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Schulleiter im Kreis stehen Plänen der Landesregierung skeptisch gegenüber Kein Applaus für die Gemeinschaftsschule

Von Kristin Schulze 05.03.2012, 04:28

Gemeinsames Lernen bis Klasse 10 - an Gemeinschaftsschulen vielleicht bald Realität. Schulleiter im Jerichower Land stehen dem skeptisch gegenüber.

Burg/Genthin/Gommern l An den Gymnasien im Jerichower Land steht man der Gemeinschaftsschule naturgemäß skeptisch gegenüber. Die Schüler sollen dort auch das Abitur erwerben können. Eine Konkurrenz für seine Schule sieht Dr. Malte Theuerkauf, Schulleiter des Roland-Gymnasiums, trotzdem nicht. "Ich befürchte für das ¿normale\' Gymnasium keine schwindenden Schülerzahlen." Das Unterrichten an einer Gemeinschaftsschule sei viel schwieriger, weil man die Schüler auf völlig verschiedene Abschlüsse vorbereiten müsse.

Ein Vorteil von Gemeinschaftsschulen sei jedoch, dass durch zusätzliche Schulen die Wege für die Schüler verringert werden könnten. "Besonders im ländlichen Raum."

"Da kommen die Leistungsstarken wie die Schwachen zu kurz"

Diesen Vorteil sieht auch Gotthard Wienmeister. "Das ist aber auch der einzige", sagt der Schulleiter des Genthiner Bismarck-Gymnasiums. "In der Gemeinschaftsschule will man leistungsstarke und -schwache Schüler gemeinsam unterrichten. Da kommen beide Gruppen zu kurz." Auch Wienmeister hält die Gemeinschaftsschule nicht für eine wirkliche Alternative. "Wer das Abitur für sein Kind möchte, wird es auf ein Gymnasium, nicht auf eine Gemeinschaftsschule schicken", prognostiziert er. Die Vorteile lägen auf der Hand. "Die Lerngruppe ist relativ homogen, da das Niveau der Schüler näher beeinander liegt." Eine Konkretisierung der Ideen müsse nun folgen. "Ich habe einige Jahre pädagogische Erfahrung. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man das umsetzen will."

Genauere Informationen wünscht sich auch Gesine Fröhlich vom Europa-Gymnasium Gommern. "Noch ist es zu früh, um abschließend zu urteilen." Aber auch sie plädiert für die gegenwärtige Struktur mit Trennung nach Klasse 4. "Das sollte optimiert und nicht um eine weitere Schulform ergänzt werden." Verbesserungsbedarf sieht sie zum Beispiel bei zu engen Rahmenrichtlinien. "Wir vermitteln teilweise viel zu viel Stoff. Von einem Übungseffekt kann dann nicht mehr die Rede sein."

"Wer soll die Abiturienten auf so einer Schule unterrichten?"

Die Sekundarschulen im Kreis tun sich mit der Findung eines Standpunkts zur Problematik schwerer. Obwohl sie die eigentliche Zielgruppe sind - Schul träger und -konferenzen können entscheiden, ob eine Sekundar- zur Gemeinschaftsschule wird - war zu einer Einschätzung gegenüber der Volksstimme nur Jürgen Scholz von der Burger Sekundarschule "Carl von Clausewitz" bereit.

Bereits 20 Jahre ist er hier Schulleiter und stellt fest: "So viele Veränderungen wie in Sachsen-Anhalt gibt es in kaum einem anderen Bundesland." Die Grundidee der Gemeinschaftsschule findet er dennoch nicht verkehrt, "denn die Aufteilung der Kinder nach der vierten Klasse kommt zu früh." Ähnlich wie seine Kollegen am Gymnasium sieht aber auch Scholz Schwierigkeiten in der Umsetzung.

"Wer soll die Abiturienten unterrichten?", fragt er und verweist auf die fehlenden Erfahrungen der Sekundarschullehrer mit Elft- und Zwölftklässlern.

Gemeinschaftsschule stelle die Pädagogen vor die Herausforderung, verschiedene Lerner in einem Klassenzimmer zu unterrichten. In der Sekundarschule ist das bereits heute gängige Praxis. "Wir haben hier ehemalige Gymnasiasten, Real-, Haupt- und Förderschüler." Um alle an ihr Ziel zu bringen, ("Die Schwierigkeit besteht darin, dass jeder ein anderes Ziel hat.") kommen verschiedene Methoden zum Einsatz.

"Gruppenarbeit, Einzelbetreuung am Platz, kurzzeitige Herausnahme aus dem Klassenverband zum individuellen Lernen...", zählt Scholz auf. Das erfordere eine differenzierte Unterrichtsvorbereitung.

"Bei uns verständigen sich zum Beispiel die Förder- mit den Realschullehrern in Teamsitzungen über Unterrichtsinhalte. Das funktioniert, ist aber aufwändig." An der Gemeinschaftsschule käme im Klassenzimmer nun noch die Gruppe der potentiellen Abiturienten hinzu.

Dies zu realisieren, hält auch Jürgen Scholz für problematisch. "Es bedarf einer sehr gründlichen Vorbereitung. Methodischer Aufbau des Unterrichts, Lehrerqualifizierung ... All das sind Fragen, die geklärt werden müssen."