleen weichen müssen.

Genau diese Ersatzpflanzungen müssen vorgenommen werden.

Ostermann hat derzeit 80 Alleebäume in der Liste, die Ersatz benötigen, um die Lücken zu füllen. Mit kleinen Stecklingen geht das nicht. „Rund 1200 Euro kostet der Gemeinde ein neuer Alleebaum samt Fünfjahrespflege“, rechnet Ostermann vor.

Allein deshalb wird in den nächsten zwei bis drei Jahren ein stetig hohes Investitionsvolumen notwendig sein. Denn beim Thema Baum haben viele mitzureden.

Auch die untere Naturschutzbehörde, die vor allem die Erfassung von nistenden Vogelarten und Fledermäusen akribisch dokumentiert sehen will. „Muss ein Baum im Zuge der Gefahrenabwehr weichen und nisten in ihm Vögel, muss diesen ein Ersatznistplatz angeboten werden“, so Ostermann. Heißt: Nistkästen müssen angebracht werden.

Das Zusammentragen von Informationen zum Standort eines Baumes, seiner Art, seines Alters und möglicher Bewohner machen ein Baumkataster allein nicht aus.

„Die Rechtssprechung gibt vor, dass ein Baum je nach Alter und Schäden in bestimmten Abständen kontrolliert werden muss. Auch diese Kontrollen fließen als Dokumentation in das Baumkataster ein. Ebenso die Pflegemaßnahmen an jedem einzelnen Baum“, erklärt Ostermann die Vielzahl von Informationen, die sich hinter dem Baumkataster verbergen. So ist die Gemeinde auch juristisch und versicherungstechnisch abgesichert, denn sie kann über das Baumkataster nachweisen, wann Maßnahmen und Kontrollen durchgeführt worden.

Solche Informationen sind dann wichtig, wenn es darum geht, Beschädigungen an Bäumen nach bestimmten Baumaßnahmen nachzuweisen.

Einen solchen Fall kann Ostermann benennen. „Als 2006/2007 in der Heyrothsberger Straße die Gehwege und Regenentwässerungen neu gemacht wurden, da wurden einzelne Wurzeln von Bäumen beschädigt. Das ist nicht sofort erkennbar, mit dem Baumkataster lässt sich aber ein Krankheitsbild, aufgrund von Pilzbefall, erkennen“, erklärt sie.

Weil sich die Gemeinde Biederitz in der Quarantänezone für den Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB-Käfer) befindet, sind stetige Kontrollen auch auf Schädlingsbefall eine Pflicht. Aus der Gemeinde Biederitz darauf derzeit kein Holz exportiert werden. „Pheromonfallen sind im Gemeindegebiet aufgehängt. Ein Befall konnte bisher bei keinem Baum in der Gemeinde nachgewiesen werden“, so Ostermann.

Neben dem ALB-Käfer, der sicher eine der größten Gefahrenpotenziale beherbergt, gibt es aber noch weitere Schädlinge, die von der Gemeinde bekämpft und dokumentiert werden müssen. „Derzeit geben wir rund 4000 Euro pro Jahr für die Schädlingsbekämpfung an Bäumen aus“, meint Ostermann und fügt an: „Ein großes Problem ist auch die Moniermotte, deren Population durch einfache Maßnahmen eingedämmt werden kann. So sollte Laub unter Bäumen entfernt werden. Das stärkt den Baum.“ Als Letztes nennt Ostermann noch den Eichenprozessionsspinner. Dieser ist an Kitas und auf dem Campingplatz in den letzten Jahren gesichtet und entsprechend bekämpft worden.