Wie sich eine Kooperation von Fachleuten in Burg um schwergewichtige Patienten kümmert Mit steigendem Gewicht sinkt die Lebensqualität
Die Zahlen sind alarmierend: Jeder dritte Deutsche hat einen deutlich erhöhten Taillenumfang. Jeder vierte Bundesbürger ist fettleibig. Im Burger Krankenhaus gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Anlaufstelle für Übergewichtige ist eine noch junge Selbsthilfegruppe.
Burg l Jedes siebte Kind in Deutschland ist zu dick! Laut Zahlen des Berliner Robert-Koch-Instituts gibt es hierzulande fast zwei Millionen übergwichtige Kinder und Jugendliche - 50 Prozent mehr als vor 20 Jahren. Rund sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen sind adipös. Bedeutet, sie sind krankhaft übergewichtig.
Im Umfeld des Krankenhauses Jerichower Land in Burg hat sich eine Kooperation formiert, die dem extremen Übergewicht "zu Leibe" rücken will. "Viel schlimmer als das eigentliche Übergewicht sind die Begleiterkrankungen", sagt Dr. Martin Lehmann. Der Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie spricht von Diabetes, Herzerkrankungen, Bluthochdruck und massiv erhöhen Risiken für Schlaganfall und Infarkten. Hinzu kämen die orthopädischen Risiken für Hüfterkrankungen oder Arthrosen: "Jeder Kilo zu viel belastet die Gelenke."
Bestimmt wird das Übergewicht anhand des Body-Mass-Index (BMI). Die Formel lautet Gewicht in Kilo geteilt durch Körpergröße zum Quadrat. Zwei Drittel der Ma¨nner und die Ha¨lfte der Frauen sind u¨bergewichtig, knapp ein Viertel der Erwachsenen ist adipo¨s. Als u¨bergewichtig gelten Menschen ab einem BMI von 25, als fettleibig ab 30. Eine Operation wird in der Regel ab einem BMI von 40 empfohlen. Dann sprechen Mediziner von krankhafter Fettleibigkeit. Diese Grenze wa¨re bei einem 1,80 Meter großen Mann mit 130 Kilo erreicht, bei einer Frau von 1,70 Meter mit rund 116 Kilo.
Eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit extremem Übergewicht gibt es seit einigen Tagen am Burger Krankenhaus. Erster Vorsitzender dieser Gruppe ist Klaus-Dieter Vogt. Er sagt: "Mit steigendem Gewicht sinkt die Lebensqualität." Vogt weiß wovon er spricht: Nach einer Schlauchmagenoperation vor gut drei Jahren hat er sein Gewicht von 186 Kilo auf jetzt 144 reduziert. Doch dabei soll es nicht bleiben: "Mein Ziel ist die 130-Kilo-Marke", sagt der 53-jährige Autor des Buches "Gespräche mit meinem Bauch". Wenn Vogt über Lebensqualität redet, meint er die für fettleibige Menschen zu schmalen Sitze in Bussen und Bahnen: "Oft quält Betroffene die Angst vor dummen Sprüchen auf der Straße. Zudem ist es kein Geheimnis, dass dicke Menschen beim Treppe steigen schnell außer Atem sind."
Informationen zu diesem Themenkomplex gibt es am 11. November um 19 Uhr in einer öffentlichen Veranstaltung im Krankenhaus der Kreisstadt.
Chefarzt Lehmann: "Die Anzahl von Patienten mit einem krankhaften Übergewicht steigt weiter an. Mit der Lebensqualität sinkt auch die Lebenserwartung. Deutschland steht im europäischen Vergleich beim Thema Körpergewicht an erster Stelle."
Ein Operationsverfahren zur Reduzierung von extremem Übergewicht komme für Patienten mit einem Gewicht zwischen 130 und 230 Kilogramm in Frage: "Zuvor muss natürlich geklärt werden, ob der Patient alle konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Also Ernährungsumstellung, Bewegung, Medikamente und Verhaltenstherapien."
"Das Prinzip der operativen Methoden wie Schlauchmagen oder Magenballon ist stets ähnlich. Durch eine Verkleinerung des Magens nehmen die Patienten weniger Nahrung zu sich und reduzieren so ihr Gewicht um 30 bis 60 Prozent", sagt Lehmann. In Burg hat es bisher vier solcher Operationen gegeben. Jedoch handele es sich wie bei jeder OP um einen Eingriff mit Risiken.
Die Ursachen für Fettleibigkeit sind verschieden. Vogt sagt: "Wir alle kennen das, wenn Kinder gesagt bekommen ,du musst schön aufessen, damit die Sonne scheint\'." Dr. Martin Lehmann: "Auch psychischer Stress kann die Ursache für Adipositas sein."